Reden wir über Geld: D. Buster:"Ich hätte besser aufpassen müssen"

Ex-Erotikdarstellerin Dolly Buster über die Vermarktung ihres Namens, den Preis des Exhibitionismus und die Krise ihres Gewerbes.

A. Hagelüken und H. Wilhelm

Eine Galerie in Garmisch stellt zur Zeit Bilder von Katja-Nora Baumberger aus. Die 39-Jährige hat vor mehr als zehn Jahren aufgehört, in Pornofilmen zu agieren. Unter ihrem Künstlernamen Dolly Buster, den 98 Prozent der Deutschen kennen, vermarktet sie jetzt selbstgemachte Bilder, Bücher und Filme. Frau Baumberger sagt, sie wollte schon immer unbedingt bekannt werden. Ein Gespräch über ein Leben als öffentliche Person.

Reden wir über Geld: D. Buster: Dolly Buster: "Ich lasse mich immer noch zu oft zu Sachen überreden, die ich eigentlich blöd finde"

Dolly Buster: "Ich lasse mich immer noch zu oft zu Sachen überreden, die ich eigentlich blöd finde"

(Foto: Foto: dpa)

SZ: Dolly Buster, reden wir über Geld. Sie verkaufen nun Ihre eigenen Bilder. Verdient man da gut?

Dolly Buster: Es geht nicht unbedingt ums Verdienen. Ich habe gerade 14 Bilder in Duisburg ausgestellt, davon wurden sieben verkauft. Das ist ein Kompliment.

SZ: Klar geht es ums Verkaufen, sonst würden Sie die Bilder ja verschenken.

Buster: Natürlich. Ich bin in allem, was ich mache, ein bisschen kommerziell.

SZ: Ihr Mann hat mal gesagt, Sie seien die perfekte Geschäftsfrau ...

Buster: Er dagegen ist kein guter Geschäftsmann. Er ist zu human.

SZ: Ihr Mann, der Pornoproduzent Dino Baumberger, ist zu human?

Buster: In der Erotikbranche gibt es immer mal jemanden, der nicht zahlt und mit Ausreden ankommt, etwa ein Sex-Shop-Besitzer. Mein Mann lässt sich oft hinhalten. Ich nicht. Ich bin knallhart.

SZ: Warum fingen Sie an zu malen?

Buster: Ich ging schon als Jugendliche in Prag zur Kunstschule, aber nur kurz. Ich ließ es wieder, weil mir der Weg mit der Straßenbahn zu weit war. Wir zogen dann als Aussiedler nach Deutschland, da musste ich erst mal Deutsch lernen. Erst als ich 1997 aufhörte, als Pornodarstellerin vor der Kamera zu arbeiten, fing ich wieder mit dem Malen an.

SZ: Waren Sie nochmal auf der Kunstschule?

Buster: Freunde stellten mir Arnim Tölke von der Kunstakademie Düsseldorf vor. Ich besuchte ihn im Unterricht, das war spannend. Was die da gemacht haben, hat mich aber wenig beeindruckt. Mal ehrlich: Was ich da für Müll gesehen habe! Das Malen als solches ist da Nebensache. Da sitzt ein Nacktmodell, das ein bisschen mehr Sport vertragen könnte, und dann wird geredet, albern gelacht und Wodka getrunken. Da standen sicher 200 leere Wodka-Flaschen rum.

SZ: Was verlangen Sie für ein Bild?

Buster: Die liegen verhältnismäßig günstig, bis 3500 Euro.

SZ: Vor zwei Jahren verlangten Sie bis zu 10000 Euro. Ist Ihr Marktwert gesunken?

Buster: Es macht ja keinen Spaß, wenn die Bilder das kosten, was ein Kunsthistoriker schätzt, aber kein Mensch sich das leisten kann.

SZ: Sie waren Deutschlands bekannteste Pornodarstellerin, laut Umfragen kannten einmal 98 Prozent der Deutschen Ihren Namen. Vor zehn Jahren haben Sie aufgehört, bei Pornos mitzuspielen. Wie lange können Sie Ihre Bilder, Bücher und so weiter über Ihren Namen vermarkten?

Buster: Ich hätte mit meinem Namen besser aufpassen müssen. Viele dieser Pseudo-Kunst-Galeristen boykottieren mich, wo sie können.

SZ: Wegen Ihrer Pornos?

