Wichtige Urteile:Schnarchen erlaubt

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In einem Mehrfamilienhaus ist Lärm oft nicht zu verhindern. Manche Geräusche müssen geduldet werden, gegen andere kann man sich wehren.

Von Andrea Nasemann

Alltagslärm zählt zu den größten Stressfaktoren. Lärm gibt es in vielen Varianten: Kinderlärm, Musik, streitende Nachbarn, Partylärm. Schließlich gibt es noch die normalen Geräuschbelästigungen im Mehrfamilienhaus. Dagegen können Nachbarn in der Regel nichts unternehmen. Das musste auch ein empfindlicher Mitbewohner erfahren, dessen Nachbar in seiner Wohnung eine Waschmaschine und einen Trockner betrieb. Das Landgericht Freiburg gestattete es dem Mieter, dass er weiterhin in seiner Wohnung waschen und trocknen durfte. Ein generelles Verbot des Betriebs solcher Geräte in der Wohnung durch die Hausordnung sei unwirksam, stellte das Gericht fest. Allerdings könne die Einhaltung bestimmter Ruhezeiten festgelegt werden (Urteil vom 10. Dezember 2013, 9 S 60/13).

Normale Wohngeräusche muss der Mieter also meist hinnehmen. Vor allem Mieter älterer Häuser fühlen sich oft durch ihre Nachbarn gestört. Grundsätzlich schuldet der Vermieter aber hinsichtlich der Hellhörigkeit der Wohnung nur den Wohnstandard, wie er bei vergleichbaren Wohnungen üblich ist. Entspricht der Schallschutz den zum Zeitpunkt der Errichtung geltenden DIN-Normen, kann der Mieter keine Nachbesserung oder Minderung verlangen.

Und wie steht's mit melodiösen Geräuschen? Des einen Freud, des andern Leid, dies trifft vor allem auf die Hausmusik zu. Zwar darf im Prinzip jeder in der Mietwohnung Musik machen, allerdings geht dies nur in Zimmerlautstärke und nur außerhalb der Ruhezeiten, also nicht nachts zwischen 22 Uhr und 7 Uhr und nicht in der Mittagszeit zwischen 13 und 15 Uhr. Gibt es keine besonderen Regelungen, wann oder wie oft Musik gemacht werden darf, etwa in einer Hausordnung, hängt es vom Einzelfall ab, wie lange Musik gemacht werden darf. Dabei spielen die Hellhörigkeit des Gebäudes ebenso eine Rolle wie das Alter der Mitbewohner, der Schallschutz des Gebäudes oder die Art des Instruments.

Für einen Akkordeonspieler entschied das Gericht, dass täglich eineinhalb Stunden zwischen 9 und 13 Uhr und zwischen 15 und 22 Uhr erlaubt sei. Bei einem Klarinetten- und Saxofonspieler sind es täglich zwei Stunden, sonntags aber nur eine Stunde. Ein Mieter darf im Mehrfamilienhaus Schlagzeug spielen, auch wenn die Zimmerlautstärke dabei erheblich überschritten wird. Allerdings müsse hier ein enger zeitlicher Rahmen gesteckt werden, entschied das Landgericht München I: Danach ist Schlagzeugspielen nur außerhalb der üblichen Ruhezeiten von Montag bis Samstag zwischen 16 Uhr und 19 Uhr und maximal 30 Minuten täglich zulässig (Urteil vom 13. November 2014, 15 S 7629/13). Wer als Berufsmusiker allerdings öfter als zu normalen Zeiten spielen will, sollte dies mit dem Vermieter absprechen. Andernfalls riskiert er seine Kündigung (Bundesgerichtshof, Urteil vom 10. April 2013, VIII ZR 213/12).

Wenn der Hund ständig jault und bellt, kann der Vermieter Abhilfe verlangen

Wer keine Musik machen, sondern sie nur hören will, muss ebenfalls Zimmerlautstärke einhalten. Deshalb kann ein Vermieter auch von seinem Mieter verlangen, dass er den Hund abschafft, wenn dieser durch dauerhaftes Jaulen und Bellen die Nachbarschaft massiv stört. Nächtliches Baden und Duschen ist dagegen erlaubt, es kann weder durch eine Klausel im Mietvertrag noch durch eine Hausordnung untersagt werden. Allerdings entschieden die Gerichte, dass das Baden und Duschen auf höchstens 30 Minuten beschränkt werden muss.

Zwar gibt es kein Recht der Nachbarn, einmal im Monat eine Party zu feiern. Grundsätzlich muss immer auf die Nachbarn Rücksicht genommen werden. Bei besonderen Anlässen wie Geburtstag, Hochzeit oder einem bestandenen Examen darf der Nachbar jedoch auch einmal in Mitleidenschaft gezogen werden.

Der Lärm spielender Kinder muss ebenfalls in der Regel hingenommen werden. Allerdings kann auch hier das zulässige Maß überschritten sein: Lautes Stampfen mit den Füßen auf den Boden, insbesondere durch Springen und Hüpfen, zählt nicht mehr zum normalen Wohngebrauch. Die Eltern trifft eine erhöhte Aufsichtspflicht, vor allem während der Ruhezeiten, also mittags zwischen 13 und 15 Uhr und abends ab 22 Uhr bis um 7 Uhr.

Die Ruhezeiten nicht einhalten müssen dagegen Handwerker. Von 7 Uhr morgens bis 22 Uhr dürfen Klempner, Elektriker und Co. bohren und hämmern, wie es ihnen beliebt. Dagegen müssen sich heimwerkende Hausbewohner an die in der Hausordnung oder im Mietvertrag geregelten Ruhezeiten halten.

Auch wenn es einmal zum Zoff kommt zwischen Eheleuten in der Nachbarwohnung, muss dies als sozialadäquate Lebensäußerung von den anderen Hausbewohnern toleriert werden. Wird dabei die Nachtruhe der Mitbewohner mehrmals hintereinander jeweils über 30 Minuten lang gestört, können sich diese wehren. Aber die Klage eines Paars gegen den Vermieter wegen arglistiger Täuschung, weil dieser die Wohnung als ruhig angepriesen hatte, die lauten Schnarchgeräusche des Nachbarn dem Paar dann aber den Schlaf raubten, scheiterte.

Ob es laute Musik aus der Nachbarwohnung ist, ein schreiendes Baby, Fußball spielende Jungs oder ein laut krächzender Papagei - Geräusche im Mehrfamilienhaus können ein erhebliches Konfliktpotenzial bergen. Grundsätzlich ist es Sache des Vermieters, für die Einhaltung der Hausruhe zu sorgen. Störende Mieter können abgemahnt und bei weiteren Störungen auch fristlos gekündigt werden. Gestörte Mieter können unter Umständen die Miete mindern.

© SZ vom 12.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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