Commerzbank:Meister im Schönreden

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Die Commerzbank treibt ein merkwürdiges Spiel: Es entsteht der Eindruck, das Institut beichte nur so viele Probleme, wie ihre Aktionäre noch verkraften können.

Martin Hesse

Es ist ein Weckruf für alle, die geglaubt haben, die Krise sei für die Banken bereits ausgestanden. Die schlechten Zahlen der Commerzbank führen vor Augen, dass zumindest das deutsche Bankensystem noch unter Stress steht und auf Jahre am Tropf des Staates hängen wird.

Ähnlich schlechte Ergebnisse dürften in den nächsten Wochen mehrere Landesbanken sowie die verstaatlichte Hypo Real Estate präsentieren. Beunruhigend ist nicht nur der hohe Verlust der Commerzbank. Erschreckend ist, wie Management und Aufsichtsrat um Martin Blessing und Klaus-Peter Müller die Eigentümer und damit auch die Steuerzahler, denen die Bank zu einem Viertel gehört, an der Nase herumführen.

Es ist normal, dass Manager ihre Unternehmen ein wenig stärker reden, als sie sind. Ähnlich wie Fußballtrainer versuchen sie damit, sich bei der Konkurrenz Respekt zu verschaffen und das Publikum hinter sich zu bringen. Bis 2008, noch unter Müllers Ägide also, ging das Rezept für die Commerzbank auf.

Mit selbstbewusster Rhetorik kaschierte Müller Schwächen, die nun offensichtlich sind. Schon mit dem Kauf der Immobilienbank Eurohypo 2005 und erst recht mit der Übernahme der Dresdner Bank 2008 halste sich die Commerzbank Risiken auf, die sie nicht im Griff hatte. Daran ist nicht allein die Finanzkrise schuld. Kritiker haben schon lange davor darauf hingewiesen, dass die Bank mit ihrer Strategie eine riskante Wette auf den Immobilienmarkt und die deutsche Konjunktur einging.

Auch Müllers Nachfolger Blessing hat die Lage bis zuletzt schöngeredet. Mehrfach hat die Commerzbank in den vergangenen 18 Monaten Optimismus verbreitet, die Anleger aber kurze Zeit später mit überraschend schlechten Zahlen verschreckt. Natürlich kann man den unerwartet hohen Verlust auch diesmal wieder erklären:

Die Bank steckt alle schlechten Nachrichten in das ohnehin verlorene Jahr 2009. Doch es könnte der Eindruck entstehen, die Commerzbank beichte immer gerade so viele Probleme, wie sie und ihre Aktionäre gerade noch verkraften können. Unklar ist, ob der Kurs mit dem Großaktionär Bund abgestimmt ist. Die privaten Investoren jedenfalls verschreckt Blessing zunehmend. Dabei braucht er gerade deren Vertrauen und Geld, will er die Commerzbank vom Staatseinfluss freikaufen.

Bis dahin aber ist der Weg weit für die Commerzbank. Und auch bei der HRE, bei BayernLB, WestLB, HSH Nordbank und LBBW ist nicht absehbar, wann sie ohne staatliche Hilfe wettbewerbsfähig sind. So unterschiedlich diese Institute sind, die alle irgendwann teilweise oder ganz privatisiert werden sollen, so haben sie doch einige Probleme gemeinsam. Sie alle müssen auf Druck der EU-Kommission drastisch schrumpfen. Das bedeutet, dass sie möglicherweise profitable Geschäftsbereiche verkaufen oder Wertpapiere unter Druck und mit Verlust abstoßen müssen, etwa Griechenlandanleihen. Ausgerechnet die deutschen Problembanken halten hohe Bestände an südeuropäischen Staatsanleihen.

Commerzbank und die anderen Institute erholen sich auch deswegen langsamer als etwa die Deutsche Bank, weil sie kaum noch im Investmentbanking vertreten sind. Dort verdienten die amerikanischen und einige europäische Großbanken zuletzt kräftig. Man mag diese Geschäfte kritisieren. Doch die im Investmentbanking führenden Häuser konnten so ihr Kapital stärken und zugleich mit unverschämt hohen Boni Spitzenkräfte von schwächeren Banken weglocken. Dagegen zehren Verluste die deutschen Krisenbanken weiter aus und erschweren ihnen den Zugang zu frischem Geld.

Schließlich treten die Commerzbank und die kranken Landesbanken in dem schon vor der Krise hart umkämpften deutschen Markt gegeneinander an. Sie alle sind mehr denn je auf ihr deutsches Kerngeschäft angewiesen. Bleibt die Konjunktur schwach oder rutscht das Land gar erneut in die Rezession, dann stehen deutschen Banken bittere Jahre bevor. Schadenfreude sollte darüber niemand empfinden. Bürger und Unternehmen werden als Steuerzahler und Kreditnehmer mitleiden.

© SZ vom 24.02.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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