Ratingagentur:Präsident von Standard & Poor's tritt ab

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Mitten im Sturm der Empörung über sein Unternehmen verlässt Deven Sharma, Präsident der Ratingagentur Standard & Poor's, seinen Posten. Mit der umstrittenen Herabstufung der US-Kreditwürdigkeit oder der Untersuchung wegen falscher Bewertungen hat das aber angeblich nichts zu tun.

Wenige Unternehmen haben in den vergangenen Monaten die Politik so erschüttert wie Standard & Poor's (S&P). Jetzt tritt der Präsident der Ratingagentur zurück. Deven Sharma verlässt das Unternehmen nach vier Jahren an der Spitze. Sein Nachfolger wird Douglas Peterson, der bisher das operative Geschäft der Citigroup Japan leitete, teilte das S&P-Mutterunternehmen McGraw-Hill mit.

Deven Sharma stand vier Jahre an der Spitze von Standard & Poor's. (Foto: AP)

Der 55-jährige Sharma war in den USA das Gesicht der Ratingagentur - und musste die Herabstufung der US-Kreditwürdigkeit von der Bestnote AAA auf die zweitbeste Wertung AA+ öffentlich rechtfertigen. Auf S&Ps Urteil reagierten amerikanische Politiker mit einem Sturm der Empörung, darunter Präsident Barack Obama und Finanzminister Timothy Geithner. Auch als bekannt wurde, dass S&P sich um zwei Billionen Dollar verrechnet hatte, blieb das Unternehmen bei seinem Urteil. Die Herabsetzung hatte auch die internationalen Finanzmärkte in Turbulenzen gestürzt.

Der gebürtige Inder Sharma werde noch bis Jahresende als Berater für McGraw-Hill tätig sein. Er war seit 2007 S&P-Präsident. In Zeitungsberichten hieß es unter Berufung auf informierte Kreise, Sharmas Rücktritt sei bereits vor der Herabstufung der US-Bonität in Planung gewesen.

Sicher ist, dass er in für das Unternehmen schwierigen Zeiten geschieht: Mehrere Regierungen sind verärgert wegen der Abwertungen, und das US-Justizministerium untersucht die Ratings, die S&P vor einigen Jahren während der Immobilienblase in den Vereinigten Staaten vergab: Faule Hypotheken sollen von Entscheidungsträgern als einwandfrei bewertet worden sein, obwohl ihre eigenen Analysten davor gewarnt hatten. Sharma musste in der Vergangenheit mehrfach vor dem Kongress zur Immobilienkrise aussagen.

Außerdem steht die Agentur unter dem Druck einiger Anteilseigner. Ein Hedgefonds und ein Pensionsfonds wollen die S&P-Mutter McGraw-Hill in mehrere Einheiten aufspalten. Dabei soll auch S&P zweigeteilt werden: Die Ratingabteilung soll von dem Teil getrennt werden, der Börsenindices wie den S&P 500 erstellt. Die Fonds machen sich laut Wall Street Journal Sorgen um das Image der Ratingagentur: In einem Statement vom Montag fordern sie, das neue öffentliche Gesicht des Unternehmens müsse "bekannt und unabhängig" sein - und den Dialog mit Behörden und Öffentlichkeit verbessern.

© sueddeutsche.de/dapd/jab - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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