Hypo Real Estate:Eine Rettung, viele Fragen

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Der Untersuchungsausschuss zur Causa Hypo Real Estate ist unverzichtbar. Er dient der Aufklärung von Missständen - und zeigt zugleich, wie erpressbar der Bund ist.

Daniela Kuhr

18 Mal hat der Untersuchungsausschuss zur Skandalbank Hypo Real Estate (HRE) nun schon in Berlin getagt. Zwei weitere Sitzungen stehen noch aus. Es waren lange Tage, mit unzähligen kritischen Fragen. Berge von Dokumenten mussten beschafft und ausgewertet, Anhörungen vorbereitet und Zeugen geladen werden. Der Aufwand an Zeit und Kosten war enorm. Und doch gibt es nach wie vor keinen Beweis dafür, dass die Bundesregierung bei der Rettung der HRE im vergangenen Jahr eklatant versagt hat.

Die Hypo Real Estate musste massiv vom Staat gestützt werden, denn eine Pleite hätte katastrophale Folgen für das gesamte Finanzsystem gehabt. (Foto: Foto: ddp)

Natürlich lief nicht alles rund ab, aber alles andere wäre auch erstaunlich. Schließlich befand man sich damals, Ende September, kurz nach der Pleite der amerikanischen Bank Lehman Brothers in einer absoluten Ausnahmesituation. Die Finanzwirtschaft und der Staat hatten nur ein einziges Wochenende, um die HRE zu retten.

Hätte sich bis Montagmorgen keine Lösung gefunden, hätte die Pleite dieser Bank das gesamte Finanzsystem ins Wanken gebracht. Diese Dramatik dürfte mittlerweile allen bewusst sein, auch den Politikern der Opposition, die den Untersuchungsausschuss beantragt haben. Niemand, nicht einmal die Bundesbank oder die Finanzaufsicht, hatte es zuvor für möglich gehalten, dass ein Markt in so kurzer Zeit so austrocknen kann. Zur Rettung der HRE, das haben die Zeugenaussagen gezeigt, gab es keine Alternative.

In dieser Woche werden zwar noch Finanz-Staatssekretär Jörg Asmussen und Bundesfinanzminister Peer Steinbrück gehört, doch es wäre eine große Überraschung, wenn ihre Aussagen etwas enthielten, was sie selbst belastet. Hätte man sich daher den ganzen Ausschuss - und damit den Aufwand und die Kosten - sparen können? Nein.

Kritische Fragen sind nicht unsinnig, nur weil sie keinen Skandal aufdecken. Genauso wenig ist ein Untersuchungsausschuss überflüssig, bloß weil am Ende niemand zurücktreten muss. Ein Untersuchungsausschuss dient der Aufklärung von Missständen. Und es ist zweifellos ein Missstand, dass die HRE in eine solch dramatische Schieflage geraten ist. Es ist ein Missstand, dass Bund und private Banken Garantien von mittlerweile mehr als 100 Milliarden Euro gewähren mussten. Vor allem aber ist es ein Missstand, dass der Bund nun Eigentümer einer maroden Bank ist, deren Abschreibungsbedarf endlos zu sein scheint und die zudem von ihren Aktionären auf viele Millionen Euro verklagt wird - Geld, das im Zweifelsfall die Steuerzahler werden aufbringen müssen. Am Ende konnte der Bund nicht mehr anders, als die Bank zu verstaatlichen. Doch dass nun aufgeklärt wird, wie es zu all dem gekommen ist, darauf hat die Öffentlichkeit einen Anspruch. Schon allein wegen der Beträge, um die es geht.

Für die Bundesregierung ist das natürlich lästig. Ihr wäre es am liebsten, wenn man ihr einfach glauben würde, dass sie die Dinge damals im Griff hatte. Doch Parlamentarier, die sich mit solchen Beteuerungen zufriedengeben, haben die Verantwortung ihres Amtes nicht begriffen. Es ist ihre Aufgabe, die Regierung zu kontrollieren. Wie wichtig diese Aufgabe ist, hat das Bundesverfassungsgericht gerade erst in mehreren Entscheidungen wieder deutlich gemacht.

Die bisherigen Sitzungen des Ausschusses mögen zwar keinen Skandal aufgedeckt oder Beweise für ein Versagen der Regierung geliefert haben, aber sie haben dennoch wichtige Erkenntnisse befördert. So hat sich in erschreckender Weise gezeigt, wie schnell eine einzelne Bank das ganze Finanzsystem in den Abgrund stürzen kann. Es hat sich gezeigt, wie erpressbar der Bund genau deshalb ist. Und es haben sich Defizite bei den Befugnissen der Finanzaufsicht gezeigt. Selbst wenn das die einzigen Erkenntnisse bleiben sollten, die der Ausschuss liefert, hat sich seine Einberufung gelohnt. Denn eine künftige Bundesregierung zieht hoffentlich die nötigen Konsequenzen daraus.

© SZ vom 19.8.2009/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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