Streit am Bau:Schlichten statt richten

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Beim Bau passieren manchmal Fehler, es kommt zum Streit. Dann können Schlichtungsstellen helfen. (Foto: Arno Burgi/dpa)

Gibt es Probleme zwischen Bauherr und Firmen, muss das nicht gleich vor Gericht landen. Oft können Vermittler helfen.

Von Sabine Meuter/dpa

Gerade erst fertig und schon hat das neue Haus Mängel: Die Türen schließen nicht richtig, die Wände sind feucht, an der Fassade zeigen sich Risse. Bauherren bestehen in solchen Situationen in der Regel darauf, dass die Mängel beseitigt werden. Doch was, wenn das bauausführende Unternehmen nicht auf die Beschwerde eingeht? Die Firma verklagen ist eine Möglichkeit. Das Problem: Ein Gerichtsverfahren ist langwierig, teuer - und sein Ausgang ist ungewiss. Es gibt günstigere Alternativen.

Ist der Streitwert niedrig, bietet sich ein Verfahren der Handwerkskammern an

Eine Anlaufstelle für Verbraucher, die beim Bauen, Instandsetzen oder Renovieren eines Hauses in Konflikt mit dem Architekten oder einem Unternehmen geraten, kann etwa die zuständige Handwerkskammer in der jeweiligen Region sein. "Alle Handwerkskammern im Bundesgebiet haben die gesetzliche Aufgabe, vermittelnd tätig zu werden, wenn es zu einem Streit zwischen einem Kunden und einem Handwerksbetrieb kommt", sagt Manfred Steinritz. Er ist Leiter der Rechtsabteilung und der Vermittlungsstelle bei der Handwerkskammer Düsseldorf. Das gilt auch in Bauangelegenheiten. Ein Vermittlungsverfahren ist meist kostenlos.

Um das Vermittlungsverfahren auf den Weg bringen zu können, benötigt die Handwerkskammer ein Schreiben, in dem der Verbraucher den strittigen Sachverhalt präzise schildert. "Von Vorteil ist, wenn auch ein Vorschlag zur Problemlösung unterbreitet wird", erklärt Steinritz. Die Handwerkskammer schickt dann eine Kopie des Schreibens an den Betrieb, mit dem der Verbraucher im Clinch liegt, und bittet ihn um eine Stellungnahme.

Allerdings ist es der Kammer nicht möglich, Druck auf den Betrieb auszuüben, falls dieser eine Vermittlung ablehnt. Mitunter bittet die Handwerkskammer auch Kunde und Betrieb an einen Tisch und versucht dann, gemeinsam zu einer Lösung zu kommen. Ein Vermittlungsverfahren der Handwerkskammer bietet sich für Fälle an, bei denen der Streitwert unter 750 Euro liegt. Für Streitigkeiten in Bausachen mit einem höheren Streitwert gibt es an vielen Handwerkskammern Bauschlichtungsstellen. Diese verfolgen das Ziel, Streitigkeiten in Bausachen beizulegen.

"Bei der Schlichtung kann es etwa um Abrechnungsstreitigkeiten, Planungsfehler oder Ausführungsfehler gehen", erläutert Steinritz. Die Streitbeilegung kann zwischen Bauherren, Bauausführenden, Architekten oder Bauingenieuren erfolgen. Die beteiligten Personen müssen nicht zwingend Mitglieder der Handwerkskammern sein. Für die Schlichtung bei der Handwerkskammer fallen Gebühren an. Die Höhe richtet sich nach dem Streitwert und dem Aufwand. Die Schlichtung wird erst ab einem Streitwert zwischen 4000 und 5000 Euro empfohlen. Sie wird von baurechtlich versierten Fachleuten durchgeführt. "Sie ist damit eine gute Alternative zu einem regulären Gerichtsverfahren", sagt auch Philipp Mahler von der Verbraucherzentrale NRW in Düsseldorf. Aus seiner Sicht haben Gerichtsverfahren gerade im Bauwesen oft einen geringen Nutzen, weil die technische Klärung von Streitpunkten wie etwa von Mängeln sehr langwierig und teuer ist. Am Ende läuft ein Gerichtsverfahren oft auf einen Vergleich hinaus - den man auch mit einer kostengünstigeren Schlichtung hätte erreichen können. Eine Schlichtungsstelle entscheidet normalerweise innerhalb von drei Monaten, sagt Eugénie Zobel-Kowalski von der Stiftung Warentest. Zum Vergleich: Ein zivilgerichtliches Verfahren in erster Instanz dauert nach Angaben der Handwerkskammer Düsseldorf oft bis zu 18 Monate.

Generell gilt: "Bevor jemand eine Schlichtungsstelle einschaltet, muss der Kunde bereits erfolglos probiert haben, eine Lösung mit dem Unternehmen zu finden", so Zobel-Kowalski. Ein Bauschlichtungsverfahren muss schriftlich beantragt werden. Einen solchen Antrag kann nicht nur der Bauherr, sondern etwa auch ein Architekt, Bauingenieur oder eine Baufirma stellen. Sobald der Antrag bei der Schlichtungsstelle eingegangen ist, wird das Einverständnis der Gegenseite zum Verfahren eingeholt und sie gleichzeitig um eine Stellungnahme gebeten. Außerdem wird ein Vorschuss auf die Kosten des Verfahrens von den Parteien zu gleichen Teilen gefordert.

Wenn der Vorschuss bei der Handwerkskammer eingegangen ist, wird ein Termin zur mündlichen Verhandlung am Bauobjekt einberufen. Beide Parteien können sich nun äußern. Dann besichtigen die Fachbeisitzer der Schlichtungsstelle das Bauobjekt und erstellen ein mündliches Gutachten. Auf dieser Basis wird ein Einigungsvorschlag unterbreitet.

Aber nicht an allen Handwerkskammern in Deutschland gibt es Bauschlichtungsstellen. Vor allem in Regionen, in denen keine solche Einrichtung besteht, können sich Verbraucher mit Streitigkeiten in Bauangelegenheiten an die Allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle in Kehl wenden, die immer als Auffangschlichtungsstelle zur Verfügung steht.

Daneben gibt es mit dem Juristen Wolfgang Ball einen Ombudsmann Immobilien im Immobilienverband Deutschland IVD - in Kooperation mit dem Verband Privater Bauherren (VPB). Erwirbt beispielsweise ein Verbraucher über einen Makler, der IVD-Mitglied ist, eine Immobilie, und kommt es dabei zu einem Konflikt, dann kann Ombudsmann Ball vermitteln.

© SZ vom 01.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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