Messe:Neue Ware

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Die extrem niedrigen Zinsen und das Wachstum der Stadt befeuern die Nachfrage nach Wohnungen in München. Welche Objekte noch zu haben sind und wo bald gebaut wird, zeigt die Messe MIM.

Von Andreas Remien

Wieder einmal hat der Münchner Immobilienmarkt einen neuen Rekord aufgestellt. Gut 12,6 Milliarden Euro haben Käufer laut Gutachterausschuss im vergangenen Jahr für Wohnungen, Häuser und Gewerbeimmobilien ausgegeben. Mit der Summe könnte man knapp 40 Mal die Allianz-Arena bauen. Oder eben Tausende Eigentumswohnungen kaufen. Die Nachfrage nach einer eigenen Immobilie in München ist unvermindert hoch, das Angebot ist knapp.

Der Geldumsatz bei Eigentumswohnungen ist laut Gutachterausschuss 2015 im Vergleich zum Vorjahr um gut 13 Prozent gestiegen, die Anzahl der Verkäufe dagegen um drei Prozent gesunken. Käufer haben also mehr Geld für weniger Wohnungen ausgegeben. Dies erklärt sich durch die abermals deutlich gestiegenen Preise: Wie die Daten des Analyse-Unternehmens Bulwiengesa zeigen, kostete im vergangenen Jahr eine Neubauwohnung in München im Durchschnitt 6500 Euro pro Quadratmeter. Damit zahlen Käufer gut zehn Prozent mehr als 2014 und knapp 80 Prozent mehr als vor zehn Jahren.

Die meisten Wohnungen werden schon während der Bauphase verkauft

Auf die Nachfrage wirken sich die gestiegenen Preise bisher kaum aus. Bauträger berichten, dass ein großer Teil der Objekte bereits in der Bauphase verkauft wird - vom Plan weg, wie es in der Branche heißt.

"Das gilt mehr denn je", sagt Artur Riedl, Vertriebsleiter bei der Bayerischen Hausbau und Sprecher der Münchner Immobilien Messe (MIM). Einige Anbieter verzichten selbst bei Großprojekten auf das Einrichten einer Musterwohnung, weil sich ohnehin genug Käufer für die Objekte finden. Manche kleineren Projekte sind bereits innerhalb weniger Wochen verkauft.

Völlig leer gefegt ist der Markt aber natürlich nicht. Außerdem kommen auch in diesem Jahr einige Neubauprojekte hinzu. Was es gibt und wo neue Objekte entstehen, zeigen jedes Jahr im Frühling Bauträger und Makler auf der MIM in der Kleinen Olympiahalle. "Viele Neubauprojekte werden ganz frisch auf der Messe präsentiert", verspricht Riedl. Weil Wohnungen derzeit sehr schnell verkauft würden, hätten Messebesucher so einen Zeitvorsprung. "Die Veranstaltung hat sich als Marktplatz der Münchner Immobilienbranche etabliert", sagt Florian Forster, Geschäftsführer der acm Werbeagentur, der Veranstalterin der MIM.

Laut Forster präsentieren die 55 Aussteller deutlich mehr als 5000 Wohnungsangebote im Großraum München. Neben Großprojekten sind auch kleine Vorhaben mit etwa 20 Wohnungen im Angebot. "Auf der MIM ist das gesamte Spektrum vertreten", betont Forster. Das gelte auch für die Preise. Im Angebot seien "alle Preisklassen", also auch vergleichsweise günstige Wohnungen. Hauptzielgruppe der Messe: der ganz normale Münchner Wohnungskäufer. Dieser sucht immer häufiger nicht nur im Stadtgebiet, sondern auch im Umland oder anderen Städten der Metropolregion. Auf der MIM werden daher auch Projekte außerhalb Münchens vorgestellt, zum Beispiel Wohnungen in Augsburg.

Ginge es nach den Bauträgern, könnten sie im Münchner Umland noch wesentlich mehr bauen. Viele Gemeinden scheuen sich jedoch davor, Bauland auszuweisen. Erstens ist der Widerstand bei den Bürgern vielerorts groß, zweitens verursachen Neubaugebiete in den kommunalen Haushalten erhebliche Kosten. "Man kann die Kommunen nur überzeugen, wenn man sie finanziell unterstützt", sagte kürzlich auf dem Bayerischen Immobilientag Baywobau-Vorstandssprecher Alexander Hofmann, Vizepräsident des BFW Bayern und Sprecher der MIM. Kommunen sollten es außerdem ermöglichen, dichter zu bauen, fordert Hofmann.

Ob im Umland oder in München: Ein großes Hemmnis sind nach wie vor die langen Genehmigungsverfahren. "Die Zeitverzögerung ist aus Sicht der Bauträger das Hauptproblem", sagt Heike Piasecki, Niederlassungsleiterin von Bulwiengesa. In einer aktuellen Studie hat das Beratungsunternehmen die Kostentreiber im Wohnungsbau in Bayern untersucht. Lange Verfahren verhindern nicht nur, dass Wohnungen schnell auf den Markt kommen, sondern verteuern auch die Projekte. "Jeden Monat tickt beim Bauträger die Zinsuhr", sagt Piasecki. Immerhin: Viele Städte scheinen sich des Problems mittlerweile bewusst zu sein. "Die Kommunen arbeiten daran", sagt Piasecki. Mancherorts werden zum Beispiel Koordinierungsstellen geschaffen, die unter anderem verhindern sollen, dass sich kommunale Referate gegenseitig behindern und so die Verfahren blockieren. "Die Politik arbeitet verstärkt an der Lösung des Problems mit", bestätigt auch MIM-Sprecher Riedl.

Neben den Immobilienangeboten gibt es auf der MIM in der Kleinen Olympiahalle auch ein umfangreiches Vortragsprogramm. (Foto: Stefan Hilmer/MIM)

Der Druck auf den Münchner Wohnungsmarkt ist unvermindert groß. "Das Angebot wird kleiner, der Zuzug größer", sagt Riedl. Besonders das extrem niedrige Zinsniveau befeuert die Märkte. Zum einen machen die günstigen Finanzierungskonditionen den Kauf einer Immobilie attraktiv und für manche Käufergruppen überhaupt erst möglich. Zum anderen werfen verzinste Anlagen wie Bundesanleihen derzeit fast überhaupt keine Renditen mehr ab, sodass viele Kapitalanleger in Immobilien investieren. "Kaufen statt mieten", ist deshalb auch das Motto der MIM. "Viele Münchner wollen ihr Geld lieber in die eigenen vier Wände statt in die Miete stecken", sagt Forster.

Die Belastung der Mieterhaushalte ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Wer heute in München eine Neubauwohnung mietet, muss laut Bulwiengesa im Durchschnitt mit 15,70 Euro pro Quadratmeter rechnen. Das sind gut 40 Prozent mehr als vor zehn Jahren. Damit sind die Mieten zwar deutlich gestiegen, aber bei Weitem nicht so stark wie die Kaufpreise. Für Kapitalanleger bedeutet dies - so wie in allen anderen deutschen Metropolen - fallende Renditen. Manche Bauträger berichten daher, dass sie wieder mehr Wohnungen an Selbstnutzer verkaufen. Sollten die Zinsen deutlich steigen, würde sich dieser Trend noch verstärken. "Die Zinsen sind der entscheidende Hebel", sagt Piasecki. Doch momentan gibt es kaum Anzeichen, dass dieser umgelegt wird.

© SZ vom 08.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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