Ursachen von Hypertonie:Dem Bluthochdruck auf der Spur

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Bluthochdruck ist eine Volkskrankheit - doch in den allermeisten Fällen fehlt den Ärzten eine Erklärung. Eine neue Spur haben nun Münchner Mediziner gefunden

Von Werner Bartens

Bluthochdruck ist ein Volksleiden. Aber noch immer ist die Ursache der Krankheit, an der in Deutschland zwischen 30 und 40 Prozent der Erwachsenen leiden, in bis zu 95 Prozent der Fälle ungeklärt. Als "primär", "idiopathisch" oder "essentiell" wird diese Art Hochdruck dann bezeichnet, was zwar nach einer klaren Diagnose klingt, aber in der Medizin nur bedeutet: Wir wissen auch nicht, woher es kommt.

Die bewährtesten Mittel zur Therapie wie Diuretika ("Wassertabletten"), Beta-Blocker oder Kalzium-Antagonisten sind Arzneien, die schon vor Jahrzehnten entwickelt wurden.

Auf der Suche nach Ursachen der Hypertonie und möglichen neuen Therapieansätzen zeigen nun Mediziner der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität einen Weg auf. Die Internisten um Felix Beuschlein liefern in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Nature Genetics (online) womöglich eine Grundlage dafür, wie Patienten mit Bluthochdruck künftig zielgerichteter behandelt werden können. Sie identifizierten eine genetische Veränderung, die dauerhaft zu hohem Blutdruck führt, der kaum auf existierende Medikamente anspricht.

Bei mehr als zehn Prozent aller Patienten mit Hypertonie schlägt keine der bewährten Therapien an. Gerade Patienten mit besonders hohem Blutdruck jenseits von 200/120 mm Hg (Millimeter auf der Quecksilbersäule) sind oft therapierefraktär - der medizinische Ausdruck dafür, dass nichts mehr hilft und sich der Blutdruck partout nicht in Richtung des Normwerts von 120/80 mm Hg bewegen will.

Ein Großteil dieser Patienten leidet am Conn-Syndrom, einer Erkrankung, bei der ein gutartiger Tumor in der Nebennierenrinde vermehrt das Hormon Aldosteron produziert. Die Folge ist ein chronischer Blutdruckanstieg.

"Das Conn-Syndrom ist eine Modellerkrankung", sagt Beuschlein, "die wichtige Erkenntnisse auch für andere Patienten bringt." Sobald Ärzte verstehen, wie beim Conn-Syndrom das fragile System aus Hormonen und Blutelektrolyten wie Natrium und Kalium durcheinander gerät, kann das auch die Diagnostik und Therapie anderer Hochdruckursachen verbessern.

Die Münchner Forscher konzentrierten sich auf die gutartigen Tumore, die beim Conn-Syndrom übermäßig Aldosteron produzieren. Zwei genetische Mutationen entdeckten sie bei ihren Labor-Recherchen, die immerhin für bis zu zehn Prozent aller Bluthochdruckfälle verantwortlich sein könnten.

Die Untersuchung der Tumor-Gene gestaltete sich wie die sprichwörtliche Suche nach der Nadel im Heuhaufen. "Wenn man dann mehrere gleiche Veränderungen bei unterschiedlichen Patienten findet, zeigt es, dass sich hier ein wichtiger Mechanismus für die Krankheitsentwicklung verbirgt", sagt Beuschlein. Er weiß, dass er mit seinem Team nur einen Baustein zum Verständnis des Bluthochdrucks beigetragen hat. Aber immerhin müssen sich nicht mehr 95 Prozent aller Hypertonie-Patienten mit einer Verlegenheitsdiagnose begnügen.

© SZ vom 27.02.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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