Heimwerker:Sägen, bohren, hämmern

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Erst ausrüsten, dann loslegen: Schutzkleidung und gutes Werkzeug ist wichtig. Von Billigware raten Experten meist ab. (Foto: imago/Westend61)

Immer mehr Hausbesitzer renovieren selbst. Youtube-Videos zeigen, wie auch komplizierte Arbeiten gelingen. So leicht, wie es im Internet aussieht, ist es dann aber meist doch nicht.

Von Berrit Gräber

Die einen schlagen die Badfliesen eigenhändig von der Wand ab. Die anderen verlegen ihr Parkett selbst, malern, verputzen, dämmen das Dach. Do-it-yourself (DIY) beim Renovieren zuhause ist beliebt. Immer mehr Heimwerker trauen sich sogar an knifflige Estrich-, Beton- oder Elektroarbeiten ran. "Selber machen boomt", bestätigt Eva Reinhold-Postina vom Verband Privater Bauherren (VPB). Tausende Videos selbsternannter Handwerker auf dem Internetkanal You-tube bieten konkrete Anleitungen für fast jedes Verschönerungsprojekt daheim. Wer zwei linke Hände hat, kann sich in Seminaren vieler Baumärkte auf die Sprünge helfen lassen. Was der Heimwerker selbst erledigt, muss er nicht bezahlen. Handwerker sind teuer. Aber: Nicht jedes DIY-Projekt gelingt. Hier einige Tipps, damit Arbeiten in Eigenregie nicht zum Misserfolg werden.

Kein Geiz bei Arbeitsmitteln

Ob mauern, malern, fliesen, hämmern - wer selbst anpacken will, braucht geeignetes Werkzeug. Billigware besser meiden, das ist der Expertenrat von Stiftung Warentest. Auf Stichsägen, Akku-Bohrschrauber, Schlagbohrmaschinen oder Winkelschleifer zum Spottpreis ist selten wirklich Verlass. Tests zeigen, dass Geräte für kleines Geld oft wenig leistungsfähig sind, schnell den Dienst versagen - und den Heimwerker am Ende nur viel Zeit und Geld kosten. Je stärker die Geräte belastet werden, desto schneller gehen sie kaputt. Oft reicht die Motorleistung für vernünftiges Arbeiten von vornherein nicht aus. Freude macht das nicht. Tipp: Wer sich Arbeitsmittel neu anschafft, sollte nicht nur auf den Preis achten.

Schutz muss sein

Was Profi-Handwerker in ihrer Ausbildung lernen, muss auch für Do-it-yourself-Laien gelten: Wer mit Werkzeug und Baumaterialien hantiert, braucht die richtige Arbeitskleidung, um Verletzungen zu vermeiden. Sonst gehöre man schnell zu den 300 000 Bürgern, die jährlich nach Heimwerkerunfällen beim Arzt landen, warnt die Aktion "Das sichere Haus". Wer schlampt, gefährdet sich nur selbst. Scharfe Badfliesen abschlagen in Shorts und Flip-Flops ist beispielsweise keine gute Idee, auch wenn es noch so heiß ist. Bei Säge-, Abriss-, Stemm- und Überkopfarbeiten sollten auch Heimwerker Schutzbrille und Handschuhe tragen, bei staubigen Arbeiten außerdem eine Atemmaske. Das Anrühren und Verarbeiten von Baustoffen wie Mörtel, Estrich, Beton oder Grundierungslösungen kann die Haut verätzen und schlimme Augenverletzungen verursachen. Bei Metall- und Holzarbeiten sind Sicherheitsschuhe ratsam. Beim Arbeiten im Feuchten sind Baumwollhandschuhe mit Kunststoffüberzug wichtig. Sie durchweichen nicht so schnell. Und: Nur wer seine Baustelle penibel aufgeräumt hält, vermeidet Stolperfallen wie herumstehende Eimer oder Kabel.

Ein Plan muss her

Gehen Hobby-Handwerker ihr Renovierungsprojekt spontan an, läuft es nach den Erfahrungen des VPB in der Regel schnell aus dem Ruder. Viele Laien überschätzten ihr Know-how, den Faktor Zeit, ihre handwerklichen Fähigkeiten sowie das mögliche Einsparpotenzial, warnt Architektin Reinhold-Postina. Werkeln ohne Planung der Arbeitsschritte und vorherigen Kassensturz gehe garantiert schief. Schon beim simplen Streichen der Wohnung geraten Heimwerker häufig zeitlich ins Schleudern. Nur Geübte kalkulieren ein, dass auch das Umstellen, Abhängen und Ausräumen der Möbel einige Stunden Arbeit kostet. Bei komplexen Arbeiten wie der Badsanierung oder dem Dachausbau fällt noch stärker ins Gewicht, dass Laien am Bau die Routine und Erfahrung der Profis fehlt.

