Norddeutschland:Das Blut wird knapp

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Die Grippewelle und die Ferienzeit haben die Bereitschaft zur Blutspende sinken lassen. Am Uniklinikum Greifswald mussten deshalb Operationen abgesagt werden.

Von Thomas Hahn, Hamburg

Professor Andreas Greinacher, Leiter der Abteilung Transfusionsmedizin am Universitätsklinikum Greifswald, ist dieser Tage ziemlich begeistert von der Mediengesellschaft. Am Mittwoch erst hat er dem Sender NDR davon berichtet, dass die Blutkonserven an seinem Haus zur Neige gehen. Vor allem die Rücklagen der Gruppe Rhesus negativ waren knapp. Vier Operationen musste das Klinikum verschieben, um die Notfallversorgung nicht zu gefährden. Dann berichtete der NDR, dass Blutspender gesucht würden, und prompt rührte sich was.

"Mit Schlag dieser Meldung war unser Blutspende-Raum so voll wie selten", sagt Greinacher. Mittlerweile ist die Krise überwunden, und Greinacher nennt den Vorgang "eine absolute Erfolgsgeschichte" - allerdings war die auch bitter nötig.

Die gemeinnützigen Blutspendedienste im Deutschen Roten Kreuz (DRK) gehen davon aus, dass sie an jedem Werktag 15 000 Spenden brauchen, um den Bedarf für Blutkonserven an den Kliniken zu decken. Gerade in diesen ferienreichen Tagen sind die Blutsammler des DRK bundesweit besonders alarmiert.

Die sechs regionalen Blutspendedienste des DRK bewerkstelligen 70 Prozent der Blutversorgung an deutschen Krankenhäusern. Der Rest kommt von privaten Anbietern oder von kommunalen Diensten, welche die Krankenhäuser selbst betreiben, zum Beispiel auch das Universitätsklinikum Greifswald. Aber alle haben gerade ein ähnliches Problem: Bis vor Kurzem waren in diversen Bundesländern Winterferien. Zu Ferienzeiten gehen grundsätzlich weniger Leute zum Blutspenden. Dazu kommt, dass die jüngste Grippewelle Spenden gekostet hat. Es ist zuletzt weniger Blut geflossen als sonst.

DRK-Sprecherin Kerstin Schweiger möchte zwar nicht von einem Engpass sprechen. Derzeit seien so viele Blutkonserven auf Lager, dass die Versorgung für die nächsten drei Werktage gesichert sei. Aber zu verschütten haben die Dienste auch nichts. "Angespannt" nennt Kerstin Schweiger die Situation. Der Blick geht voraus. Die Osterferien stehen bevor, mit mehreren Feiertagen. Die regionalen Dienste haben Sondertermine zum Spenden anberaumt. "Es zählt jetzt jeder Tropfen", sagt Kerstin Schweiger.

In Greifswalds Klinikum allerdings, im hohen Nordosten Mecklenburg-Vorpommerns, kam die Blutarmut einem kritischen Zustand sehr nahe. Die Krankenhäuser in Kiel, Rostock und Lübeck konnten nicht aushelfen, weil sie selbst nicht genug Blut hatten. Die 20 Konserven, die das DRK liefern konnte, behoben den Engpass nicht wirklich.

Greinacher erlebte eine Not, die er als Ausdruck eines grundsätzlichen Problems sieht. Der demografische Wandel belastet vor allem die neuen Bundesländer. "Seit 2009 gehen die Blutspender dort um fünf Prozent zurück", sagt Greinacher. Nach der erfolgreichen Blutspender-Fahndung ist er deshalb auch nur vorübergehend erleichtert. Die nächste Dürre kommt bestimmt, mit Pech schon an Ostern. "Es bringt wenig, wenn man punktuelle Aktionen startet", sagt Greinacher, "es ist wichtig, dass man in zwei Wochen weiter Blut spendet."

© SZ vom 21.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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