Buster: Vor allem, weil ich so viel in Boulevard-Medien vorkomme. Ich lasse mich immer noch zu oft zu Sachen überreden, die ich eigentlich blöd finde. Das Dschungelcamp von RTL etwa. Im Nachhinein denke ich: Hätte ich das mal nicht gemacht, da macht man sich nur lächerlich.

SZ: Aber es sichert Ihre Bekanntheit, von der Sie leben, oder?

Buster: Das ist der Grund, warum man es macht. Ich will nicht vergessen werden. Aber es ist ein schmaler Grat. Durch den Boulevard geht man auch unter.

SZ: Haben die Deutschen Sie schon vergessen?

Buster: Nein. Wenn ich Autogrammstunden gebe, kommen viele junge Leute. Manchmal kommen kleine süße Mädchen bei mir zu Hause vorbei und werfen selbstgemalte Bildchen ein.

SZ: Woher kennen bitte kleine, süße Mädchen Dolly Buster?

Buster: Aus den Boulevardshows im Fernsehen. Manche verwechseln mich mit Pamela Anderson.

SZ: Mal ehrlich: Ihre Bilder und Bücher und die Pornofilme, die Sie nun als Produzentin hinter der Kamera herstellen, verkaufen sich doch vor allem über Ihre Bekanntheit.

Buster: Dafür habe ich hart gearbeitet. Aber was nutzt mir 98 Prozent Bekanntheitsgrad in einem kaputten Land? Es würden 20 Prozent reichen, wenn die alle DVDs kaufen würden.

SZ: Sie finden Deutschland kaputt?

Buster: Absolut. Ich bin so viel damit beschäftigt, Inkassobüros zu beauftragen. Es ist ernüchternd: Ich leiste, arbeite, habe Ideen - und nichts geht voran. Vor zehn Jahren lief das anders. Da konnte man richtig etwas schaffen, da lebte ich mit einem beständigen Glücksgefühl.

SZ: Steckt die Erotikbranche in einer Krise?

Buster: Absolut. Das Internet ist schuld. Die Amerikaner finden es wahnsinnig toll, sich beim Sex zu filmen und die Aufnahmen kostenlos ins Netz zu stellen. Das ist für uns eine Katastrophe.

SZ: Sie verkaufen weniger DVDs?

Buster: In Deutschland sind wir Marktführer. Aber es geht uns schlechter. Wir haben zwölf Angestellte, mussten uns gerade von ein paar trennen. Es gibt einen Preisverfall bei DVDs. Mit dem Euro wurde alles teurer, nur Pornos nicht.

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"Ich hätte besser aufpassen müssen"

SZ: Versuchen Sie, in andere Länder zu expandieren?

Buster: Ich versuche seit Jahren, in den russischen Markt reinzukommen. Es läuft einfach nicht. Die reichen Russen lassen sich professionelle Teams kommen und von denen beim Sex aufnehmen. Diese Filme schauen sie dann an.

SZ: Wenn alles so schwierig ist, könnten Sie nicht einfach aufhören zu arbeiten, nach all Ihren Filmen?

Buster: Dazu habe ich nicht genug verdient.

SZ: Sie werden dieses Jahr 40. Haben Sie Angst vor einer Krise?

Buster: Die habe ich schon hinter mir. Das vergangene Jahr war schlimm für mich. Meine beiden Hunde sind gestorben, das hat mich sehr getroffen. Das hat meine Einstellung zu allem verändert. Es war eine unglückliche Geschichte: Ein Privatsender drehte eine Reportage über mich, bei mir zu Hause. Dann habe ich erfahren, dass einer meiner Hunde Leberkrebs hat. Er starb am letzten Drehtag. (Sie beginnt zu weinen.) Eigentlich hätte ich sagen sollen: Ihr hört jetzt auf zu drehen. Aber ich wollte so professionell sein, wie ich mein ganzes Leben war.

SZ: Und dann?

Buster: Zwei Monate später wurde der Beitrag gesendet. Vorher lief immer wieder die Vorschau: Ich heulend neben dem toten Hund. Dadurch bekam ich ein richtiges Trauma. Ich habe mir Vorwürfe gemacht, weil ich zugelassen habe, dass der tote Hund gedreht wurde. Zwei Wochen später starb mein zweiter Hund. Das war einfach zu viel. Ich hatte Albträume, in denen ich selbst tot umfalle und dabei gefilmt werde. Mein Mann musste mich manchmal in die Notaufnahme fahren, weil ich wirklich dachte, ich sterbe. Ich habe ein dreiviertel Jahr Pause gemacht. Nicht gemalt, keine Auftritte, nichts.

SZ: Alles, weil Sie um jeden Preis professionell sein wollten?

