Lighthouse:Über den Dingen

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In der Hamburger Hafencity steht ein neuer Leuchtturm. Er ist der Traum eines Bauunternehmers.

Von Sabine Richter

Seit jeher sind Menschen von Leuchttürmen fasziniert. Sie stehen für Fernweh, genauso wie für Heimweh. Wer einmal länger mit einem Schiff auf Reisen war und das Blinken eines Leuchtturmes entdeckt, kann diese Faszination nachempfinden.

Auch Arne Weber, Chef des Hamburger Bauunternehmens HC Hagemann, hat sich einst von einem Leuchtturm begeistern lassen. Weil die Pläne an den Behörden scheiterten, hat er sich "seinen" Leuchtturm in der Hamburger Hafencity selbst gebaut. Das "Lighthouse" an der Spitze der Baakenhafenhalbinsel ist soeben fertig geworden.

In einer Höhe von 20 Metern schwebt eine kreisrunde Wohnfläche von 280 Quadratmetern auf einer Spannbetonröhre und bietet einen Panoramablick über den Hafen, die Innenstadt, die Hafencity. Ein Rundbalkon mit etwa 60 Metern Länge liegt vor den Scheiben, die mit fahrbaren Lamellen vor Einstrahlung geschützt sind. Der Wohnraum lässt sich um den Kern herum völlig frei gestalten. Bewohner gelangen über einen gläsernen Fahrstuhl oder eine Wendeltreppe in ihre Wohnung. Sie müssen weder auf Balkon noch auf Garten verzichten; der Balkon liegt vor den Fensterscheiben, der 150 Quadratmeter große Garten liegt auf dem Dach, wo Solarpanels für die Stromversorgung sorgen.

Viele norddeutsche Unternehmen haben am Lighthouse mitgewirkt. Konzept und Idee stammen von Arne Weber selbst, gezeichnet wurde der Entwurf von den Hamburger Architekten BiwerMau, die Ingenieure von WTM haben das Tragwerk geplant. Weber nennt sie seine Lighthouse-Family.

Die Idee des Hamburgers mit Helgoländer Wurzeln gründet im Nordseeschlick; konkret war es der Leuchtturm Großer Vogelsand in der Deutschen Bucht zwischen den Sänden Schaarhörn und Vogelsand. 2003 hatte der Bauunternehmer das Leuchtfeuer erworben und es in ein kleines Hotel umwandeln wollen. Der Plan scheiterte jedoch an behördlichen Auflagen. Doch Weber hatte Feuer gefangen. "Ich kann mich noch genau erinnern, wie wir damals fasziniert oben auf dem Leuchtturm gestanden haben und Krabbenbrötchen aßen", erinnert sich der Unternehmer. "Das Gefühl war einzigartig, man glaubt, man schwebt". Dabei kam ihm der Gedanke, "warum baut man so etwas Ähnliches eigentlich nicht neu, am Wasser oder im Wasser"?

Mehr als zwei Jahre hat die Lighthouse Family intensiv entwickelt, entworfen, verworfen. Viele hielten die Pläne für eine fixe Idee. Nun schwebt der Bau über der Elbe. Offiziell vorgestellt wurde er 2014 auf der Messe Expo Real.

Nach dem Prototypen Lighthouse Zero spielt Weber weitere Varianten durch. "Ich kann mir statt der Alu- auch eine Holzverkleidung vorstellen", sagt er. "Das würde perfekt in die Berge oder auch an die See passen". Zumindest die Visualisierung ist schon fertig. Zudem könne man runde Scheiben einsetzen, die sich selbst verdunkeln oder bei größeren Versionen den Fahrstuhl in den Turm einbauen, was die Wartungskosten erheblich reduzieren würde.

Beim Prototypen ist er außen installiert. Auch deutlich größere und höhere Lighthouses sind auf dem Reißbrett schon fertig. Während das Grundmodell etwa fünf Millionen Euro kosten soll - für die kleine Version reicht ein Grundstück von 700 Quadratmetern aus - dürften Sonderwünsche den Leuchtturm noch um einiges verteuern.

Beim Bau musste der innovative Bauunternehmer, der auch den alten Hamburger Elbtunnel sanierte, durchaus Lehrgeld bezahlen. Statik, Brandschutz, Fahrstuhltechnik - vieles musste neu entwickelt werden, so dass der anfänglich kalkulierte Preis von rund drei Millionen Euro nicht zu halten war. "Wenn es das einzige Lighthouse bliebe, wäre es ein teurer Traum", sagt Weber."

Deshalb will Weber den Wohnturm weltweit vermarkten, vor allem in den USA und im arabischen Raum sieht er Chancen. "Das Interesse ist groß", sagt er. Auch der Rostocker Bürgermeister könne sich vorstellen, dass das Leuchtturmhaus auf der Mittelmole in Warnemünde als Sportzentrum bei Segelregatten diene. Gegen mögliche Plagiatoren hat sich Weber abgesichert: "Wir haben das Lighthouse als 3-D-Marke schützen lassen".

Nicht überall dürfte der futuristische Pilz in der Nachbarschaft willkommen sein, Baugenehmigungen sind wohl nicht so leicht zu bekommen. "Wir steigen erst jetzt in das Marketing ein", sagt Weber. "Bisher freuen wir uns, dass alle technischen Probleme geklärt sind und dass die Hamburger Sightseeing-Busse hier alle halten und anscheinend jeder das Gebäude mag".

Für etwa fünf Jahre soll der Prototyp auf dem Baakenhöft als Anschauungsstück stehen. Danach wird er vermutlich anderen Projekten im Zuge der Hafencity-Entwicklung weichen müssen. Die fehlgeschlagene Olympia-Bewerbung hat viele Pläne durchkreuzt; die Stadt wollte das Leuchtturm-Haus während der Olympiabewerbung auch für Besucher nutzen. Zwar ist das Lighthouse Zero voll eingerichtet mit Wohn und Schlafzimmer, Küche und Bad. Aber es bleibt ein Musterhaus - dauerhaftes Wohnen ist auf dem alten Hafenareal aus Gründen des Hochwasserschutzes noch nicht erlaubt.

© SZ vom 19.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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