Kreditwürdigkeit zurückgestuft:Griechenland - in die Ecke gedrängt

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Spekulationen um den Euro-Ausstieg, Berichte über Geheimtreffen von Eurostaaten: Griechenland verliert das letzte Vertrauen. Politiker versuchen zu beschwichtigen - doch die Ratingagentur Standard & Poor's hat bereits zum nächsten Schlag ausgeholt.

Nach dem Geheimtreffen der großen Euroländer läuft die Debatte über ein zweites Hilfspaket für Griechenland auf Hochtouren. Ein Austritt Griechenlands aus der Währungsunion als Lösung der Schuldenkrise wird von allen Seiten kategorisch ausgeschlossen. Nach Medienberichten sind aber längere Laufzeiten und niedrigere Zinsen für das 110 Milliarden schwere erste Rettungspaket sowie eine Umschuldung im Gespräch.

Die Finanzmärkte reagieren nervös auf die neuen Spekulationen: Der Euro geriet unter Druck und die Zinsen auf griechische Anleihen stiegen weiter. (Foto: Bloomberg)

Die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) hat sofort reagiert und die Kreditwürdigkeit Griechenlands um weitere zwei Noten herabgestuft. Die Bonitätsnote werde von bisher "BB-" auf "B" reduziert, teilte S&P mit und signalisiert damit, dass die volle Rückzahlung griechischer Staatsschulden zunehmend unwahrscheinlich wird.

Auf der von A bis D reichenden Skala steht Griechenland jetzt auf einer Stufe mit Staaten wie Argentinien, Burkina Faso oder Ghana. Und es könnte noch schlimmer kommen: Trotz dieser Entscheidung ließ S&P den Ausblick auf "negativ" - es droht also eine weitere Herabstufung.

"Horrorvermutungen"

Die Ratingagentur begründete die Herabstufung mit der gestiegenen Gefahr, dass die staatlichen Gläubiger der Eurozone eine Verlängerung ihrer Laufzeiten akzeptieren könnten. Griechenland müsste dann seine Kredite erst später zurückzahlen. Die Gefahr aus Sicht der Agentur: Bei einer solchen Verlängerung könnte der Staat eine vergleichbare Behandlung auch von privaten Gläubigern verlangen. Das macht ein Investment in Griechenland-Anleihen riskanter.

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe kritisierte die öffentliche Debatte um mögliche neue Griechenland-Hilfen der EU. "Wir halten nichts davon, mit immer neuen Horrorvermutungen zur Verunklarung beizutragen", sagte Gröhe nach den Sitzungen des CDU-Präsidiums und des CDU-Bundesvorstands. In beiden Gremien seien sowohl die Spekulationen um Griechenland als auch die Hilfen für Portugal Thema gewesen, sagte Gröhe, ohne Einzelheiten zu nennen.

Unterdessen befürwortete CDU-Vize-Fraktionschef Michael Meister einen weiteren Nachlass bei den Zinsen für die Hilfskredite. Davon will dann auch Irland profitieren, das bereits seit längerem niedrigere Zinsen für die Hilfen von EU und IWF anstrebt. Griechenlands Schicksal wird Mitte der Woche auch Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einem Treffen mit EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und Kommissionspräsident José Manuel Barroso beschäftigen, das sich um die ganze Bandbreite europäischer Fragen drehen soll.

Die großen Euroländer Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien hatten sich am Freitagabend in Luxemburg mit Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker, EZB-Präsident Jean-Claude Trichet und EU-Währungskommissar Olli Rehn getroffen.

Auch der griechische Finanzminister Giorgos Papakonstantinou war zu dem Krisentreffen eingeladen. Juncker hatte danach erklärt, ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone komme nicht in Frage. Doch sei wohl ein weiteres Anpassungsprogramm notwendig.

Die Finanzmärkte reagierten nervös auf die neuen Spekulationen: Der Euro geriet unter Druck und die Zinsen auf griechische Anleihen stiegen weiter. Trotz des drei Jahre lang laufenden Kreditpakets von EU, Euroländern und Internationalem Währungsfonds sowie seinem Spar- und Reformprogramm konnte Griechenland die Glaubwürdigkeit an den Märkten bisher nicht wiedergewinnen.

Wie die Welt aus Verhandlungskreisen berichtete, forderte Griechenland niedrigere Zinsen, zusätzliche Kredite und mehr Zeit beim Abbau des rund zehn Prozent hohen Haushaltsdefizits.

Papakonstantinou hatte öffentlich angeregt, der Rettungsfonds EFSF könne 2012 die geplanten Anleiheemissionen von 25 Milliarden Euro aufkaufen. Im Gespräch sei, die kürzlich schon auf siebeneinhalb Jahre verlängerte Kreditlaufzeit auf 15 Jahre zu verdoppeln, hieß es im Handelsblatt unter Berufung auf das Umfeld von EU-Kommissar Rehn.

Das Bundesfinanzministerium habe das Szenario einer "sanften" Umschuldung entwickelt, bei dem die Anleihegläubiger auf Zinszahlungen verzichten und die Laufzeit ihrer Forderungen strecken, berichtete die Zeitung unter Verweis auf deutsche Regierungskreise.

Widerstand in Finnland

Ein Sprecher von Finanzminister Wolfgang Schäuble dementierte das: "Das Thema Umschuldung steht nicht im Raum, wird nicht diskutiert, ist spekulativ." Auch gebe es keine Diskussion über längere Laufzeiten oder niedrigere Zinsen beim Rettungspaket für Griechenland.

Die Zinsen auf die Hilfskredite für Griechenland waren zuletzt erst um einen Basispunkt auf rund vier Prozent gesenkt worden. Meister sagte im Deutschlandfunk, Voraussetzung für noch niedrigere Zinsen sei, dass Griechenland seine Reformen vorantreibe und damit das Risiko eines Zahlungsausfalls senke.

Auch in Finnland, wo der Widerstand gegen weitere Euro-Rettungsaktionen groß ist, wurden Bedingungen genannt. Ein führender Abgeordneter der Sozialdemokraten, die über eine Regierungsbeteiligung verhandeln, sagte, günstigere Konditionen für Griechenland seien nur möglich, wenn das Land seine Schulden umstrukturiert und die privaten Gläubiger Verluste übernehmen. Es müsse einen Schuldenschnitt geben, sagte Erkki Tuomioja.

Niedrigere Zinsen für Hilfskredite wünscht sich auch Irland schon lange. Doch das Land hatte bisher keine neuen Reformen als Gegenleistung angeboten. In EU-Kreisen hieß es, die Regierung wolle zusätzliche Einsparungen zusagen. Der irische Ministerpräsident Enda Kenny sagte, er sei zuversichtlich, dass die Zinsen von knapp sechs Prozent gesenkt würden. Auch die EU-Kommission hoffe auf eine Entscheidung darüber in den kommenden Wochen, sagte ein Sprecher von Rehn.

© sueddeutsche.de/Reuters/dpa/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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