Bundesbank: Nagel beerbt Sarrazin:Hurra, es ist ein Interner

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Gesucht - und in den eigenen Reihen gefunden: Der Bundesbanker Joachim Nagel zieht als Sarrazin-Nachfolger in den Vorstand ein. Er gilt als gut verdrahtet.

Es ist ein Interner: Der bisherige Zentralbereichsleiter Märkte der deutschen Notenbank, Joachim Nagel, soll Nachfolger des vor gut einem Monat zurückgetretenen Thilo Sarrazin im Vorstand der Bundesbank werden.

Die Bundesbank hat einen Nachfolger für Thilo Sarrazin gefunden. Joachim Nagel soll in den Vorstand einziehen. (Foto: dpa)

Die Landesregierungen von Rheinland-Pfalz und dem Saarland würden den 44 Jahre alten promovierten Volkswirten dem Bundesrat als Nachfolger Sarrazins vorschlagen, teilten die Staatskanzleien beider Bundesländer mit.

Nagel steht der SPD nahe, arbeitet seit elf Jahren bei der Bundesbank und leitet seit zwei Jahren deren im Auftrag der Europäischen Zentralbank (EZB) durchgeführten Geldmarktoperationen mit den deutschen Geschäftsbanken. Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) und sein rheinland-pfälzischer Kollege Kurt Beck (SPD)erklärten, für die Auswahl Nagels seien dessen "hervorragende Fachkenntnis" und "erstklassiges, aktuelles Wissen über die Finanzmärkte und die beteiligten Institutionen und Marktteilnehmer" ausschlaggebend gewesen.

Die beiden Bundesländer haben das Vorschlagsrecht bei der Personalie. Drei der sechs Mitglieder des Vorstands der Bundesbank werden von Bundesländern bestimmt, die drei anderen - darunter der Präsident - von der Bundesregierung. Sarrazin hatte im September nach einem heftigen Streit über seine umstrittenen Ausländer-Thesen sein Amt aufgegeben und war damit der vom Rest des Vorstandes beantragten Entlassung durch Bundespräsident Christian Wulff zuvorgekommen.

Der frühere Berliner Finanzsenator war erst 2009 von Berlin und Brandenburg zur Bundesbank geschickt worden. Er war dort mehrfach mit provokanten Thesen angeeckt, und bereits im Herbst 2009 hatte Bundesbankpräsident Axel Weber ihm einen Teil seiner Aufgaben entzogen. Die Querelen um Sarrazin hatten eine Debatte über das Besetzungsverfahren für den Vorstand bei der Bundesbank ausgelöst.

Nagel erfüllt viele der von Kritikern der Berufungspraxis geforderten Veränderungen. Der frühere Referent beim SPD-Parteivorstand ist ausgewiesener Fachmann auf seinem Gebiet und in der Bundesbank schon heute bestens verdrahtet.

Nagel kam 1999 als Büroleiter des damaligen Präsidenten der Landeszentralbank in Bremen, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt und späteren Bundesbank-Vorstand Hans-Helmut Kotz zur Bundesbank. Kotz, der im vergangenen Jahr nach Ablauf seiner Amtszeit aus dem Vorstand ausgeschieden war, hatte nach dem Sarrazin-Debakel einigen als ein möglicher Rückkehrer an den Vorstandstisch der Bundesbank gegolten. Nun steigt sein früherer Mitarbeiter Nagel auf.

Bundesrat muss noch zustimmen

In Notenbankkreisen zollten mehrere mit der Personalie vertraute Personen der Entscheidung Lob. Ein Sprecher wollte den Aufstieg Nagels nicht kommentieren. Der Bundesrat muss dem Vorschlag noch zustimmen. In Bundesbankkreisen hieß es, angesichts seines Werdegangs werde Nagel bei der nun anstehenden Neuverteilung der Vorstandsressorts wahrscheinlich seinen alten Bereich Märkte erhalten.

Für Marktoperationen ist bislang auf oberster Ebene Andreas Dombret verantwortlich. Der frühere Banker Dombret sitzt selbst erst seit wenigen Monaten im Vorstand der Bundesbank und verantwortet auch den wichtigen Bereich Finanzstabilität und vertritt Bundesbank-Chef Weber in vielen internationalen Gremien, etwa beim Internationalen Währungsfonds. Angesichts der mit diesen Aufgaben verbundenen zeitlichen Belastung dürfte Dombret nicht unglücklich sein, wenn sein bisheriger Untergebener Nagel die Gesamtverantwortung für sein Steckenpferd "Märkte" übernehmen würde. Der aus Karlsruhe stammende Nagel ist verheiratet und hat zwei Kinder.

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