Michael Jackson: Nachlass:Goldene Nase

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Das Gespür des Investors Tom Barrack ist legendär. Doch als er die Neverland Ranch kaufte, wollte er nur Michael Jackson helfen. Dieser Kauf dürfte nun das Geschäft seines Lebens werden.

Angelika Slavik

Tom Barrack sieht nicht unbedingt so aus, wie man sich jemanden vorstellen würde, der mit Michael Jackson befreundet war. Barrack, 62, wirkt eher wie der Typ freundlicher Buchhalter: Glatzköpfig, mit einem sanften Lächeln und einer Vorliebe für Doppelreiher-Sakkos. Doch der US-Amerikaner ist Immobilieninvestor, und in seinen Kreisen gilt er als alles andere als spießig: Da ist er der Revoluzzer, der Exzentriker, der Popstar.

Der amerikanische Unternehmer Donald Trump sagt über ihn, Barrack habe "die Fähigkeit, in die Zukunft zu schauen, wie sonst keiner von uns". Und das US-Magazin Fortune nannte ihn 2005 gar "den besten Immobilieninvestor der Welt" und feierte seine "unkonventionelle Investmentstrategie".

Tatsächlich, sagt Tom Barrack, habe er überhaupt keine Strategie und hellsehen könne er auch nicht. Er nütze Gelegenheiten, das sei schon alles. Und er könne nicht wegschauen, wenn er irgendwo ungenütztes Potential sehe. Aber wie er zu diesem schillernden Ruf gekommen sei, das wisse er eigentlich nicht. Erfolg habe jedenfalls nichts mit Instinkt zu tun, und mit Glück schon gar nicht. Nur mit ordentlicher Arbeit.

Nachbarschaftshilfe als Geschäftsmodell

Im vergangenen Winter aber machte Barrack - aktuelle Nummer 701 auf der Forbes-Liste der reichsten Menschen der Welt - einen Deal, der die Mythenbildung rund um seinen untrüglichen Riecher weiter vorantreiben wird. Dabei sei es damals nicht ums Geschäft gegangen, sagt Barrack, zumindest nicht ausschließlich. Eher um Nachbarschaftshilfe.

Barrack wohnt im kalifornischen Santa Barbara, und im vergangenen Jahr befindet sich der Mann, dem das Grundstück nebenan gehört, in einer argen finanziellen Notlage. Die Villa verfällt seit Jahren, jetzt droht die Zwangsversteigerung. Es ist eine dieser "Gelegenheiten" für Tom Barrack - denn der klamme Nachbar ist Popsänger Michael Jackson und das marode Anwesen der Überrest der Neverland Ranch.

Barrack rettet Jackson vor den Banken, er kauft mit seiner Firma Colony Capital 50 Prozent an Neverland und zahlt dafür 23 Millionen Dollar. Gleich danach beginnt er die Villa zu renovieren, er plant, sie anschließend zu verkaufen. 80 bis 90 Millionen Dollar müsste Neverland dann einbringen, schätzt Barrack - die Hälfte des Gewinns gehört ihm, mit der anderen Hälfte soll "sein enger Freund" Jackson wirtschaftlich wieder auf die Beine kommen, das ist der Plan.

Lesen Sie auf der zweiten Seite, mit welchen spektakulären Geschäften Barrack bereits viel Geld verdiente.

Doch jetzt ist Michael Jackson tot - und Barracks Freundschaftsdienst dürfte zu einem der lukrativsten Immobiliengeschäfte aller Zeiten werden. Neverland wird sich wohl zu einer Pilgerstätte für Jackson-Fans aus aller Welt entwickeln - ähnlich wie Graceland, die ehemalige Villa von Elvis Presley.

Vor Presleys Tod knapp fünf Millionen Dollar wert, wird Graceland heute auf etwa 100 Millionen Dollar taxiert. Eine solche Entwicklung könnte auch das Jackson-Anwesen nehmen: Auf bis zu eine Milliarde Dollar wird der Wert von Neverland in der Branche derzeit geschätzt.

Es ist nicht das erste spektakuläre Geschäft des Tom Barrack: Einst stellvertretender Staatssekretär in der Regierung von US-Präsident Ronald Reagan, gründet der Enkel libanesischer Einwanderer 1991 die Investmentfirma Colony Capital. Barrack kennt keine Scheu vor fremden Märkten - und keine moralischen Bedenken, traditionelles Wertegerüst hin oder her. Er macht Geschäfte mit karibischen Diktatoren, texanischen Ölbaronen und saudischen Prinzen.

Barracks Planungskonzept

Er kauft, saniert und verkauft das New Yorker Plaza Hotel, es bleiben 160 Millionen Dollar Gewinn. Mit dem Londoner Hotel Savoy macht er das Gleiche, 270 Millionen landen am Ende in seiner Kasse.

Das japanische Fukuoka-Stadion erwirbt er, weil allein der Wert des Titaniums im Sockel den Kaufpreis übersteigt. Warum er der Einzige war, der das gemerkt hat? Weil die anderen eben nicht ordentlich gearbeitet haben, glaubt Barrack. Knapp 200 Leute beschäftigt Barrack weltweit, sie beobachten die lokalen Märkte, damit er auch keine Gelegenheit verpasst.

Daneben kauft er eine Reihe von Objekten in niedrigerer Preisklasse, vor allem in den Vereinigten Staaten. Bis 2006, dann setzt Colony Capital einen radikalen Schnitt und zieht sich komplett aus dem amerikanischen Immobilienmarkt zurück. Es seien "viel zu viele Dilettanten im Markt", sagt Barrack damals.

Ein paar Monate später platzt die Blase, die Immobilienmärkte in den USA brechen ein. Tom Barrack, der Mann ohne besondere Intuition, hält da schon Ausschau nach neuen Investitionsmöglichkeiten. Er findet sie in Asien, auf Sardinien - und nebenan, bei Michael Jackson.

© SZ vom 14.09.2009/gits - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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