Stichwort:Überbau

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Von einem Überbau spricht man dann, wenn jemand über seine Grundstücksgrenze hinaus auf das Nebengrundstück gebaut hat. In vielen Fällen können sich Nachbarn gegen diese Grenzüberscheitung nicht wehren.

Von Andrea Nasemann

Von einem Überbau spricht man dann, wenn jemand über seine Grundstücksgrenze hinaus auf das Nachbargrundstück gebaut hat. Oft kommt es erst zu Problemen, wenn das Grundstück den Besitzer wechselt oder wenn etwas am Gebäude baulich verändert wird. Die Ursachen für einen Überbau liegen oft Jahre zurück. Heutzutage werden die Grundstücke meist genauer vermessen und abgemarkt. Während man als Eigentümer Abwehrrechte gegenüber Grenzverletzungen hat, gelten für den Überbau Sonderregelungen. Nicht in jedem Fall kann der überbaute Nachbar verlangen, dass das Nebengebäude nicht mehr in das Grundstück ragt.

Ob der betroffene Nachbar den Überbau dulden muss oder ob er sich wehren kann, hängt davon ab, ob der überbauende Nachbar vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt hat. In diesem Fall kann der Betroffene die Entfernung des Überbaus verlangen. Grob fahrlässiges Verhalten liegt zum Beispiel dann vor, wenn es der Eigentümer versäumt hat, sich vor der Baumaßnahme über den Grenzverlauf zu informieren, nach Grenzzeichen zu suchen oder bei Zweifeln nicht die Vermessungsbehörde einschaltet. Die Beweislast liegt beim überbauenden Nachbarn. Er muss sich das Verschulden seines Architekten zurechnen lassen, nicht jedoch ein Verschulden des Bauunternehmers und dessen Gehilfen.

Hat der Nachbar dem Grenzüberbau vorher zugestimmt, ist dieser rechtmäßig. Die Folge: Der überbauende Nachbar ist Eigentümer des gesamten Bauwerks. Hat er dem Überbau nicht zugestimmt, der Bauherr aber ohne Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit gehandelt, spricht man von einem sogenannten entschuldigten Überbau, den der Nachbar ebenfalls dulden muss. Eine Duldungspflicht besteht auch dann, wenn der betroffene Nachbar der Grenzverletzung nicht sofort widerspricht. Der Widerspruch kann auch formlos erklärt und muss nicht begründet werden.

Auch wenn der Nachbar den Überbau dulden muss, so kann er doch auf einer Geldrente bestehen. Diesen Anspruch kann er auch noch geltend machen, wenn ein Voreigentümer dem Überbau zugestimmt und auf eine Rentenzahlung verzichtet hat. Der Rentenanspruch kann auch nicht verjähren: Die Zahlungspflicht besteht, solange der Überbau existiert. Wie hoch die Rente ausfällt, richtet sich danach, wann mit dem Überbau die Grenze überschritten wurde. Es kommt nicht darauf an, wann der Überbau entdeckt wurde. Für die Höhe der Rente ist der Verkehrswert des überbauten Grundstücks zum Zeitpunkt der Grenzüberschreitung maßgeblich. Über die Höhe der Rente können sich beide Seiten einigen. Scheitert eine Vereinbarung, entscheidet das Gericht. Nur wenn die Rentenzahlung im Grundbuch eingetragen ist, wirkt sie auch gegenüber einem eventuellen späteren Käufer oder Erben des Grundstücks.

Anstelle der Rente kann der Eigentümer des überbauten Grundstücks auch verlangen, dass der überbauende Nachbar ihm den Überbau abkauft. Der Kaufpreis bemisst sich ebenfalls nach dem Verkehrswert des Grundstücks zum Zeitpunkt der Grenzüberschreitung. Die bisher gezahlte Rente wird nicht auf den Kaufpreis angerechnet.

© SZ vom 13.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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