Katzen in Deutschland:Zwei Millionen Streuner

Es gibt wieder Nachwuchs, zwei bis sieben niedliche Tierkinder pro Wurf. Aber was, wenn sie keiner haben will, sie verwildern und sie sich auf der Straße durchschlagen müssen? Tierschützer fordern eine bundesweite Kastrationspflicht.

Von Marianne Körber

Es ist wieder soweit. Im Frühling hat die Katze Nachwuchs, pro Wurf etwa zwei bis sieben kleine Kätzchen. So niedlich sie sind, es sind oft zu viele. Finden die Tierhalter niemanden, der sie ihnen abnimmt, kommen sie - bestenfalls - ins Tierheim. Doch um zahlreiche Katzen kümmert sich keiner. Sie verwildern und schlagen sich auf dem Land oder in den Städten durch. Und paaren sich mit freilaufenden Katzen und kriegen nach einigen Monaten selbst wieder Kinder. Etwa zwei Millionen Katzen streunen durch Deutschland, schätzt der Deutsche Tierschutzbund. Was in ländlichen Gegenden meist kein großes Thema ist, führt in Städten zu Diskussionen.

Das Problem der starken Katzenvermehrung hat mehrere Aspekte; es geht um die Not dieser Tiere, aber auch um die Belagerung von Parks und Spielflächen und um die nach Ansicht von einigen Ornithologen gefährdete Artenvielfalt bei Vögeln. Und natürlich geht es um Geld. Denn werden "Fundkatzen" ins Tierheim gebracht, müssen sie nicht nur versorgt, sondern meist auch kastriert werden. Die Kosten dafür liegen etwa zwischen 50 und 100 Euro pro Tier, aufzubringen vom Tierheim, das sich wiederum je nach Träger aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden und Zuwendungen der Kommunen finanziert. Manche Gemeinden zahlen zum Beispiel für die Übernahme von Fundtieren aus ihrem Beritt, nicht aber für ausgesetzte und herrenlose Tiere.

Paderborn zählt zu den Vorreitern. In Bayern wird noch diskutiert

Doch in manchen Kommunen herrschen seit einiger Zeit strenge Regeln. Seit dem Dritten Gesetz zur Änderung des Tierschutzgesetzes vom 13. Juli 2013 können Landesregierungen Gebiete festlegen, in denen für frei laufende Haus- und Hofkatzen eine Kastrationspflicht gilt. Das haben einige Länder bzw. Städte auch umgesetzt. Paderborn zählt hier zu den Vorreitern. Auf der Homepage, dem virtuellen Rathaus, heißt es, dass männliche und weibliche Freigängerkatzen ab dem 5. Lebensmonat kastriert werden müssen, um eine Vermehrung zu verhindern. Und an die Adresse der Tierhalter gerichtet: "Gleichzeitig bleibt Ihre Katze hierdurch gesünder, weil die Gefahr der Ansteckung mit Katzenkrankheiten ohne Geschlechtsverkehr und Revierkämpfe deutlich geringer ist." Auch in Bayern wird das Thema derzeit diskutiert. Bei einer Sitzung des Umweltausschusses im bayerischen Landtag im April berichteten Experten von einer steigenden Anzahl verwilderter Katzen. Tessy Lödermann, Gründungsmitglied der Bayerischen Grünen und Vizepräsidentin des Deutschen Tierschutzbundes, Landesverband Bayern, nannte eine Zahl von etwa 100 000 verwilderten Katzen im Freistaat. Eine Kastrationspflicht für Freigänger-Katzen könnte auch in Bayern festgelegt werden, die Landkreise haben dafür eine Ermächtigung vom Freistaat bekommen.

Nach Angaben des Tierschutzbundes gibt es inzwischen einige hundert Städte, Gemeinden und Inseln, die dem Beispiel von Paderborn gefolgt sind. Doch die Organisation kämpft für eine möglichst flächendeckende Kastrations-, Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht und startete deshalb jetzt im Mai - passend zu den Mai- Kätzchen - eine "Kampagne, um Katzenelend zu mindern". Jeder, der sein Tier nicht kastrieren lasse, trage zum Leid der Straßenkatzen und weiteren Katzenschwemmen in den Tierheimen bei.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: