EU-Gipfel in Brüssel:Europas Zahlmeister verriegelt die Kasse

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Zeitenwende in Brüssel: Deutschland verweigert unter Kanzlerin Merkel erstmals seine Rolle als eilfertiger Zahlmeister, wenn es in Europa brennt.

Die Einigung über die Hilfen für Griechenland beim Brüsseler Gipfel sind eine Zäsur. In Europa werden die Uhren anders gestellt, denn Deutschland verabschiedet sich aus seiner Rolle als europäischer Zahlmeister.

Bislang galt: Wenn in Brüssel mal wieder ein Kompromiss nötig wurde, griff erst Bonn und später Berlin irgendwann einmal in die eigene Kasse - zum Wohle der europäischen Partner.

Doch diese Form der einseitigen Solidarität gibt es nun nicht mehr: "Ein guter Europäer ist nicht unbedingt der, der schnell hilft", hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor ihrer Abreise nach Brüssel in einer Regierungserklärung erklärt. Damit brachte sie noch einmal ihre harte Haltung auf den Punkt, mit der sie schon seit Wochen ihre europäischen Kollegen genervt hatte.

Zwei neue Bedingungen

Stattdessen hatte sie die beinharte Kanzlerin gegeben, die nicht nur jede konkrete Hilfszusage abschlägt, sondern sogar Gespräche über Griechenland in größerer Runde ausschließt. Frankreich und Spanien ließ sie mit deren Vorschlag für einen Sondergipfel in der Eurozone auflaufen. Sie wisse nicht, was man da zu bereden hätte, ließ Merkel mitteilen.

Den Befürwortern schneller EU-Hilfen entzog sie damit schon im Vorfeld des Brüsseler Gipfels immer mehr die Grundlage. Bilaterale europäische Hilfsgelder werden nach der Brüsseler Einigung nun zwar im Notfall fließen, doch Merkel setzte zwei neue Bedingungen durch: Der Internationale Währungsfonds (IWF) wird beteiligt und die Hilfen gibt es nur im äußersten Notfall.

Die anderen Gipfelteilnehmer, die den amerikanisch dominierten IWF mit seinen strengen Richtlinien aus Europa heraushalten wollten, mussten sich fügen. Denn einen Notfallplan ohne die Beteiligung der größten Volkswirtschaft Europas hätte an den Finanzmärkten keinen Bestand gehabt.

Die vereinbarte Paketlösung Merkels sieht nun vor, dass die möglichen Hilfen des IWF für Griechenland zehn bis zwölf Milliarden Euro betragen könnten. Den Gesamtbedarf Griechenlands beziffert ein hochrangiger EU-Vertreter aber auf 22 bis 30 Milliarden Euro. Die fehlenden zwölf bis 20 Milliarden müssten dann die Euroländer zuschießen.

Im äußerten Fall 5,4 Milliarden Euro

Die Beiträge der einzelnen Eurostaaten sollen sich nach dem Kapitalschlüssel der Europäischen Zentralbank richten, auf Deutschland entfiele demnach ein Anteil von 27 Prozent der Gesamtsumme. Das wären im äußersten Fall 5,4 Milliarden Euro.

Diese Kredite werden aber nur als allerletztes Mittel, als Ultima Ratio gewährt und müssen von allen 16 Staaten der Eurozone einstimmig genehmigt werden. Deutschland könnte also auch in diesem Notfall immer noch ein Veto einlegen.

Für den Rückgriff auf das europäische Hilfspaket müsste Athen zudem tief in die Tasche greifen, denn für die Kredite der Partnerstaaten würden marktübliche Zinsen fällig.

Der deutsche Fiskus darf sich freuen.

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