Abnehmen:Weder Low-Carb- oder Low-Fat-Diät

Versuchung, aufgenommen am 26.02.2017 in Landsberg am Lech

Low Carb oder Low Fat? Wissenschaftler der Universität Stanford haben untersucht, was beim Abnehmen am meisten hilft.

(Foto: Veronica Laber)
  • Forscher haben untersucht, ob sich Low Carb- oder Low Fat-Diäten besser zum abnehmen eignen.
  • Insgesamt probierten 600 Übergewichtige ein Jahr lang je eine der beiden Ernährungsvarianten aus.
  • Das Ergebnis: wichtiger als die gegessenen Lebensmittel war eine veränderte Einstellung zum Essen.

Von Werner Bartens

Christopher Gardner kennt seine Schäfchen. "Wir alle haben doch schon die Geschichte von dem Freund gehört, der mit einer bestimmten Diät wahnsinnig abgenommen hat - während sie bei dem anderen Freund überhaupt nichts gebracht hat", sagt der Arzt und Präventivmediziner von der Universität Stanford. "Wir sind nun mal alle sehr unterschiedlich und erst langsam verstehen wir, warum das so ist." Der Wissenschaftler hat zusammen mit seinem Team untersucht, welche der populären Ernährungsdoktrinen sich besser dazu eignet, Gewicht zu verlieren - Low Carb oder Low Fat. Das Ergebnis fiel in beiden Fällen ähnlich ernüchternd aus.

Die Forscher hatten mehr als 600 übergewichtige Freiwillige ein Jahr lang auf Diät gesetzt - und zwar im heiklen Alter von durchschnittlich 40 Jahren, wenn die Zweifel an der eigenen Attraktivität ähnlich massiv zunehmen wie die Ringe an Bauch und Hüften. Die Hälfte der Teilnehmer befolgte zwölf Monate lang eine gesunde, vielseitige Ernährungsweise mit einem stark reduzierten Anteil an Kohlehydraten ("Low Carb"), die andere Hälfte nahm hingegen deutlich weniger Fette mit der ansonsten gesunden und ausgewogenen Nahrung zu sich ("Low Fat").

Für eine maßvolle und gesunde Ernährung braucht es keine Wissenschaft

Der Diäterfolg blieb in beiden Gruppen allerdings vergleichsweise bescheiden. Wer weniger Fette zu sich nahm, verlor durchschnittlich 5,3 Kilogramm im folgenden Jahr. Die Einschränkung an Pasta, Kartoffeln, Brot und anderen Kohlehydraten im Jahresverlauf erbrachte hingegen auch nur einen Gewichtsverlust von durchschnittlich sechs Kilogramm.

Zusätzlich untersuchten die Forscher, ob die Insulin-Ausschüttung und bestimmte genetische Muster, die den Fettstoffwechsel und den Kohlehydratstoffwechsel beeinflussen, den Diäterfolg mindern oder steigern können. Diese Faktoren tauchen immer wieder auf in der Diskussion um eine vermeintliche "Veranlagung" zum Übergewicht und angeblich unterschiedliche "Verwertungstypen". In der aktuellen Studie ließen sich daraus jedoch keinerlei Unterschiede ableiten, und "weder der Genotyp noch die Insulin-Sekretion wirkten sich auf das Ausmaß des Gewichtsverlustes aus", so die Autoren.

Die Ergebnisse aus Stanford lassen den Schluss zu, dass man sich besser nicht penibel an Ernährungsvorschriften halten sollte und der heilige Ernst, mit dem manche Diäten als wissenschaftlich abgesichert zu gelten versuchen, vor allem das PR-Geklingel verdecken sollen. Längst nicht jede Diät ist für jeden geeignet; es dauert, für sich herauszufinden, was am besten wirkt. "Wir haben sowohl in der Low-Carb-Gruppe als auch in der Low-Fat-Gruppe von Leuten gehört, die dadurch abgenommen haben, dass sich ihr Verhältnis zum Essen geändert hat", sagt Gardner. "Jetzt haben sie ein ganz anderes Bewusstsein dafür, was und wie sie essen."

Es gelte, ein paar einfache Grundsätze zu beachten: Weniger Zucker, weniger bearbeitete und vorgekochte Lebensmittel, besser auf dem Bauernmarkt einkaufen statt Convenience-Food vom Discounter, immer wieder Obst und Gemüse, zudem Nahrungsmittel am Stück, am besten natürlich gewachsen, sei es ein Steak vom Weiderind oder ein Salat. "Wir haben den Teilnehmern auch gesagt, dass sie sich während der Diät keineswegs hungrig fühlen sollen oder so, als ob sie permanent auf etwas verzichten", sagt Gardner. "Ansonsten ist es schwierig, die Ernährungsumstellung dauerhaft durchzuhalten." Dann droht das Schicksal wie nach etlichen Hauruck-Diäten: Nach einem Jahr sind bei zwei Drittel der Abnehmwilligen die Pfunde wieder drauf - der Jo-Jo-Effekt hat zugeschlagen.

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