Zoff um Datenweitergabe:Union fällt Bankkunden in den Rücken

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Die USA fordern Zugriff auf sensible Bankdaten aus Europa und Brüssel ist bereit dazu. Blockiert wurden die Pläne von der Bundesregierung - bis jetzt.

S. Höll u. M. Winter

Der Konflikt in der Europäischen Union über die Weitergabe von Bankdaten an die USA nimmt an Schärfe zu. Das Europäische Parlament (EP) forderte den Rat der europäischen Innenminister am Donnerstag ultimativ auf, seine für Montag geplanten Beratungen über den geplanten "Swift"-Vertrag auszusetzen, der diese Weitergabe regelt. Er soll eigentlich am gleichen Tag unterschrieben werden. Bliebe es dabei, widerspräche dies ,,der neuen demokratischen Kultur'' des ab Dienstag geltenden Lissabon-Vertrags, so das Parlament.

Die EU-Kommission will den USA Zugriff auf sensible Daten von Bankkunden aus Europa gewähren. (Foto: Foto: dpa)

In einem gemeinsamen Beschluss beauftragten die Chefs aller Fraktionen des Parlaments dessen Präsidenten Jerzy Buzek, bei der schwedischen EU-Präsidentschaft die Verschiebung der Beratungen über das Abkommen zu verlangen. Vom 1.Dezember an hat das EP nämlich dank des neuen Vertrages ein Mitentscheidungsrecht bei solchen Abkommen. Im Swift-Vertrag geht es darum, ob und unter welchen Auflagen die USA auch künftig im Rahmen der Terroristenfahndung Zugriff auf die Daten von Swift bekommen. Die belgische Firma dieses Namens organisiert und speichert praktisch alle Finanztransaktionen weltweit. Weil die Daten europäischer Kunden ab Ende des Jahres nicht mehr auf einem in Amerika befindlichen Swift-Rechner auftauchen, brauchen die USA jetzt die Zustimmung der EU für ihre Datenfahndung.

Widerstand der Bundesländer

In der Zeit zwischen dem Ende dieses Jahres und dem Abschluss eines Abkommens nach den Lissabon-Beteiligungsregeln - irgendwann im kommenden Jahr - könnte nach Ansicht der EU-Kommission eine "Sicherheitslücke" entstehen. Deshalb favorisiert sie ein "Interimsabkommen", das auf ein Jahr begrenzt ist. Dem hält der CSU-Europaabgeordnete Manfred Weber entgegen, dass das EP sehr schnell entscheiden könne. Man wolle auch keine Sicherheitslücke. Noch im Dezember könnte über den vorliegenden Entwurf diskutiert werden. Dann könnte er als Zwischenlösung beschlossen werden, die "bis etwa Juli" gelte.

Ebenfalls am Donnerstag berieten die Botschafter der 27 Mitgliedsländer erneut über das Abkommen. Das war in ihrer Runde vor zwei Wochen an deutschem, französischem und österreichischem Widerstand gescheitert. Inzwischen wurde nachverhandelt. Aber hohe Diplomaten gehen davon aus, dass es vor Montag keine Lösung geben wird. Die Sache sei so brisant, dass sie nur von den Regierungen entschieden werden könne. Und unter denen gebe es noch eine Menge Gesprächsbedarf. Auch in Deutschland wächst die Kritik an dem geplanten Vorgehen. Nach der FDP äußerte auch die CSU Bedenken gegen das Abkommen.

Widerstand gibt es auch aus den Bundesländern. Der Bundesrat dürfte an diesem Freitag auf Initiative des schwarz-grün regierten Hamburger Senats eine Entschließung verabschieden, in der Änderungen zugunsten des Datenschutzes gefordert werden. Auch wird die Bundesregierung aufgefordert, das Abkommen vorläufig nicht gelten zu lassen. Die Bundesregierung hat noch nicht entschieden, wie sie bei dem Treffen am Montag abstimmen wird. "Es gibt noch keine Einigung. Die Bedenken von Ministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sind bekannt und unverändert", sagte ein Sprecher des Justizministeriums. Das Innenministerium erwog bislang eine Enthaltung.

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