Gold zu Weihnachten:Die große Schatzsuche

Randgold Resources Ltd.'s Kibali Gold Mine

Der Goldpreis mag zwar im Keller sein - der 22-Kilo-Barren, den ein Mitarbeiter einer Goldmine in Kibali im Kongo hält, ist trotzdem 800 000 Dollar wert.

(Foto: Bloomberg)

Mit Gold konnten Anleger 2014 nicht reicher werden. Wer vor zwei Jahren investierte, hat sogar oft viel Geld verloren. Mit Ausstellungen und Accessoires versuchen Händler, Kunden dennoch zu locken.

Von Simone Boehringer

Der Untergang der Nuestra Señora de Atocha. Ein passendes Bild für die Lage am Goldmarkt. Die Schätze aus diesem und anderen Segelschiffen, mit denen die Spanier im 17. Jahrhundert Gold von der Neuen in die Alte Welt schafften, faszinieren die Menschen. Immer noch - auch die Kunden von Degussa, einem der großen bankenunabhängigen Goldhändler in Deutschland. In einem Münchner Hotel hatte das Unternehmen im Sommer 4000 Jahre Münz- und Barrengeschichte aufgefahren, um die Menschen fürs Edelmetall zu begeistern. Da war der Goldpreis schon im Keller, da ist er immer noch. Weniger als 1250 Dollar kostet eine Feinunze Gold derzeit. Weniger als am Jahresanfang und viel weniger als vor gut zwei Jahren, zum Höhepunkt der europäischen Staatsschuldenkrise, als die Feinunze fast 2000 Dollar wert war und Gold als Krisenmetall gefragt war.

Aufwendiges Marketing mit "Emotions-Produkten"

Untergang also, preislich zumindest. Also muss Werbung her, andere Produkte, ein anderes Umfeld, um den Nimbus des Goldes als krisensicheres Metall am Leben zu halten, obgleich der Kursverfall das Gegenteil suggeriert. "Das Anlagegeschäft ist stark, aber eben auch zyklisch, deshalb diversifizieren wir", erklärt Wolfgang Wrzesniok-Roßbach, Geschäftsführer bei Degussa Goldhandel. Neben den klassischen Anlagemünzen und -barren gebe es deshalb vermehrt "Emotions-Produkte", erklärt er, vergoldete Rosen, silberne Teddybären oder Talismane - oder eben exklusive Ausstellungen durch die Kulturgeschichte.

Dass die ersten Barren 2000 vor Christus erst mal aus Bronze waren und Kuchenform hatten, erklärt Degussas Historiker, Robert Eberlein, den Interessierten. Und hängt sich eine Kette großer goldener Ringe an die Gürtelschlaufe. "Ein keltischer Geldbeutel, Statussymbol und Zahlungsmittel in einem. Wer Geld brauchte, knipste sich einfach ein Stück vom Ring ab." Das war dann schon 300 vor Christus.

Degussas großer Wettbewerber, Pro Aurum, macht gleichfalls aufwendiges Marketing. Vor einiger Zeit stellte das Unternehmen die größte Goldmünze der Welt aus, eine Tonne schwer und etwa 30 Millionen Euro wert, aus Australien. Zurzeit lockt Pro Aurum mit bemalten Skulpturen und Hinterglasmalereien ins Goldhaus nach München. Schließlich läuft das Weihnachtsgeschäft gerade. Gut, wenn es da zusätzliche Gründe gibt, zum Goldhändler zu gehen als nur für die Münzen und Mini-Barren, die Edelmetallfans gerne unter den Christbaum legen. Zu den Erlösen tragen die Geschenke allerdings wenig bei - "weniger als fünf Prozent des Umsatzes", sagt ein Pro-Aurum-Sprecher. Gleichwohl sei der November der umsatzstärkste Monat in diesem Jahr. "Es sind nach wie vor die geopolitischen Krisen und die Kursschwankungen am Goldmarkt, die die Edelmetallnachfrage am meisten steigern", erklärt Pro-Aurum-Geschäftsführer Robert Hartmann.

Gold-Absatz auf Rekordniveau

Auch Degussa meldet Rekordumsätze. Rund 15 Tonnen Gold seien allein im November bei deutschen Kunden abgesetzt worden, 40 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Bundesrepublik ist neben Indien und China eines der Länder mit der größten privaten Nachfrage nach dem Edelmetall weltweit. Und das, obwohl sich der Goldkurs seit Anfang des Jahres per saldo praktisch nicht verändert hat. Seit Dezember 2012 ist der Goldkurs sogar um mehr als ein Viertel gesunken. Zum Vergleich: Dax-Aktien veränderten sich auf Zwei-Jahres-Sicht prozentual in etwa um dasselbe, allerdings zum Positiven. Und auch im Vergleich zum Jahresanfang bleibt im Aktiendepot ein Kursplus von fast fünf Prozent hängen. Dies ist auch ein Grund, warum vor allem Profianleger im Laufe des Jahres einiges Vermögen umgeschichtet haben - eben in Aktien. Zumal westliche Zentralbanken und allen voran die europäische EZB versprochen haben, noch länger an der Nullzins-Politik festzuhalten. Das macht Anleihen im Vergleich zu Aktien unattraktiv.

Es bedeutet aber auch: Wer aus Absicherungsgründen in Gold investiert anstatt in Staatsanleihen, verpasst zurzeit wenig. Das Edelmetall bietet naturgemäß keine Zinsen. Doch die Kunden werden immer preissensibler. Hohe Aufgelder, wie etwa bei besonders beliebten und daher oft knappen Münzen wie dem südafrikanischen Krügerrand, werden nicht mehr ohne Weiteres akzeptiert. Dazu ist die Konkurrenz unter den Edelmetallhändlern schlicht inzwischen zu groß. "Anleger zeigen sich gut informiert und achten stark darauf, einen günstigen Einstandskurs zu erwischen", sagt Degussa-Geschäftsführer Wrzesniok-Roßbach. Und auch viele Banken haben zur Adventszeit das Münzen- und Barrengeschäft wiederentdeckt. Sogar der Bankenverband machte neulich Reklame für Gold. Auch wenn die Rohstoffabteilungen in den meisten Geldhäusern sukzessive ausgedünnt worden sind über die vergangenen Jahre, das Weihnachtsgeschäft mit dem Metall wollen sich die Institute nicht entgehen lassen. Alternativ werden von Geldhäusern und Vermögensverwaltern meist lieber Goldfonds und andere Wertpapierkonstrukte angeboten. Hier sind die Margen in der Regel höher, und es gibt mehr Möglichkeiten, auch kleinere Vermögen breit zu streuen, etwa über die Beimischung anderer Edelmetalle wie Silber, Platin, Palladium.

Zu viel Gold macht unflexibel

In einem Punkt sind sich Bankberater und Edelmetallhändler weitgehend einig. Es ist der Ratschlag, den auch eingefleischte Goldfans nicht vergessen sollten: Nicht alles auf eine Karte setzen. Bis zu zehn Prozent des Ersparten in Gold zu investieren gilt als sinnvoll zur Absicherung eines Depots gegen Inflation oder Deflation, Szenarien bei denen sich Gold in der Vergangenheit oft als recht robust erwiesen hat.

Und eines galt früher wie heute gleichermaßen: Wer sich zu schwer mit Gold belastet, wird unflexibel, wenn es abwärts geht. Das bekam auch die Besatzung der Nuestra Señora de Atocha 1622 zu spüren: Sie war das letzte und mit Waffen und Edelmetallen am schwersten beladene Schiff der Schatzflotte, die von der Karibik zurück nach Spanien segeln sollte. Das Schiff soll im Sturm auf ein Riff gelaufen sein, es sank sofort. Erst 1985 wurde der Schatz geborgen: 35 Tonnen Silber und 161 Gegenstände aus Gold im Wert von 400 Millionen US-Dollar holten Taucher aus dem Wrack, weiß Degussa-Historiker Eberlein. Zu viel Material hatte das Schiff manövrierunfähig gemacht.

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