Deutsche Manager im Ausland:Ausnahmeerscheinung an der Spitze

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Ein Deutscher an der Spitze eines kanadischen Unternehmens: Thorsten Heins, Chef von Blackberry. (Foto: AFP)

Thorsten Heins ist ein eher ruhiger Mensch - und doch fällt er in seinem Job sehr auf: Der Deutsche ist Chef des kanadischen Smartphone-Bauers Blackberry. Deutsche Topmanager an der Spitze internationaler Unternehmen sind selten. Und das hat einen einfachen Grund: Chefs suchen sich gern Typen, die ihnen ähneln.

Von Kathrin Werner, New York

Thorsten Heins fällt ganz schön auf. Das liegt nicht nur daran, dass der 55-Jährige als Chef des Smartphone-Bauers Blackberry eine schlechte Nachricht nach der anderen verkünden muss. Es liegt jedenfalls nicht an seiner Art, eigentlich ist der Brillenträger eher ein ruhiger Typ. Es liegt an seinem Pass: Heins ist Deutscher und Chef einer kanadischen Firma. Und deutsche Spitzenmanager sind im Ausland noch immer eine große Ausnahme.

"In der Schweiz gibt es sehr viele, dort sind mehr als ein Drittel der Toppositionen mit Deutschen besetzt", sagt Jörg Kasten, Partner beim US-Personalberater Boyden International. "Aber im restlichen Ausland sind es dann nicht mehr sehr viele."

Die Welt wird immer globaler, deutsche Unternehmen arbeiten immer internationaler, und Deutschland als Exportgigant war schon lange sehr auf das Ausland fokussiert. Trotzdem: Bei der Besetzung der obersten Führungspositionen ist die Welt sehr national. "Bei den Spitzenpositionen in großen Unternehmen tut sich seit Jahren nichts mehr", sagt der Darmstädter Elitenforscher und Soziologieprofessor Michael Hartmann. "Von den 100 größten US-Unternehmen haben im Schnitt immer fünf einen Chef aus dem Ausland. Und von den fünf kommt immer einer nicht aus dem englischsprachigen Raum."

Einige wenige haben es geschafft

Im Moment ist das ein Deutscher: Klaus Kleinfeld ist Chef des Alukonzerns Alcoa. Es gibt noch mehr Beispiele für deutsche Manager, die es ins Ausland geschafft haben. Martin Richenhagen ist Chef beim Landmaschinenbauer Agco. Stefan Jacoby wechselte von VW erst an die Spitze von Volvo in Schweden und leitet nun das internationale Geschäft des amerikanischen Autobauers GM.

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Chef der Unternehmensberatung Boston Consulting war bis Ende 2012 ein Deutscher: Hans-Paul Bürkner. Ulrich Bez ist Chef von Aston Martin. Léo Apotheker hat es von SAP an die Spitze von Hewlett-Packard geschafft, ist aber nach weniger als einem Jahr gescheitert. Der Helgoländer Oliver Ahrens sitzt im Vorstand des viertgrößten Computerherstellers Acer. Und Hermann Eul aus München stieg zum Leiter der Mobilfunksparte beim weltweit größten Chipkonzern Intel im Silicon Valley auf. Dennoch ist die Anzahl der deutschen Führungskräfte im Ausland gering.

Ursachen dafür gibt es viele. Es sei gar kein so sehr deutsches Problem, sagt Soziologe Hartmann, sondern ein globales Phänomen: Alle Länder hätten einen nationalen Weg an die Spitze. "Die Bildungs- und Karrierewege sorgen dafür, dass ausländische Kandidaten schlechte Chancen haben." In den USA seien es etwa die Ivy- League-Unis, an denen sich die Führungskräfte kennenlernen. Wer dort nicht studiert, hat keine guten Karten.

"Hinzu kommt das Prinzip der Ähnlichkeit. Besetzungskomitees suchen immer einen Typus aus, mit dem sie gute Erfahrungen gemacht haben", sagt der Soziologe. "In Deutschland ist das in der Regel ein deutscher Mann über 1,80 Meter. Und das ist das Strickmuster in allen Ländern." Obwohl sich nach offiziellen Angaben doch alle um buntere Gremien bemühen.

"Unternehmen in vielen Teilen der Welt wollen den Anteil von Ausländern im Vorstand erhöhen. Es ist bewiesen, dass eine größere Heterogenität zu besseren Entscheidungen führt", sagt Jens Riedel vom Personalberater Egon Zehnder in Berlin. "Aber man muss sich bewusst sein, dass Heterogenität jenseits aller Lippenbekenntnisse eine besondere Anstrengung auf allen Seiten erfordert. Es ist eine größere Herausforderung in der täglichen Zusammenarbeit, die sich aber lohnt, wenn es gelingt."

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Die Lage bessert sich, glauben die Experten, wenn auch langsam. "Die Unternehmen werden internationaler, und die Führungskräfte sind es mehr und mehr gewohnt, auch längere Zeiten im Ausland zu verbringen", sagt Thomas Tomkos vom Personalberater Russell Reynolds. "Selbst urtypische deutsche Unternehmen internationalisieren ihre Führungsriegen. Das wird keine Einbahnstraße, deutsche Manager gehen ins Ausland, und internationale Manager kommen nach Deutschland."

Jörg Kasten von Boyden sieht schon jetzt positive Signale: "Vor zehn Jahren haben wir meistens für deutsche Kunden einen deutschen Manager in Deutschland gesucht. Das hat sich dramatisch geändert. In den vergangenen fünf Jahren sind immer mehr Suchen international geworden."

"Da sagt niemand: Ich hätte gern einen Deutschen"

Der deutsche Führungsstil hat ein paar Vor- und eine Menge Nachteile. "Wir sind eben ein bisschen hölzern und direkt, fast schon schroff. Das ist eine Art, die bei Topmanagern im Ausland nicht immer gut ankommt", sagt Kasten. "Deutsche Manager sind aber durchaus in der engeren Wahl für Top-Führungspositionen. Der deutschen Wirtschaft geht es gut; im Ausland wird wahrgenommen, dass das auch am Management und der Arbeitsethik liegt."

Allerdings macht es die Struktur der deutschen Wirtschaft deutschen Managern manchmal schwer, international zu denken und ein internationales Netzwerk aufzubauen. "Deutschland hat einige globale Konzerne, aber noch mehr Unternehmen mit mittelständischen Strukturen", sagt Tomkos. "Es fehlen bisweilen Kontakte im Ausland und auch Kenntnisse über andere Unternehmensstrukturen, Märkte und Führungsstile." Es sei kein Wunder, dass nahezu alle Manager, die in Toppositionen im Ausland auftauchen, vorher bei den wenigen wirklich global aufgestellten Unternehmen wie Siemens, SAP oder den Autobauern waren.

Im Übrigen dürfe man Nationalität nicht überschätzen, sagt Riedel. "Bei den höchsten Positionen sind Führungsqualitäten gefragt und Internationalität. Da sagt niemand: Ich hätte unbedingt gern einen Deutschen." Es gebe aber Situationen, in denen die stereotype deutsche Geradlinigkeit und Detailversessenheit viel zählt, sagt Kasten: "In rauer See nimmt man auch mal einen hölzernen Deutschen als Kapitän. Deutsche sind gute Krisenmanager."

Insofern ist der ruhige, aber systematische Heins das beste Beispiel: Zu Blackberry kam er, als das Unternehmen schon im Abwärtsstrudel steckte.

© SZ vom 23.08.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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