Bayerisches Landessozialgericht:Pilot mit Flugangst bekommt keine Verletztenrente

Lesezeit: 1 min

  • Ein traumatisierter Pilot hat nach einem Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts keinen Anspruch auf Verletztenrente.
  • Der heute 60-Jährige hatte vor 20 Jahren einen Beinahe-Absturz erlebt, doch erst Jahre später bekam er deshalb psychische Probleme.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Fast wäre ein Münchner Pilot bei einem Einsatz mit seinem Rettungshubschrauber abgestürzt. Dank seines fliegerischen Könnens konnte er die Katastrophe gerade noch verhindern. Den Tod vor Augen gehabt zu haben, belastete den Mann in den folgenden Jahren aber so stark, dass er heute nicht einmal mehr ein Linienflugzeug besteigen kann.

Der Beinahe-Absturz wurde damals zwar als Arbeitsunfall anerkannt. Eine Verletztenrente bekommt der mittlerweile beruflich gescheiterte Mann aber nicht. Das Bayerische Landessozialgericht hat in einer Musterentscheidung keinen direkten Zusammenhang zwischen der Notlandung und den sich erst Jahre später entwickelnden psychischen Beschwerden sehen können.

Ziemlich genau vor 20 Jahren hatte sich bei dem Helikopter auf dem Weg zu einem Unfallort in 150 Metern Höhe die linke Triebwerksklappe geöffnet und ein Stück vom Hauptrotor abgerissen. Die kaum noch steuerbare Maschine konnte der Pilot trotzdem mit einer Rutschlandung auf einer Wiese aufsetzen: Alle vier Insassen blieben unverletzt.

Albträume von Katastrophenszenarien

Damals dachte der Münchner nicht, dass dieses Erlebnis sich für immer in seinem Kopf festsetzen würde. Als dann aber ein Freund tödlich abstürzte und sich neue Helikopter als so störanfällig erwiesen, dass häufiger "Sicherheitslandungen" notwendig wurden, entwickelte der Mann starke Panikattacken. Er verlor schließlich die Pilotenlizenz und ist offiziell arbeitsunfähig.

Behandelnde Ärzte bescheinigten dem heute 60-Jährigen, dass er den Unfall zunächst habe verdrängen können, diese Abwehrmaßnahmen aber durch den Absturz des Freundes sowie durch langwierige Konfrontation mit lebensbedrohenden Situationen wegen Mängeln und Unzuverlässigkeit der Hubschrauber brüchig geworden seien. Seither plagten ihn massive Albträume von Katastrophenszenarien.

Dieser medizinischen These einer Mehrfachtraumatisierung folgte der 2. Senat aber nicht. Er sah keinen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis 1994 und den sich vor allem erst 2000/2001 entwickelnden psychischen Beschwerden, die 2005 zur Fluguntauglichkeit führten. Eher hätten die erheblichen Technikprobleme neuer Hubschraubermodelle und die dadurch bedingten psychischen Belastungen die wesentliche Rolle gespielt. Eine "berufliche Gesamtbelastung" außerhalb von anerkannten Berufskrankheiten könne aber nicht berücksichtigt werden, sagte das Gericht (Az.: L 2 U 4/11).

© SZ vom 05.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: