Duales Studium:Die Praxis unterfüttern

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Jonas Keller schätzt die starke Praxisorientierung an seinem Studium. Was er dort lernt, kann er in seiner Firma unmittelbar anwenden. (Foto: Explain)

Kann man Unternehmertum lernen? Wie die Hochschulen versuchen, Firmengründer vorzubereiten.

Von Verena Wolff/dpa

Eigentlich wollte Jonas Keller studieren und Manager werden. Doch dann kam alles anders. "Ich war faul und habe vor dem Abi das Gymnasium verlassen", sagt er. In der Firma eines Freundes konnte er eine Ausbildung zum Mediendesigner machen. Danach baute er zusammen mit dem Freund die Firma Explain auf, eine Agentur in Karlsruhe, die Vortragsfolien für Unternehmen erarbeitet und die Sprecher schult. Mit 24 Jahren war Keller Prokurist, doch so richtig vorbereitet fühlte er sich auf die Führungsposition nicht.

Ein Coach brachte ihn auf die Idee, an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Unternehmertum zu studieren. "Das war für mich perfekt", sagt Keller. Er konnte weiter regulär in der Firma arbeiten, denn die Präsenzzeiten an der Hochschule beschränken sich auf Freitag und Samstag. Und: "Das Studium ist total praxisorientiert", sagt er. "Was ich gelernt habe, konnte ich direkt anwenden."

Die Möglichkeiten, Unternehmertum zu studieren, sind in Deutschland auf den ersten Blick begrenzt. In Eberswalde, Karlsruhe und Berlin gibt es Bachelorstudiengänge in Unternehmensmanagement, Unternehmertum oder Unternehmensgründung und -nachfolge. Weiter stehen etwa in Berlin, Kempten, München, Siegen und Wuppertal Masterprogramme bereit, welche die Worte Unternehmertum oder die englische Variante Entrepreneurship im Namen tragen.

Neben den spezialisierten Programmen befasse sich aber auch jedes BWL-Studium mit Unternehmensführung, sagt Sörge Drosten, Partner bei der Unternehmensberatung Kienbaum. Einen Businessplan schreiben, die Finanzierung planen, Controlling, Marketing, Vertrieb und rechtliche Grundlagen - das alles lernen auch BWL-Studierende. Allerdings sind Inhalte und Methoden häufig eher für Großunternehmen gedacht.

Im dualen Studium Unternehmertum in Baden-Württemberg lernen Studenten Fach-, Methoden- und Sozialkompetenz. "Theorie und Praxis sind im Studium eng verzahnt, wir arbeiten mit den konkreten Problemen der Firmen, in denen die Studierenden arbeiten", sagt Professor Armin Pfannenschwarz, Initiator und Leiter des Studiengangs. Wer nicht selbst ein Unternehmen gegründet hat, muss vom Arbeitgeber auf unternehmerischer Ebene eingebunden sein, um sich für das Studium einschreiben zu können.

Ohne ein Unternehmen im Hintergrund und berufliche Erfahrung geht es in Karlsruhe also nicht. Das zeigen auch die Zugangsvoraussetzungen: Abitur, Fachhochschulreife, ein Meisterbrief oder eine äquivalente berufliche Qualifikation. Das hat zur Folge, dass die Studenten oft nicht mehr Anfang zwanzig sind. "Es ist ein bunt gemischter Haufen", sagt Student Jonas Keller. "Ich habe mit Abteilungsleitern, Apothekern und vielen Kleinunternehmern in meinen Seminaren gesessen."

Doch muss man wirklich Unternehmertum studieren, um Unternehmer zu sein? "Es gibt unendlich viele Wege, erfolgreicher Unternehmer zu werden", sagt Bernhard Kraus von der TUM School of Management an der Technischen Universität München. Dort können sich Studenten, die Berufserfahrung mitbringen, in drei verschiedenen MBA-Programmen mit dem Thema Entrepreneurship auseinandersetzen und von Praktikern anleiten lassen. Das Studium erhöhe die Wahrscheinlichkeit, dass Start-ups erfolgreich aufgebaut werden, sagt Kraus.

Das Patentrezept für einen erfolgreichen Unternehmer haben aber auch Pfannenschwarz und Kraus nicht. "Man muss ein inneres Feuer haben für das, was man anfängt", sagt Pfannenschwarz. "Was sicher hilft, sind einige Kerneigenschaften", sagt Kraus. Dazu gehören: Leistungsmotivation, Eigeninitiative, Durchsetzungsfähigkeit, emotionale Stabilität, Kreativität, Einfühlungsvermögen, Reflexions- und Problemlösungsfähigkeit sowie Risikobereitschaft. Neben den Kenntnissen im eignen Fach braucht es außerdem technologische und wirtschaftliche Kenntnisse und ein hervorragendes Netzwerk.

Sein Studium nennt Keller eine harte Schule. Man werde persönlich herausgefordert und muss sich damit auseinandersetzen, ob man tatsächlich sein Leben lang Unternehmer sein will. Während Keller studierte, ist auch die Firma stetig gewachsen. "Früher waren wir zehn Leute, heute haben wir 40 Mitarbeiter", sagt er. Doch das bringt ihn nicht aus der Ruhe. Er glaubt, an der Hochschule das Handwerkszeug dafür mit auf den Weg bekommen zu haben.

© SZ vom 04.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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