Nasdaq gegen Deutsche Börse:Kindisch und eitel

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Ich auch, ich auch! Der Schaukampf zwischen Nasdaq und Deutscher Börse um die New York Stock Exchange wirkt infantil. Doch Fusionsphatasien besiegen oft Verstand - und Vorstand.

Markus Zydra

Kindern schreibt man die Eigenschaft zu, immer dann "Ich auch!" zu rufen, wenn andere etwas haben wollen. Vielleicht tut man dem Chef der amerikanischen Technologiebörse Nasdaq deshalb ein wenig Unrecht, wenn man ihn in diesem Zusammenhang erwähnt.

Auch die Nasdaq möchte jetzt gerne die Nyse kaufen. (Foto: AFP)

Aber es wirkt schlicht infantil, wenn die Nasdaq gerade jetzt - wenige Wochen, nachdem die Deutsche Börse ein Angebot für die New York Stock Exchange (Nyse) gemacht hat - selbst eine Offerte vorlegt. Auf diese Idee hätte die Technologiebörse schon früher kommen können, und das nicht nur, weil die beiden US-Börsen geografisch fast Nachbarn sind. Das kindische Verhaltens sagt aber nichts über die Erfolgsaussichten aus. Die Wirtschafts-Geschichte zeigt ja, dass Fusionsphantasien manchmal den Verstand und den Vorstand besiegen, ungeachtet aller Argumente. Man denke da nur an die angeblich himmlische Heirat von Daimler und Chrysler.

Es ist also möglich, dass die Deutschen nun doch nicht die Wall Street bekommen - ganz einfach, weil sich der Deal zu einem höheren Preis für die Deutsche Börse nicht mehr lohnt. Es ist aber auch möglich, dass die Frankfurter Strategen eine Schippe drauflegen. Irgendwann geht es bei solchen Konflikten auch ums Prinzip, sich nicht in die Suppe spucken zu lassen. Die Deutschen sinnieren darüber, wie viel ihnen diese Prinzipientreue wert ist. Der nun angestoßene Bieterwettbewerb beschreibt deshalb gut, wie verzweifelt die großen und kleinen Börsenbetreiber weltweit sind. Größe gilt als Allheilmittel - egal, was es kostet.

So müsste die Nasdaq einen Milliardenkredit aufnehmen, um den Deutschen die Nyse wegzuschnappen. Offenbar haben sie den Kredit aber noch nicht einmal endgültig zugesagt bekommen. Aber "Ich auch!" kann man ja schon einmal rufen. Außerdem gibt es berechtigte Zweifel, ob ein Zusammenschluss von Nyse und Nasdaq von den Aufsichtsbehörden überhaupt genehmigt werden könnte. Aber Bedenken gibt es bei der geplanten Fusion zu Deutsche Nyse auch.

Das Fusionsfieber steigt in der Branche der Börsen. Die Gefahr von Halluzinationen nimmt zu. Das Beste wäre wohl, jede der drei Börsen bliebe allein.

© SZ vom 05.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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