3-D-Mammografie:Neue Lösung für ein altes Problem?

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Die Mammografie wird mittlerweile auch als 3-D-Version angeboten. Bietet die neue Methode einen Ausweg aus dem Dilemma der ungenauen Diagnosen? Eine umfangreiche Auswertung bisheriger Erfahrungen hinterlässt auf den ersten Blick große Hoffnung, auf den zweiten allerdings Zweifel.

Von Werner Bartens

Es gibt eine bewährte Strategie, um neue Techniken anzupreisen: Man macht zunächst das bisher übliche Verfahren schlecht. Es ist schon erstaunlich, wie viel Kritik an der herkömmlichen Mammografie sich in den Presseerklärungen und Fachartikeln findet, in denen über eine neue Form der Brustuntersuchung berichtet wird.

Demnach würden viele Frauen durch Fehlalarme beim konventionellen Mammografie-Screening verunsichert werden, weil sie zu Unrecht die Diagnose Brustkrebs bekommen. Zudem würden mit dieser Technik immer wieder klinisch bedeutungslose Veränderungen entdeckt und anschließend behandelt werden, sodass etliche Frauen gegen einen vermeintlichen Tumor behandelt werden, der nie zu Beschwerden geführt hätte.

Diese Kritik ist berechtigt - aber die neue, viel gelobte 3-D-Mammografie zeigt auch keinen Ausweg aus dem Dilemma. Das hält Emily Conant, Radiologin an der University of Pennsylvania, allerdings nicht davon ab, diese Form der Bildgebung als "die aufregendste Verbesserung der Mammografie, die ich in meiner Karriere bisher gesehen habe", zu bezeichnen.

Sie schwärmt schon von "vielfältigeren Therapieoptionen und besseren Prognosen für die Frauen". Conants Enthusiasmus bezieht sich auf eine Auswertung von mehr als 450 000 Mammografien, darunter mehr als 170 000 in der 3-D-Technik, die am heutigen Mittwoch im Journal of the American Medical Association (online) erscheint.

In der Untersuchung zeigte sich, dass mithilfe der 3-D-Mammografie 41 Prozent mehr invasive Krebsformen entdeckt wurden, aber bei 15 Prozent weniger Frauen in der Nachuntersuchung ein Fehlalarm eingeräumt werden musste. Insgesamt seien 29 Prozent mehr Tumore der Brust identifiziert worden. Klingt beeindruckend, und auch die Radiologin Donna Plecha ist davon überzeugt, dass mit der neuen Technik "behandelbare Krebsformen früher erkannt werden".

Eine nüchterne Darstellung der Zahlen zeigt allerdings, dass die Vorteile allenfalls marginal sind, wenn man sie nicht in Relativprozent angibt, sondern auf den Anteil der tatsächlich untersuchten Frauen bezieht. Demnach mussten in der Studie 107 von 1000 Frauen nach herkömmlicher Mammografie erneut wegen Verdacht auf Fehlalarm untersucht werden - mit der 3-D-Technik waren es 91 von 1000.

Der Anteil der Frauen, denen nach der Aufnahme eine Gewebeprobe entnommen werden musste, variierte kaum: 18 von 1000 bei herkömmlicher Technik im Vergleich zu 19 von 1000 bei dem 3-D-Verfahren. Krebs entdeckt wurde bei 4,2 von 1000 Frauen mit der üblichen Aufnahme, mit der 3-D-Technik waren es 5,4 von 1000. Invasive Tumore fanden sich konventionell bei 2,9 von 1000 und bei 4,1 von 1000 Frauen mit der neuen Technik.

Die US-amerikanische Zulassungsbehörde FDA hatte die 3-D-Technik 2011 bisher nur mit Geräten eines Herstellers erlaubt. Bei dem Verfahren werden digitale Mammografie-Bilder mit Schnittbildtechniken kombiniert, sodass sich eine detailliertere, höher aufgelöste Darstellung ergibt, die - ähnlich wie bei der Computertomografie - in millimeterdünne Scheiben umgewandelt wird und eine dreidimensionale Rekonstruktion der Aufnahmen erlaubt. Laien erkennen zumeist kaum einen Unterschied zwischen den Bildern, die Frauen müssen sich für die Untersuchung in eine ähnliche Position begeben wie für die herkömmliche Mammografie, allerdings dauern die Aufnahmen etwas länger.

Die Autoren geben zu, dass der "Nutzen für die Frauen erst noch in klinischen Studien gezeigt werden muss". Etta Pisano von der University of South Carolina und Martin Yaffe von der University of Toronto merken denn auch in einem begleitenden Kommentar an, dass "fundamentale Fragen rund um das Screening bleiben - egal welche Technik verfügbar ist".

So sei noch immer unklar, ob mittels Mammografie-Screening nicht mehr Frauen krank gemacht als gesund behandelt werden. "Es gibt in der Fachwelt eine anhaltende Kontroverse darüber, ob überhaupt, ab wann, wie oft und womit untersucht werden soll", schreiben Pisano und Yaffe. Neue Verfahren allein bringen keine Lösung für alte Probleme.

© SZ vom 25.06.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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