Finanzreformen:Hedgefonds an die Kette - gegen den Willen Londons

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Schluss mit dem undurchsichtigen Gewerkel: Brüssel zwingt den Hedgefonds mehr Transparenz auf. Nur London mauert - doch die EU-Staaten bleiben hart.

Das Maßnahmenpapier trägt einen harmlosen Namen. Doch hinter der Hedgefonds-Richtline, die in der vergangenen Nacht vom Wirtschaftsausschuss des Europaparlaments durchgewunken wurde, verbirgt sich Brisantes. Denn der Gesetzentwurf der EU-Finanzminister sieht eine Meldepflicht für alle Hedgefonds vor. Außerdem sollen sie dazu gezwungen werden, ihre Anlagestrategien zu veröffentlichen.

Finanzdistrict Canary Wharf in London: Die City stemmt sich gegen die schärferen Hedgefonds-Regeln - wohl vergebens. (Foto: Foto: apn)

Auf diese Weise soll ein wichtiges Ziel erreicht werden - der verschwiegenen Branche mehr Transparenz aufzuzwingen. Denn die riskanten Wetten der Hedgefonds haben nach Meinung zahlreicher Politiker zur Verschärfung der Griechenland- und dann der Euro-Krise beigetragen.

Unumstritten ist das Vorhaben nicht. Vor allem Großbritannien sträubt sich gegen schärfere Regeln für die Hedgefonds. Aus Sorge um den Finanzplatz London hat die britische Regierung bislang eine Einigung blockiert - nicht ohne Grund: In London sind etwa 80 Prozent der Hedgefonds angesiedelt. Kann das Vorhaben nun auch gegen den Willen Großbritanniens durchgesetzt werden?

London - notfalls überstimmt

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat bereits angedeutet, dass London notfalls überstimmt werde. "Ich glaube, das Großbritannien das einsieht. Das ist so in Europa: Wir sind eine Gemeinschaft und da gibt es auch Entscheidungen gegen ein einzelnes Mitgliedsland", sagte der CDU-Politiker. Schließlich halte eine klare Mehrheit der Staaten diese Regelung für zwingend notwendig. Schäuble sagte, er glaube, die Regierung in London habe akzeptiert, dass es eine Entscheidung geben werde, die nicht ihrer Position entspricht.

Der EU-Finanzministerrat hat sich über den Widerstand Großbritanniens mit seiner Entscheidung und das Vorhaben, nun Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament aufzunehmen, hinweggesetzt. Die inzwischen abgewählte Labour-Regierung in Großbritannien hatte geltend gemacht, als Hauptstandort von Hedgefonds in Europa dürfe nichts gegen ihren Willen entschieden werden. Normalerweise streben die EU-Staaten einen Konsens an, wenn eine Regelung ein Land besonders betrifft.

Ohnehin gibt es auch innerhalb Brüssels unterschiedliche Meinungen, was die Ausgestaltung der Hedgefonds-Richtlinie angeht. Nach dem Entschluss der Finanzminister müsste über einen Kompromiss zwischen ihrer Version und der des Parlaments verhandelt werden. Der Wirtschaftsausschuss möchte Fonds aus Drittstaaten wie den USA den Handel in Europa erlauben, wenn sie sich den neuen EU-Regeln unterwerfen. Im Entwurf der Minister ist eine Einzelregistrierungspflicht für jedes EU-Land vorgesehen.

Sollte es eine Einigung geben, könnten die verschärften Regeln im Juli in Kraft treten.

© sueddeutsche.de/apn/Reuters/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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