E-Mail vom Chef:Öffentliches Betriebsgeheimnis

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Mit einem Klick ist der Ärger da. Wer eine E-Mail seines Chefs weiterleitet, kann sich strafbar machen - und im schlimmsten Fall seinen Job verlieren.

Mal eben die E-Mail vom Chef weiterleiten? Besser nicht. Arbeitnehmer, die so handeln, könnten sich je nach Inhalt strafbar machen, warnt Rechtsanwalt Carsten Ulbricht aus Stuttgart. Zwar verstießen sie nicht gegen das Fernmeldegeheimnis, das E-Mails und SMS nur während der Übertragung vom Absender zum Empfänger vor neugierigen Blicken schützt. "Aber es gibt natürlich Informationen, deren Weitergabe unabhängig davon strafrechtlich relevant ist." Dazu gehörten Betriebsgeheimnisse wie geheime Details zu neuen Produkten oder unveröffentlichte Bilanzen.

Mit einem Klick ist es schon zu spät. Wer eine E-Mail vom Chef einfach so weiterleitet, kann sich damit strafbar machen. (Foto: iStock)

Erhalten Mitarbeiter eine E-Mail oder Handynachricht ihres Vorgesetzten, die auch Kollegen oder Geschäftspartner betrifft, ist laut Ulbricht zunächst die Frage zu klären, ob der Inhalt vertraulich zu behandeln ist. Im Zweifel sollten sie lieber nachfragen, bevor sie anderen die Nachricht weitergeben.

Arbeitnehmer untereinander haben wenig in der Hand, wenn Details aus ihrem Privatleben bekannt werden, weil ein Kollege eine E-Mail oder SMS weitergeleitet hat. Zwar kann es viel Ärger einbringen, wenn dadurch etwa ans Licht kommt, dass jemand sich unerlaubterweise einen Zweitjob gesucht hat. Aber selbst wenn die Enthüllung dazu führen sollte, dass er seinen Job verliert, habe er kaum Chancen auf Schadenersatz. "Den Grund für die Kündigung hat er ja selbst geschaffen."

Um einen zivilrechtlichen Streit zu vermeiden, sollten Mitarbeiter private E-Mails von Kollegen nur mit deren Einverständnis zum Beispiel in einem Blog veröffentlichen. Denn sonst könnten sie deren Persönlichkeitsrechte oder das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzen, sagt Ulbricht und verweist auf ein Urteil des Landgerichts Köln (Az.: 28 O 157/08). Demnach muss ein sachlicher Grund vorliegen, der das Veröffentlichen rechtfertigt. Andernfalls hätten Betroffene einen Unterlassungsanspruch gegenüber dem Kollegen, der ihre Nachricht veröffentlicht hat. Diesem drohe dann eine Abmahnung, für die er die Kosten tragen muss.

Das Weitergeben und Herumzeigen wird nicht von jedermann als schlechter Stil empfunden. "Ich persönlich würde es aber nicht tun", sagt Stiltrainerin Susanne Helbach-Grosser aus SchwäbischGmünd. Denn wie bei einem Brief, der anderen zum Lesen gegeben wird, sei das Weitergeben einer SMS ein Vertrauensbruch - der Schreiber hat zuvor nicht eingewilligt und zählt auf die Diskretion und die guten Umgangsformen des Empfängers. "Aber leider muss man sich heute - gerade bei SMS - darüber im Klaren sein: Wenn man dieses Kommunikationsmedium nutzt, werden womöglich mehr Leute als der Adressat die Nachricht lesen", sagt die Expertin.

"Wir twittern und geben vieles unbedacht nach außen weiter - und viele sehen darin gar keine Distanzverletzung mehr."

© SZ vom 03.07.2010/dpa/Thorsten Wiese - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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