Landesbanken:Fressen - und gefressen werden

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Vier Landesbanken machen nur Verluste. Die Gewinner unter den öffentlichen Banken wollen jetzt davon profitieren..

D. Deckstein, H. Einecke u. M. Hesse

Die Finanzkrise hat die Landesbanken kräftig durchgeschüttelt. Wie tief die Spuren sind, zeigt sich an den Jahreszahlen, die nun die meisten Institute vorgelegt haben, zuletzt an diesem Freitag die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Allmählich zeichnet sich ab, welche Institute die Krise überleben und welche untergehen könnten. Die Starken unter den Landesbanken wildern bei den Schwachen.

Selbst die größte Landesbank LBBW dürfte noch lange mit den Folgen der Finanzkrise zu kämpfen haben, auch wenn sie sich zu den Stärkeren zählt. Der neue LBBW-Chef Hans-Jörg Vetter sagt, es dauere wohl noch mindestens drei bis fünf Jahre, bis die Stuttgarter Bank wieder auf dem Stand der Geschäfte von 2007 sein werde. Ende letzten Jahres hat Vetter ein umfangreiches Restrukturierungsprogramm aufgelegt, das jährlich 700 Millionen Euro einsparen soll.

Für 2009 stehen tiefrote Zahlen in der Bilanz, auch wenn der Verlust von knapp 1,5 Milliarden Euro nicht mehr ganz so hoch ist wie im Vorjahr. Hatten Vetters Vorgänger Siegfried Jaschinskis sowie die öffentlichen Träger der LBBW vor der Krise noch hochfliegende Pläne und liebäugelten mal mit der WestLB, mal mit der BayernLB, so gibt sich Vetter bescheiden: "Die LBBW hat einen ausreichenden Beitrag zur Sanierung der Landesbanken geleistet", sagt er. Sein Sinnen und Trachten richte sich allein darauf, die LBBW wieder erfolgreich zu machen und den Eigentümern - Land, Kommune und Sparkassen - das geliehene Geld zurückzuzahlen.

"Kränzchen und Anbahnungsgespräche kein Thema"

Die hatten die Landesbank mit fünf Milliarden Euro Kapital und einer Bürgschaft von zwölf Milliarden Euro gestützt. "Irgendwelche Kränzchen und Anbahnungsgespräche sind für mich jedenfalls kein Thema", fertigt Vetter Fragen nach möglichen Fusionspartnern ab. Zwar hatte der baden-württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus schon davon gesprochen, dass er sich eine Privatisierung der LBBW dereinst vorstellen könne, aber davor hat Vetter andere Prioritäten: Sparen, Beteiligungen verkaufen, die Bilanzsumme um 40 Prozent abspecken. Die LBBW ist ein Beispiel dafür, dass die Eigentümer der Landesbanken, also die Bundesländer und die Sparkassen, das Heft des Handelns nicht mehr in der Hand haben. Auf der Druck der EU muss die WestLB als erste verkauft werden, vermutlich werden HSHNordbank und Bayern LB folgen.

Alle drei Institute wurden - wie die LBBW - mit staatlicher Hilfe gerettet und sollen deshalb den Eigentümer wechseln. Wer aber kauft kaum gesundete Landesbanken ohne ersichtliche Geschäftsmodelle? Noch immer schreiben die Krisenbanken rote Zahlen (Grafik). Die Zeit drängt, und private Käufer sind weit und breit nicht in Sicht. Deshalb wird der Verkauf in Einzelteilen immer wahrscheinlicher.

Beispielsweise haben die Sparkassen bereits geplant, die unverkäufliche Readybank der WestLB zusammen mit ihrer Leasinggesellschaft unter dem Dach der LBB zu einem Spezialisten für Konsumkredite zu schmieden. Für die Landesbank-Anteile an der Dekabank, dem Investmentfondsspezialisten der Sparkassen, interessieren sich regionale Sparkassenverbände. Andere gesunde Landesbanken, wie zum Beispiel die Helaba, sind dagegen vor allem an den Geschäftsbeziehungen zu den Sparkassen in Bayern und Nordrhein-Westfalen interessiert. Offenbar fragen sich etliche Sparkassen-Manager, warum sie teure Banken kaufen sollten, wenn ihnen günstige Adresskarteien auch ohne Kapitaleinsatz in den Schoß fallen.

So reden einige Sparkassen auch bereits von "landesbankfreien Zonen", also solchen Regionen Deutschlands, in denen es demnächst keine Landesbanken mehr geben wird. Vorbei sind die Zeiten, wo die Sparkassen peinlich auf regionale Grenzen achteten, um sich nicht gegenseitig ins Gehege zu kommen. Beschleunigt wird dieser Prozess durch den Rückzug der Sparkassen als Eigentümer der WestLB und BayernLB.

"Bank der deutschen Sparkassen"

Auch die relativ kleine LBB in Berlin hat ein Auge auf die Sparkassen in anderen Bundesländern geworfen. Die frühere Bankgesellschaft hat die aktuelle Krise weitgehend unbeschadet überstanden, weil sie schon einige Jahre zuvor durch eine Existenzkrise gegangen war. Immobilienspekulationen hatten die LBB Anfang des Jahrtausends an den Rand des Ruins geführt, das Land Berlin musste einspringen. Was LBBW, WestLB, BayernLB und HSH jetzt erleben, hat die LBB schon einmal durchgemacht: Sie bekam harte Auflagen von der EU, schrumpfte sich gesund, befreite sich von politischem Einfluss und verpasste sich ein neues Geschäftsmodell.

Heute agiert die LBB in Berlin wie eine große Sparkasse. Darüber hinaus versteht sie sich aber als "Bank der deutschen Sparkassen". Vorstandschef Johannes Evers will künftig mehr Konsumentenkredite, Kapitalmarktprodukte, Kreditkarten und Zahlungsverkehr für Sparkassen im ganzen Bundesgebiet anbieten. Andere Landesbanken will Evers nicht übernehmen, heißt es in Finanzkreisen. Doch wenn die angeschlagenen Landesbanken Geschäftsbereiche abstoßen, wie die EU es fordert, dürfte auch die LBB mitbieten. Interessant könnte beispielsweise das Zahlungsverkehrsgeschäft der WestLB für die Berliner sein.

© SZ vom 27.03.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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