Suchtbericht:Zahl der Drogentoten in Deutschland steigt weiter an

Zoll zerschlägt Drogenverteilzentrum

2016 konfiszierten die Behörden knapp 1,5 Tonnen Amphetamine und etwa zwei Millionen Ecstasy-Tabletten.

(Foto: dpa)
  • Im Jahr 2016 sind bundesweit 1333 Menschen an illegalen Drogen gestorben, knapp neun Prozent mehr als im Jahr zuvor.
  • Als besonders gefährlich sieht der Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung sogenannte Legal Highs, die etwa als Kräutermischungen oder Badesalze angeboten werden.
  • Dafür wird in Deutschland weniger geraucht und getrunken als in den vergangenen Jahren.

Von Kim Björn Becker

Im vierten Jahr in Folge ist die Zahl der Drogentoten in Deutschland gestiegen. Im Jahr 2016 zählte das Bundeskriminalamt bundesweit 1333 Drogentote, knapp neun Prozent mehr als im Jahr zuvor. Damals betrug die Zahl 1226. Das geht aus dem Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung hervor, der in Berlin vorgestellt wurde. Damit erreicht die Zahl der Drogentoten wieder das Niveau von 2009. Mit Blick auf die vergangenen 17 Jahre allerdings ist der Trend weiterhin rückläufig.

Die meisten Drogentoten gab es dem Bericht zufolge in den bevölkerungsreichsten Bundesländern. In Bayern starben im vergangenen Jahr 321 Personen, in Nordrhein-Westfalen 204. Im Durchschnitt waren die Betroffenen zum Zeitpunkt des Todes 38 Jahre alt, in vier von fünf Fällen waren es Männer.

Abermals führte vor allem der Konsum von Opiaten - dazu zählen unter anderem die Substanzen Heroin und Morphin - dazu, dass eine Drogensucht tödlich endete. Studien zeigen, dass die Zahl der Süchtigen in den vergangenen Jahren stabil geblieben ist. Dafür stieg die Zahl der Kokain-Fälle - also Vergiftungen mit Kokain allein oder in Kombination - im Vergleich zum Vorjahr um fast 80 Prozent auf 71 Todesfälle an.

Noch fataler bewerten die Autoren den Konsum von sogenannten neuen psychoaktiven Stoffen, kurz NPS. Darunter wird eine Vielzahl von Substanzen zusammengefasst, die auch als Legal Highs bezeichnet und im Alltag als Räuchermischungen oder Badesalze verniedlicht werden. Sie kommen als Pulver, Tabletten, Kräuter und Kapseln auf den Markt, oft ist die genaue Zusammensetzung unbekannt.

1,5 Tonnen Amphetamine und 330 Kilogramm Heroin sichergestellt

Auf den Konsum von NPS konnten die Behörden im vergangenen Jahr 98 Todesfälle zurückführen. Dahinter steht ein außergewöhnlich starker Anstieg, denn 2015 sind lediglich 39 Personen an den Folgen des NPS-Konsums gestorben. Ende 2016 wurden etliche dieser neuen Stoffe im Zuge eines neuen Gesetzes verboten.

Insgesamt stellten die Behörden im vergangenen Jahr abermals große Mengen Rauschgift sicher. Darunter waren fast acht Tonnen Cannabis. Beim illegalen Drogenhandel machte der Handel mit Cannabis fast zwei Drittel aller Fälle aus. Zudem konfiszierten die Behörden etwa zwei Tonnen Kokain beziehungsweise Crack, knapp 1,5 Tonnen Amphetamine, 330 Kilogramm Heroin, 63 Kilo Crystal Meth, 61 Kilo Opium und etwa zwei Millionen Ecstasy-Tabletten. 15 illegale Labore zur Herstellung synthetischer Drogen wurden entdeckt.

Neben dem Anstieg der Drogentoten berichtet der Suchtbericht der Bundesbeauftragten Marlene Mortler auch positive Entwicklungen. Die Deutschen trinken im internationalen Vergleich zwar immer noch viel Alkohol - der geschätzte jährliche Pro-Kopf-Konsum beträgt hierzulande 12 Liter reinen Alkohols, der weltweite Durchschnitt liegt bei sechs Litern. Allerdings geht der Trend zurück. Nur noch etwa 37 Prozent der Männer betranken sich im Jahr 2015 gelegentlich, das waren deutlich weniger als die knapp 48 Prozent Mitte der Neunzigerjahre.

Die Zahl der Computerspiel- und Internetabhängigen steigt

Unter Frauen stieg der Wert leicht von 13 auf 16 Prozent an. Auch Jugendliche und junge Erwachsene bis 25 Jahren trinken weniger. Zuletzt griff nur jeder Zehnte zwischen zwölf und 17 Jahren mindestens ein Mal pro Woche zur Flasche, unter den 18-bis-25-Jährigen war es jeder Dritte. Das sind etliche Prozentpunkte weniger als 2001.

Auch beim Tabak gingen die Zahlen zurück. Im Jahr 2015 rauchten nach eigenen Angaben nur knapp 26 Prozent der Befragten in den 30 Tagen vor der Befragung. 2003 waren es noch 34 Prozent. Auch die Zahl der gerauchten Zigaretten sinkt: Seit der Jahrtausendwende nimmt die Menge stetig ab, zuletzt betrug sie im Durchschnitt 9,7 Zigaretten pro Tag.

Dafür sind gerade Jugendliche in Deutschland für eine neue Form der Sucht anfällig: Dem Bericht zufolge steigt der Anteil der Computerspiel- und Internetabhängigen seit 2011 stark an und hat sich seitdem fast verdoppelt. Bei den Jugendlichen waren im Jahr 2015 zwischen fünf und sechs Prozent süchtig, bei den jungen Erwachsenen bis 25 Jahre etwa 2,5 Prozent. Berufs- und Hauptschüler verbrachten dabei deutlich mehr Zeit vor dem Computer oder dem Mobiltelefon als Gymnasiasten und Studenten.

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