Deutsche Bank: Kirch-Prozess:Diesmal ohne Siegeszeichen

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Josef Ackermann und Auftritte vor Gericht - das ist ein eigenes Kapitel. Vor sechs Jahren erregte der Deutsche-Bank-Chef die Gemüter, als er mit dem Victoryzeichen ins Gericht marschierte. An diesem Donnerstag tritt er als Zeuge beim Kirch-Prozess auf - wie der halbe Vorstand der Bank.

Martin Hesse

Am 21. Januar des Jahres 2004 hatte Josef Ackermann ein traumatisches Erlebnis. In einem Düsseldorfer Gerichtssaal hob der Chef der Deutschen Bank im Blitzlichtgewitter der Fotografen die rechte Hand und spreizte Zeige- und Mittelfinger mit strahlendem Lächeln zum Victoryzeichen. Weil er sich aber wegen des Vorwurfs der schweren Untreue im Zusammenhang mit der Mannesmann-Übernahme in dem Gericht befand, wurde die Geste zum Symbol für die Arroganz des Geldes im Allgemeinen und Ackermanns im Speziellen. Der Banker entschuldigte die Geste später damit, er habe den Popsänger Michael Jackson nachahmen wollen. Schließlich hätten ihm seine Berater empfohlen, nicht starr auf einen Aktenstapel zu schauen.

Sieben Jahre und vier Monate später steht Josef Ackermann wieder vor Gericht. Michael Jackson ist tot, er kann den Banker nicht mehr zu unüberlegten Gesten inspirieren. Außerdem erscheint der Bankchef als Zeuge vor dem Oberlandesgericht München, nicht als Beklagter. Doch wieder steht viel auf dem Spiel für Ackermann und seine Bank. Es geht um mindestens zwei Milliarden Euro. So viel Schadenersatz möchte der Medienunternehmer Leo Kirch von Ackermanns Vorgänger Rolf Breuer und der Bank. Wie ernst sie die Forderung in den Frankfurter Zwillingstürmen nehmen, zeigt die Tatsache, dass sie im Gerichtssaal eine Art Führungkräftetagung abhalten. Neben Ackermann sagen an diesem Donnerstag auch Aufsichtsratschef Clemens Börsig, Personalvorstand Hermann-Josef Lamberti und das frühere Vorstandsmitglied Tessen von Heydebreck aus. Die Bank selbst hatte angeboten, die Top-Manager als Zeugen aussagen zu lassen.

Die Ereignisse, auf die Leo Kirch seine Ansprüche gründet, liegen noch weiter zurück als Ackermanns Victoryzeichen. Am 4. Februar 2002 hatte Rolf Breuer in einem Interview indirekt Zweifel an der Kreditwürdigkeit Kirchs geäußert. Kurze Zeit später war dessen Mediengruppe insolvent. Seither will der heute 84-jährige Kirch Schadenersatz. "Der Rolf hat mich erschossen", sagte er einmal. Und Kirch hat auch ein Motiv ausgemacht, weshalb Breuer und die mächtigste Bank Deutschlands ihn sturmreif geschossen haben könnten: Sie hätten sich als Berater für eine Sanierung der Gruppe ins Spiel bringen wollen.

Knapp eine Woche vor Breuers folgenreichem Interview hatte der Vorstand der Deutschen Bank getagt. In der Sitzung, an der auch Ackermann teilnahm, berichtete Breuer über die schwierige Lage der Kirch-Gruppe, über ein mögliches Übernahmeinteresse des Australiers Rupert Murdoch und sagte, die Deutsche Bank sei gebeten worden, als Vermittler zu fungieren. Laut Protokoll beschloss der Vorstand, Kirch Beratung anzubieten. Es folgte Breuers Interview. Nun wollen Ackermann, Börsig und Co. das Gericht überzeugen, dass man Kirch nicht schädigen wollte.

In der Deutschen Bank spielt man die Bedeutung des Ackermann-Auftritts herunter. Schließlich hat der Bankchef 2006 einen weiteren Mannesmann-Prozess ohne verunglückte Gesten überstanden. In Bankenkreisen heißt es dennoch, sicher werde Ackermann minutiös darauf vorbereitet, was ihn am Donnerstag in München erwartet. Ackermanns prominentester Berater verfolgt den Prozess schon seit Februar aus nächster Nähe: der Beklagte Rolf Breuer.

© SZ vom 19.05.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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