Zwei Milliarden Dollar verzockt:Polizei nimmt Händler der Schweizer Großbank UBS fest

Mit nicht genehmigten Deals hat ein Händler der Schweizer Großbank UBS einen Verlust von etwa zwei Milliarden Dollar beschert. Die Aktien des Bankhauses stürzten im frühen Handel um mehr als neun Prozent ab. Der fragliche Broker soll in London tätig gewesen sein. Von "krimineller Energie" war die Rede. Ein 31 Jahre alter Mann wurde angeblich festgenommen.

Schock um 8.54 Uhr: In sechs dürren Zeilen teilt die UBS mit, "dass es aufgrund von nicht autorisierten Handelsgeschäften eines Händlers ihrer Investment Bank zu einem Verlust gekommen ist", teilte das Schweizer Bankhaus mit.

Es sei ein Handelsverlust von schätzungsweise zwei Milliarden Dollar (rund 1,5 Milliarden Euro) entstanden. Die Entdeckung führe möglicherweise dazu, dass das Bankhaus im dritten Quartal ein Minus ausweisen müsse. Die Untersuchung der Vorfälle dauere noch an. Nähere Einzelheiten nannte das Geldinstitut nicht. Nur so viel: Kunden seien nicht betroffen.

Die Aktien der Bank verloren nach Bekanntgabe der Entdeckung um mehr als neun Prozent. Am Vormittag erholte sich der Kurs wieder und lag mit einem Minus von gut fünf Prozent bei 10,35 Franken.

Beobachter zweifeln an der Darstellung von UBS

Inzwischen wird spekuliert, dass der fragliche Händler in Großbritannien tätig gewesen sein soll und die Verluste im Devisengeschäft aufgelaufen seien. Auch von "krimineller Energie" war die Rede, ohne dass die Behörden Näheres bekannt gaben. Die Londoner Polizei bestätigte, in den frühen Morgenstunden einen UBS-Mitarbeiter festgenommen zu haben. Der britischen Finanzaufsicht zufolge arbeitet der Mann seit dem Jahr 2007 bei UBS und ist sowohl beim Konzern in der Schweiz als auch bei der britischen Tochter UBS Limited in London registriert. Es handle sich um den 31 Jahre alten Händler Kweku A., berichtet die Financial Times auf ihrer Internetseite. Sein direkter Vorgesetzter soll bereits zurückgetreten sein.

Branchenkenner reagierten mit Verblüffung auf die Nachricht von unerlaubten Wertpapiergeschäften bei UBS. "Es ist erstaunlich, dass so etwas immer noch möglich ist", brachte es der Analyst Claude Zehnder von der Zürcher Kantonalbank auf den Punkt. Auch und gerade bei der UBS, die doch so bemüht ist, sich nach den schlimmen Verlusten während der Finanzkrise neu aufzustellen. "Damit verlieren sie viel von dem Vertrauen, das sie sich so mühevoll erarbeitet hatten", sagte Zehnder. Einige Beobachter zweifeln an der Darstellung der UBS, ein einzelner Händler alleine habe die Verluste eingespielt.

In einer internen Mitteilung schrieb die Bank an ihre Mitarbeiter: "Es ist uns bewusst, dass Sie bereits seit einiger Zeit mit ungünstigen, volatilen Märkten konfrontiert sind". Aber "obwohl diese Nachricht bedauerlich ist, wird die fundamentale Stärke unseres Unternehmens dadurch nicht beeinträchtigt."

Die Konzernleitung bat darum, sich weiterhin auf die Kunden zu konzentrieren. "Diese zählen in diesen unsicheren Zeiten auf Ihre Unterstützung." Das Management arbeite eng mit der Leitung und dem Risikomanagement der Investment-Sparte zusammen, um dieser Sache so rasch wie möglich auf den Grund zu gehen.

Kurioserweise steht im Schweizer Nationalrat an diesem Donnerstag die Änderung des Bankengesetzes auf der Tagesordnung. Das Thema: Risikoreduzierung bei Großbanken.

Beobachter erwarten nun, dass einige Politiker von der UBS fordern, das riskante Investmentbanking zu reduzieren oder gar ganz einzustellen.

Düstere Erinnerungen werden wach

Das Institut steht schon länger unter Druck: Gerade von den Folgen der Finanzkrise fast genesen, hatte der Konzern im zweiten Quartal einen herben Rückschlag erlitten. Im ersten Halbjahr sank der Gewinn vor Steuern aus dem operativen Geschäft fast um ein Drittel auf 3,9 Milliarden Franken (3,35 Milliarden Euro). Etwa 3500 Stellen sollen weltweit gestrichen werden - vor allem im Investmentbanking und in der Vermögensverwaltung. Mit den Kürzungen will UBS bis Ende 2013 rund zwei Milliarden Franken pro Jahr einsparen Die Schweizer Großbank hatte 2007 bis 2008 knapp 28 Milliarden Franken Verluste angehäuft und musste vom Staat gerettet werden.

Lightning strikes over the headquarters of Swiss banks UBS and Credit Suisse during a thunderstorm over the Paradeplatz square in Zurich

Der Schweizer Großbank UBS ist wegen nicht genehmigter Geschäfte eines ihrer Händler ein Verlust von voraussichtlich etwa zwei Milliarden US-Dollar entstanden.

(Foto: Arnd Wiegmann/Reuters)

Der Spekulationsfall erinnert an die französische Großbank Société Générale, die vom Wertpapierhändler Jérôme Kerviel Anfang 2008 an den Rande des Zusammenbruchs gebracht worden war. Er hatte ohne Legitimation Positionen im Volumen von 50 Milliarden Euro aufgebaut. Das überstieg sogar den Börsenwert der Bank - die zweitgrößte französische Bank stand kurz vor dem Ruin. Der Schaden belief sich am Ende auf fast 4,9 Milliarden Euro. Kerviel wurde im vergangenen Jahr zu drei Jahren Gefängnis verurteilt.

13 Jahre zuvor hatte Nick Leeson die altehrwürdige Barings Bank in den Abgrund gerissen. Der Brite hatte durch riskante Deals unbemerkt ein Minus von 825 Millionen Pfund Sterling angehäuft. Am Ende brach die 233 Jahre alte Traditionsbank unter den Schulden zusammen.

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