Konten gekündigt:Ärger mit dem Kapital

Lesezeit: 2 min

Kündigung aus politischen Gründen? Mehrere Banken haben die Konten einer linksradikalen Partei kassiert. Die wittert einen "organisierten Bankenboykott" - und zieht nun vor Gericht.

H. Freiberger u. M. Widmann

Ganz ohne Kapital geht es nicht. Das ist eine Erfahrung, die derzeit auch eine extrem antikapitalistische Partei machen muss, die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD). Zwei Großbanken haben ihr zuletzt Kontoverbindungen gekündigt; neue Institute zu finden, stellt sich als sehr schwierig heraus. "Eine Partei ohne Konto ist in Deutschland nicht existenz- und geschäftsfähig", beklagt der Gelsenkirchener Anwalt Peter Weispfenning, der im Zentralkomitee der Partei sitzt. So dürfe man laut Parteiengesetz keine Spenden über 1000 Euro in bar annehmen. Die Partei will sich das Gebaren der Banken nicht gefallen lassen. Deshalb sieht man sich demnächst vor Gericht.

Wahlplakat der MLPD: Die Partei ist bei Banken nicht beliebt. (Foto: Foto: ddp)

Konten nach 25 Jahren gekündigt

Die Deutsche Bank kündigte im November sechs Girokonten der MLPD, die nach Angaben der Partei seit 25 Jahren bestanden. Gründe für die Kündigung nannte das Institut nicht. Die Partei erstritt dagegen eine einstweilige Verfügung. Nun muss die Deutsche Bank die Konten weiterführen, bis der Fall im Sommer vor Gericht entschieden wird.

Schon Anfang 2009 hatte die Commerzbank das Privatkonto von MLPD-Chef Stefan Engel und seiner Lebensgefährtin gekündigt, auch ohne Angabe von Gründen. In diesem Fall sehen sich beide Parteien am Aschermittwoch vor dem Richter. Die Commerzbank soll dabei die Gründe für die Kündigung nennen. Beide Großbanken geben keinen Kommentar zu den Fällen ab. Zum einen handle es sich um laufende Verfahren, zum anderen sage man grundsätzlich nichts über Kundenbeziehungen.

Für die MLPD, die geschätzte 2300 Mitglieder hat, steht jetzt schon fest, was hinter den Kündigungen steckt: Sie vermutet einen "organisierten Bankenboykott". Zu diesem Schluss kommt die Partei auch, weil es nach der Kündigung durch die Deutsche Bank im November gleich mehrere Kreditinstitute ablehnten, ein Konto für die MLPD zu eröffnen. Darunter seien die Volksbank Ruhr Mitte, die SEB Bank, die Norisbank und die Stadtsparkasse Düsseldorf gewesen, sagt Anwalt Weispfenning. "Offensichtlich" habe es Absprachen unter den Banken gegeben. "Wir haben uns von Pontius zu Pilatus durchtelefoniert", aber niemand habe die Partei genommen - obwohl es "keine Probleme mit der Bonität gibt", sagt der Anwalt. "Die politischen Gründe liegen auf der Hand", findet Parteichef Engel.

Diffuse Absagen

Klar und deutlich äußert sich allein die Stadtsparkasse Düsseldorf. "Parteien, die nicht auf dem Boden des Grundgesetzes stehen, möchten wir am liebsten kein Konto geben", sagt ein Sprecher. Dennoch lenkte die Bank vor wenigen Tagen ein. Sie sehe "keine Möglichkeit, den Antrag des Landesverbands Nordrhein-Westfalen der MLPD auf ein Girokonto weiterhin abzulehnen", teilte sie mit. Die Absagen der anderen Banken waren nach Angaben Weispfennings allenfalls diffus. Einmal habe es geheißen, man könne "aus grundsätzlichen Erwägungen" kein Konto eröffnen, ein andermal, die Partei könne sich ja denken warum.

In der Tat steht die MLPD im politischen Spektrum am äußersten linken Rand. Der Verfassungsschutz stuft sie als linksextremistisch ein und sieht sie selbst unter den Linksextremen isoliert. In ihrem Programm fordert die MLPD "den Sturz der Diktatur der Monopolkapitalisten". Die Arbeiterklasse müsse sich beizeiten "zum bewaffneten Aufstand erheben". Auch strebt man "die Zerschlagung des bürgerlichen Staatsapparats" an, heißt es im Programm. Auf die Frage, was die MLPD verändern würde, wenn sie an der Regierung wäre, sagt Weispfenning: "Die Großbanken würden ihre Rolle verlieren."

Vielleicht ist das der wahre Grund, warum die Banken der Partei ein Konto verweigern: Sie fürchten, dass sie später einmal von ihr abgeschafft werden.

© SZ vom 10.02.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: