Flexi-Rente:Dazuverdienen im Alter lohnt sich nicht für alle

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Einen flexiblen Übergang in den Ruhestand wünschen sich viele ältere Beschäftigte. (Foto: Andreas Prost/Imago)
  • Nicht alle Arbeitnehmer werden von den Hinzuverdienst-Regeln bei der Flexi-Rente profitieren.
  • Das haben Musterberechnungen der Stiftung Warentest ergeben.
  • Bei höheren Altersvollrenten könnte trotz Hinzuverdiensten am Ende weniger übrig bleiben.

Von Thomas Öchsner, Berlin

Viele Menschen wünschen sich einen gleitenden Übergang in den Ruhestand. Die einen wollen Rente und Arbeit miteinander kombinieren, weil sie etwas tun wollen, Geld benötigen oder schlichtweg Angst haben, sich zu langweilen. Die anderen würden gern schon vor dem Rentenbeginn schrittweise ein wenig kürzer treten.

Mit der Flexi-Rente, die zum 1. Juli 2017 in Kraft treten soll, wird dies zum Teil leichter. Doch nun zeigen Musterberechnungen der Stiftung Warentest, dass nicht alle Versicherte davon profitieren würden. "Es gibt auch Fälle, die sich mit der geplanten Flexi-Rente schlechter stellen", heißt es in einer Stellungnahme der Stiftung für den Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Der Abgeordneten-Ausschuss befragt an diesem Montag bei einer Anhörung Experten zum Thema Flexi-Rente.

Bisher gelten für Frührentner, die sich vorzeitig aus dem Arbeitsleben zurückziehen und dafür Abschläge von ihrer Rente hinnehmen müssen, starre Regeln: Wenn sie zum Beispiel nur einen Cent mehr als 450 Euro im Monat hinzuverdienen, werden nur noch zwei Drittel des Altersgelds und damit eine sogenannte Teilrente ausgezahlt. Nur zwei Monate im Jahr darf der Hinzuverdienst auf 900 Euro steigen, ohne dass es Abzüge von der Rente gibt.

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Die Koalition will dies mit dem Flexi-Rentengesetz ändern. Künftig soll eine Jahresgrenze gelten. Diese beläuft sich auf 6300 (14 mal 450) Euro. Liegt der Verdienst darunter, wird nichts mit der Rente verrechnet. Geht der Hinzuverdienst darüber hinaus, wird er zu 40 Prozent auf das gesetzliche Altersgeld angerechnet, aber nur bis zu einer Obergrenze des vorherigen Bruttogehalts. Maßgeblich ist dabei das Jahr mit dem höchsten Einkommen in den letzten 15 Kalenderjahren vor Rentenbeginn.

Bei höheren Altersvollrenten können sich Nachteile ergeben

Die Stiftung Warentest erkennt in ihrer Analyse an, dass "vermutlich die meisten Versicherten von den neuen Regeln profitieren". Dies gelte vor allem für diejenigen "mit durchschnittlicher oder niedriger Altersvollrente". Diese hätten "größere Spielräume für den Hinzuverdienst". Bei höheren Altersvollrenten könnten sich aber "je nach Höhe des Hinzuverdienstes deutliche Nachteile ergeben".

Die Verbraucherschützer rechnen mit zwei Musterfällen: Zwei Versicherte gehen mit 63, zwei Jahre vor ihrer Regelaltersrente, im November 2017 in Rente und nehmen dafür Abschläge in Kauf. Der eine kommt monatlich auf etwa 1040 Euro. Er ist nach Angaben der Stiftung bis zu dem recht hohen Hinzuverdienst von 2905 Euro mit der neuen Flexi-Rente besser gestellt. Für ihn könne teilweise eine um fast 200 Euro höhere Teilrente herausspringen.

Auch für den anderen Versicherten mit einer Altersrente von um die 1300 Euro kann die Neuregelung finanzielle Vorteile bringen. Etwa ab einem Hinzuverdienst von 2150 Euro würde die Teilrente allerdings geringer ausfallen als nach geltendem Recht. "Bei einem Hinzuverdienst von 2480 Euro wäre die Teilrente rund 170 Euro niedriger als jetzt", schreiben die Verbraucherschützer.

2015 nahmen nur 4000 Versicherte die Teilrente in Anspruch

Laut dem Gesetzesentwurf will die Koalition zwar keinen der Versicherten, die bereits eine Teilrente beziehen, schlechter stellen. Der Stiftung erscheint allerdings dies "für die Planung eines flexiblen Übergangs recht eng". Sie plädiert dafür, diesen Bestandsschutz zeitlich auszuweiten. Der rentenpolitische Sprecher der Grünen, Markus Kurth, geht sogar noch weiter: Er schlägt vor, den Zuverdienst nur dann anzurechnen, "wenn die Summe aus Zuverdienst und Teilrente das vorherige Einkommen nicht überschreitet. So stellen sich ausnahmslos alle Beschäftigen besser als nach geltender Lage".

2015 nahmen die Teilrente nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung gerade einmal gut 4000 Versicherte in Anspruch. "Wenn nun bei der Teilrente sogar Verschlechterungen drohen, werden erst recht nicht mehr Beschäftigte dieses Instrument in Anspruch nehmen", sagt Kurth. Auch die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände warnt davor, dass die geplanten Maßnahmen "nur sehr begrenzte Wirkung auf die Beschäftigung Älterer haben". Skeptisch ist ebenfalls die Deutsche Rentenversicherung (DRV). In ihrer Stellungnahme heißt es, die neuen Regelungen seien kaum geeignet, "Beschäftigte zu veranlassen, eine Teilrente in Anspruch zu nehmen und hierdurch länger im Erwerbsleben zu bleiben".

© SZ vom 17.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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