Buster: Ich habe mich immer für unverwundbar gehalten. Ich war eine perfekte Geschäftsfrau. Alles hat geklappt, was ich mir vorgenommen habe. Letztes Jahr war das erste Mal, dass mir eine Sache so aus der Hand geglitten ist. In meinen Augen war ich plötzlich ein Loser.

SZ: Hat Ihre Krise Sie verändert?

Buster: Ja, früher habe ich professionell gelebt, war immer diszipliniert. Vor Aufnahmen habe ich tagelang keine Süßigkeiten gegessen. Ich hatte höchste Verachtung für alle Leute, die nicht so diszipliniert sind. Erst jetzt begreife ich: Die anderen leben einfach ihr Leben, die genießen es, ganz normal. Das lerne ich jetzt.

SZ: Wollten Sie mal Kinder haben?

Buster: Das hätte nicht in mein Leben gepasst. Erst nach der Krise letztes Jahr habe ich den Gedanken zugelassen. Aber jetzt werde ich 40. Ich finde, das ist zu alt, um Mutter zu werden.

SZ: Sie bereuen, dass Sie die Homestory mit dem Sender gemacht haben. Bereuen Sie andere Dinge in Ihrem Leben?

Buster: Nein, es gibt nichts zu bereuen. Es gab immer nur den einen Weg. Ich wollte bekannt werden.

SZ: Sie wollten um jeden Preis bekannt werden?

Buster: Transvestiten wissen oft schon als kleine Kinder, dass sie transsexuell sind. Und ich wusste als kleines Mädchen, dass ich ein Star werden will. Das war, was wichtig war. Dafür habe ich alles getan. Das war der einzige Weg. Schon als Kind fand ich es indiskutabel, so zu sein wie die anderen. Mit zehn habe ich mir die blonde Perücke meiner Tante geliehen und mich geschminkt.

SZ: Deshalb haben Sie Pornofilme gedreht? Um anders zu sein?

Buster: Es war für mich ein Tabubruch, eine Rebellion gegen die Normalität. Als mich ein Fotograf ansprach, ob ich Fotos machen wollte, habe ich sofort zugesagt. Mir war klar, dass es um Nacktfotos ging. Das Ganze war für mich der Schritt aus dem Nichts. Ich habe erst angefangen zu leben, als ich bekannt war.

SZ: Dachten Sie nie, dass Sie dafür einen hohen Preis bezahlen? Dass andere die Kontrolle über Sie haben, zum Beispiel Zuschauer, die Sie beim Sex beglotzen?

Buster: Nein. Ich habe nur gemacht, was ich wollte. An das Publikum habe ich nicht gedacht. Das ist für mich eine uninteressante Frage.

SZ: Pornos suggerieren doch eine ständige Verfügbarkeit der Frau und verleiten manche Männer dazu, alle Frauen für verfügbar zu halten.

Buster: Ich bitte Sie. Diese Diskussion ist 15 Jahre alt und völlig überholt.

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"Ich hätte besser aufpassen müssen"

SZ: Sie haben immer viel von sich gezeigt und erzählt. Haben Sie noch ein Geheimnis vor der Öffentlichkeit?

Buster: Eigentlich nicht.

SZ: Und das ist in Ordnung?

Buster (zögert): Es ist in Ordnung. Man kann es auch anders machen, aber ich habe diesen Weg gewählt.

SZ: Wie reagieren Menschen auf Sie?

Buster: Die meisten verhalten sich zivilisiert. Was mich nervt, sind Jugendliche, 18-, 19-Jährige, die vor meinem Haus auftauchen. Da habe ich schon öfter die Polizei gerufen. Die Jugendlichen kommen angefahren, zum Spaß, vor einer Hochzeit oder so, mit einem Großraumtaxi. Taxifahrer bringen sie her, die ganz stolz sind zu wissen, wo ich wohne. Manchmal stehen die schon da, wenn ich nach Hause komme. Die sagen teilweise schlimme Sachen. Die stellen sich vor mein Haus und brüllen: "Komm raus, du Sau, wir wollen Dich ficken!"

SZ: Jugendliche belästigen Sie vor Ihrem Haus?

Buster: Einmal kamen welche aus dem Ort, die haben geschrien "Komm raus" und gegen die Tür gehauen. Mein Mann war nicht da, ich hatte Angst. Da habe ich die Polizei gerufen. Die haben gesagt: Wir haben ein Problem, wir haben eine Geiselnahmeübung. Da können wir nicht kommen.

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