Wer nicht wochenlang daheim in einer Baustelle leben will, sollte einkalkulieren, dass er das Doppelte bis Dreifache an Zeit braucht wie gelernte Handwerker. Und dass beim Kauf vieler Fliesen, Waschbecken, Rollläden oder Zimmertüren bis zu sechs Wochen Lieferzeit durchaus üblich sind. Wer Aktionsware nimmt, sollte großzügig messen. Sie lässt sich oft nicht nachordern. Baumaterial darf nicht zu knapp eingekauft werden. Ungenutzte Fliesenpakete, Tapetenrollen, Estrich-Säcke oder Farbeimer lassen sich problemlos im Baumarkt zurückgeben. Der Finanzplan sollte immer mindestens zehn Prozent Puffer enthalten, rät Reinhold-Postina. Unverhofft kommt oft am Bau. Extra-Arbeiten und Sonderausgaben seien beim Sanieren und Renovieren an der Tagesordnung.

Realistisch bleiben

Je mehr der Heimwerker vom Fach versteht, desto mehr kann er mit DIY die Haushaltskasse entlasten. Aber: Mehr als fünf bis zehn Prozent Ersparnis im Vergleich zur Auftragsvergabe an Profis seien am Ende aber nicht wirklich drin, betont Jörg Sahr, Bauexperte von Stiftung Warentest in Berlin. Das Material muss ja auf jeden Fall bezahlt werden.

Der VPB hat mal nachgerechnet: Wer die Innenwände seines Hauses selbst grundiert, streicht und tapeziert, muss je nach Objekt 125 Stunden Eigenarbeit aufbringen, kann dafür aber bis zu 5000 Euro Mehrausgaben verhindern. Wer überall Fußböden selbst verlegt, muss bis zu 90 Stunden investieren. Die Belohnung: Gesparte 3500 Euro an Handwerkerlöhnen. Fliesen selbst anbringen verschlingt rund 50 Stunden und erspart Kosten von etwa 4200 Euro. Traut sich jemand an den Dachausbau in Eigenregie ran, muss er laut VPB-Rechnung nochmal gut 100 Stunden Zeit aufbringen. Ersparnis je nach Wohnort: Zwischen 3200 und 4000 Euro. Das eigene Können und Nervenkostüm realistisch einschätzen ist wichtig - und bares Geld wert. Muss der Hobby-Bastler auf halbem Weg doch Handwerker zur Hilfe holen, wird es immer teuer.

Das ist machbar

Mit ein wenig Geschick, guter Beratung und visueller Anleitung per Youtube-Video "kann man sehr viel in Eigeninitiative hinkriegen", ist Reinhold-Postina überzeugt. Die meisten Innenarbeiten seien für durchschnittlich begabte Laien zu meistern, auch wenn das Ergebnis nicht immer perfekt ausfalle. Dazu gehören unter anderem malern, Holzfenster und Türen abschleifen, neu streichen, tapezieren, Teppich, Laminat, Vinyl und Parkett verlegen, Fließestrich aufbringen, Trockenbauwände hochziehen, das Dach dämmen oder Möbel zimmern. Überflieger schaffen es sogar, eine Einbauküche selbst zu montieren. Beim Fliesenlegen kommen viele Heimwerker aber schon an ihre Grenzen. Je größer die Fliese, desto schwieriger wird es. "Das Zuschneiden und Verlegen ist dann Millimeterarbeit, fordert viel Verschnitt und wird häufig unterschätzt", gibt die Fachfrau zu bedenken. Wer sich Arbeiten nicht zutraut, sollte lieber von Anfang an Profis damit beauftragen. Das Beseitigen von DIY-Murks kommt garantiert teurer zu stehen und macht nur Ärger. Grundsätzlich gilt: Für Arbeiten, die man selbst ausführt, steht man auch selbst in der Haftung.

Das sollten Profis übernehmen

Selbermachen hat klare Grenzen. Auch wenn so manche DIY-Anleitung anderes empfiehlt: Laien sollten speziell von energetischen Sanierungen, von Arbeiten im Rohbau oder vom Trockenlegen eines feuchten Kellers die Finger lassen, wie der VPB rät. Das gilt auch für Arbeiten an der Statik sowie an den Anschlüssen und Leitungen für Strom und Wasser. Außerdem für anspruchsvolle Aufgaben wie den Ausbau des Dachgeschosses, das Abdichten und Dämmen des Kellers, den Fensteraustausch oder den Anbau eines Wintergartens. Vor allem die Installation der Elektrik, von Heizung und Sanitärtechnik sollte Fachleuten überlassen bleiben. Wer beispielsweise die Elektroleitungen im Haus selbst verlegt und kein qualifizierter Elektriker ist, riskiert ein Fiasko, wenn es wegen mangelhaft verlegten Leitungen zum Brand kommt.

© SZ vom 05.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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