Schädlingsbekämpfer:"Das Tolle ist: Jeder braucht uns"

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Der Kampf gegen die Schädlinge ist ein anerkannter Ausbildungsberuf. Doch wirklich gern gesehen sind die Experten nicht.

Von Felicitas Witte

Man sieht ihn vor sich. In graubrauner Jagdkleidung schleicht er durch Wohnungen, die Spritzpistole mit dem Insektenmittel immer im Anschlag: der Kammerjäger. Gerne malt man sich auch eine Riesen-Lupe aus, mit der er die bösen Schädlinge sucht. Noch vor 200 Jahren sei Kammerjäger ein ehrbarer Beruf gewesen, erzählt Markus Puschmann, Mitglied im Vorstand des Deutschen Schädlingsbekämpfer-Verbandes. "Die Kammerjäger hatten wie die Kammerdiener das Privileg, die privaten Gemächer der Adligen zu betreten - in den Genuss kam ja nicht jeder." Er möchte aber so nicht bezeichnet werden. "Mit dem Begriff werben oft unseriöse Firmen, die nicht fachgerecht arbeiten und Wucherpreise verlangen." Neulich habe zum Beispiel so eine Firma in einer Großküche Schaben mit Insektenspray bekämpft. "Das macht man aber mit Ködergelen", erklärt Puschmann. "Durch das Spray haben die Kollegen die Schaben in der ganzen Küche verteilt. "Und bei einer anderen "Kammerjäger-Firma" musste eine Kundin 450 Euro für die Bekämpfung eines Wespennestes bezahlen, obwohl das normalerweise nur 150 Euro kostet.

Puschmann wurde der Beruf quasi in die Wiege gelegt - schon seine Eltern arbeiteten als Schädlingsbekämpfer. In Deutschland ist das ein anerkannter Ausbildungsberuf. Drei Jahre dauert die Ausbildung in Betrieb und Schule, es wird kein bestimmter Schulabschluss vorausgesetzt. Von 100 Ausbildungsanfängern hatten im Jahr 2016 31 einen Hauptschulabschluss, 31 kamen von der Realschule und 26 hatten Abitur. "Man kann die Ausbildung auch in zwei Jahren machen, vorausgesetzt man hat Abitur oder eine abgeschlossene Berufsausbildung", sagt Puschmann.

Die Auszubildenden lernen die verschiedenen Arten von Schädlingen kennen, wie sie am besten überleben und wie man das verhindern kann. Sie müssen über Insektizide Bescheid wissen und die rechtlichen Vorschriften kennen. Auch Mathematik steht auf dem Stundenplan, damit man später die Konzentrationen der Insektizide korrekt zusammenmischen kann.

Immer noch haftet diesem Beruf etwas Geheimnisvolles an

Puschmann gefällt der Beruf, weil er so vielfältig ist. "Wir sind Experten in Hygiene, Detektive, Spurensucher, Problemlöser, Berater, Psychologen, Aufklärer und Erklärer", sagt er. "Das Tolle ist: Jeder braucht uns - keiner ist sicher vor Schädlingen." Vom Privathaushalt über Krankenhaus, Fünf-Sterne-Hotel und Technikschacht bis zur Taubenabwehr auf dem Dach eines Hochhauses - "als Schädlingsbekämpfer kommt man an alle möglichen Orte." Gut findet er auch, dass er viel mit Menschen zu tun hat, und die kämen aus allen gesellschaftlichen Schichten. Manchmal ärgern ihn Kunden, die nicht einsehen, dass sie mithelfen müssen - zum Beispiel die hygienischen Zustände verbessern, wie er es dezent nennt. "Bei Mäusen, Schaben oder Fruchtfliegen muss man zum Beispiel erst einmal die Restaurant-Küche gründlich putzen, sonst nützen natürlich die besten Mausefallen oder Insektizide nichts. Und wenn ein Supermarkt ein Mehlmotten-Problem hat, aber nicht kontrolliert, ob das gelieferte Mehl mottenfrei ist, wird er die Motten nie los."

Er bekomme dann oft zu hören, er sei ja bestellt worden, um die Schädlinge zu beseitigen. Auch wenn externe Kontrolleure unsinnige Forderungen stellen, stört ihn das. "Neulich bemängelte jemand, die Mausefallen zur regelmäßigen Kontrolle in einem Logistiklager hätten wir nicht korrekt aufgestellt", erzählt der Schädlingsbekämpfer. "Dabei war das richtig, nur der Kontrolleur hatte keine Ahnung."

Immer noch haftet der Tätigkeit etwas Geheimnisvolles an. "Das kommt wohl daher, dass die meisten Leute den Beruf gar nicht kennen", sagt Puschmann. Sprüht er im Schutzanzug die giftigen Insektizide, darf kein Kunde mit im Raum sein. "Kommt er am nächsten Tag in den Raum, sind auf einmal alle Bettwanzen verschwunden - das hat schon etwas Mystisches." Dabei sind sie noch da, sie sind nur tot in den Ritzen von Mauern, hinter Lichtschaltern oder im Lattenrost. Da kann man nur hoffen, dass Puschmann alle erwischt hat.

© SZ vom 23.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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