Möbel für die Nacht:Teurer liegen

Absurdes erlebt mancher, der sein Schlafzimmer ausstatten möchte. Der Markt ist voller Kuriositäten. Eine Milliarden-Industrie hat sich auf die Nachtruhe spezialisiert.

Britta Verlinden

Die Federmuffen sind einzeln aufgehängt und kreuzweise verspannt, also hüftfreundlich in der Seit- und Bauchlage." Loriots Figur des Herrn Hallmackenreuther ist als Prototyp des Bettenverkäufers in die deutsche Kulturgeschichte eingegangen. Absurdes wie in dem Sketch von 1977 erlebt aber auch heute noch, wer sein Schlafzimmer ausstatten möchte. Der Markt ist voller Kuriositäten.

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Den US-amerikanischen Schlafmarkt schätzt das Magazin "Forbes" auf zwanzig Milliarden Dollar. Im Jahr 2007 haben allein Matratzenhersteller nach Angaben der European Bedding Industries Association weltweit 15 Milliarden Dollar umgesetzt.

(Foto: ddp)

Aufwachlampen beginnen eine halbe Stunde vor der Weckzeit immer stärker zu leuchten, geben Vogelgezwitscher von sich und machen angeblich "frisch und ausgeschlafen". Wann für den Schläfer der richtige Zeitpunkt zum Aufwachen gekommen ist, erkennen Schlafphasenwecker mit Bewegungssensor angeblich sogar selbst (gibt es als Apps für Handys oder als Wecker für stolze 199 Euro).

Neben Schlafmasken, Ohrstöpseln und Kissen für sämtliche Körperteile und aus allen denkbaren Materialien von Dinkel bis Zirbenholzspänen werden längst elektrosmogabweisende Pyjamas und Matratzenauflagen angeboten. Letztere hat die Firma Samina nach eigenen Angaben mit "international anerkannten Experten" entwickelt: Mit eingewirkten Magneten und Silberfäden schützt sie angeblich auch vor "Biostörzonen".

Beim Einschlafen helfen nicht mehr nur Schäfchenzählen, Baldrian-Tropfen und Meditationsübungen, sondern - im Luxushotel - auch "Sleep Concierges". Feng-Shui-Experten beraten bei der Einrichtung des Schlafzimmers im Einklang mit "dem Weg des Windes und des Wassers". Auch mit der Wünschelrute lässt sich angeblich ermitteln, wo das Bett aufgestellt werden sollte. Dass die Schlafindustrie mehr mit Trends als mit Wissenschaft zu tun hat, zeigen auch längst aus der Mode gekommene Futons, Kokosfüllungen und Wasserbetten.

Tatsächlich lässt sich kaum ein Marketingversprechen wissenschaftlich belegen. Doch die Hersteller machen gigantische Geschäfte: Den US-amerikanischen Schlafmarkt schätzt das Magazin Forbes auf zwanzig Milliarden Dollar. Im Jahr 2007 haben allein Matratzenhersteller nach Angaben der European Bedding Industries Association weltweit 15 Milliarden Dollar umgesetzt. Tatsächlich lässt sich wohl immer noch das meiste Geld beim Matratzenkauf loswerden.

Hohe Preise seien aber keine Garantie für Qualität, sagt Hans-Peter Brix von der Stiftung Warentest. Hersteller werben mit hauchdünnen Kaschmir-Belägen und angeblich allergiker-geeigneten Materialien. "Wichtig ist im Fall von Matratzen, dass die Wirbelsäule gerade ist, also Hüfte und Schultern einsinken - damit sich die Bandscheiben regenerieren können", sagt Brix. Ansonsten müsse die Matratze vor allem eins sein: bequem. Dabei sollte man sich nicht auf das Urteil des Verkaufspersonals oder die Angaben der Hersteller, sondern auf den eigenen Eindruck verlassen. Selbst der Geschäftsführer des Fachverbands der Matratzenhersteller, Ulrich Leifeld, gibt unumwunden zu: "Die Beratungsqualität im Fachhandel ist zum Teil leider wirklich grottenschlecht."

Brix rät, im Bettenhaus mit viel Zeit Probe zu liegen und sich "nicht in längere Gespräche verwickeln zu lassen". Ein Begleiter solle beobachten, ob die Wirbelsäule gerade liegt - ist die Matratze gut, kann dieser dem Verkäufer schließlich vielleicht sogar wie bei Loriot zuflüstern: "Wenn meine Frau aufwacht, nimmt sie gerne eine Tasse Tee mit etwas Gebäck."

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