Daten-Missbrauch:Helle Aufregung um Kreditkartentausch

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Tausende Kreditkarten werden derzeit ausgetauscht. Zu den Gründen geben die Kreditkartenorganisationen aber nur unbefriedigende Antworten.

Aus Angst vor Datenmissbrauch haben die Banken die möglicherweise größte Umtauschaktion von Kreditkarten in Deutschland gestartet. Allein die Volks- und Raiffeisenbanken haben wegen des Verdachts auf Datenklau bei einem Dienstleister in Spanien etwa 60.000 der von ihnen ausgegebenen Kreditkarten aus dem Verkehr gezogen, bestätigte ein Sprecher des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken.

Zehntausende Kreditkarten sind in den letzten Tagen ausgetauscht worden. (Foto: Foto: iStock)

Die Zahl der ausgetauschten Karten summiert sich damit auf gut 100.000. Es könnten allerdings noch weit mehr werden hießt es in Bankenkreisen, da noch nicht alle Institutsgruppen Details über mögliche Austauschaktionen veröffentlicht hätten. Für die Sparkassengruppe etwa liegen bislang noch keine Zahlen vor.

Intern oder extern attackiert

Insgesamt 24,6 Millionen Kreditkarten seien in Deutschland im Umlauf und die Zahl der ausgetauschten Karten spiegele bislang recht gut die Marktanteile der Banken wider. Daher sei es durchaus denkbar, dass noch weitere Kreditinstitute Karten tauschen würden.

Was genau in Spanien passiert ist, bleibt vorerst unklar. Nur so viel ist bekannt: Offenbar ist ein Unternehmen, das Kreditkartendaten zur Abwicklung des Zahlungsverkehrs bearbeitet, intern durch Mitarbeiter oder extern etwa durch Hacker attackiert worden. Genauere Informationen über den Namen des Unternehmens und die Art der Attacke geben die Kreditkartenorganisationen mit Hinweis auf die laufenden Ermittlungen nicht heraus.

Das spanische Unternehmen habe die Kreditkartenunternehmen über möglicherweise betroffene Datensätze informiert, heißt es beim Zentralen Kreditausschuss (ZKA), dem Zusammenschluss der fünf Spitzenverbände der deutschen Kreditwirtschaft. Die Kreditkartenunternehmen hätten dann die Informationen an die Banken weitergeleitet. Ob die Finanzinstitute aber die Karten tauschten, bliebe ihnen selbst vorbehalten, sagte ein ZKA-Sprecher. Der Umtausch ist nach ZKA-Angaben mit Kosten von fünf bis zehn Euro pro Karte verbunden.

Kontoauszüge genau prüfen

Unklar ist bislang auch, ob tatsächlich schon Schäden aus dieser Datenattacke entstanden sind. Sowohl bei Visa als auch beim ZKA sind jedenfalls keine Missbrauchsfälle bekannt.

Die Kunden sollten aber genau ihre Kontoauszüge prüfen, betonte ein Visa-Sprecher. Ansonsten hätten sie nichts zu befürchten - für etwaige Schäden würden die Banken haften.

Keine Anhaltspunkte gibt es nach Angaben des Visa-Sprechers bislang dafür, dass auch Kunden betroffen seien, die nicht in Spanien waren. Ausschließen wollte er dies aber nicht.

Zahlungsverkehr zentralisiert

Die Umtauschaktionen dauern nun schon seit Wochen an. Die Karstadt-Quelle-Bank hatte bereits im Oktober 15.000 Plastikkarten aus dem Verkehr gezogen.

In der Vorwoche hatte zudem die Deutschlandtochter von Barclays bekannt gegeben, ebenfalls Tausende Karten auszutauschen.

Am Wochenende räumte nun außerdem die Lufthansa ein, Tausende ihrer Miles-and-More-Karten mit Bezahlfunktion zurückzunehmen. Auch ein Sprecher der Deutschen Bank bestätigte, dass derzeit mehr Kreditkarten ausgetauscht würden als üblich.

Die Umtauschaktion zeigt, dass sich Kreditkartenkriminalität verlagert. Standen bislang zunächst einzelne Missbrauchsfälle bei Händlern oder auch am Geldautomaten im Vordergrund, attackieren kriminielle Banden nun zunehmend die Back-office-Systeme der am Zahlungsverkehr beteiligten Organisationen.

Dort werden zahlreiche Datensätze auf einen Schlag abgezapft - entweder, um sie direkt zum Kartenbetrug zu verwenden, oder um sie weiterzuverkaufen.

Gleichwohl nimmt der Kartenmissbrauch ab: Bei Visa etwa lag der Anteil der missbräuchlichen Verwendung im Jahr 2008 bei fünf Cent pro 100 Euro Kartenumsatz. Vier Jahr zuvor waren es noch acht Cent gewesen.

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