Büroimmobilien:Fallende Renditen, steigende Preise

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Die Nachfrage ist ungebrochen, Objekte zwischen Elbe, Isar, Rhein und Spree sind begehrt. Sogar für veraltete Gebäude finden sich jetzt viele neue Verwendungsmöglichkeiten.

Von Helga Einecke

Nein, von einer Blase will man in der Branche nichts wissen. Gut, es gebe eine sehr große Nachfrage, die auf ein begrenztes Angebot treffe. Vielleicht die eine oder andere Übertreibung, aber solche Risiken, wie damals vor der Finanzkrise, will keiner sehen. Dabei ist der Appetit der Investoren nach deutschen Büroimmobilien ungebrochen. Die Objekte zwischen Elbe, Isar, Rhein und Spree bleiben gesucht.

Denn die größte Volkswirtschaft in Europa wächst weiter und mit ihr die Zahl der Beschäftigten, die einen Arbeitsplatz brauchen, vor allem in den Ballungsgebieten. Im ersten Halbjahr 2016 nahmen die Bürovermietungen in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg und München zu, die Leerstände gingen zurück. "Der Vermietungsmarkt ist in einer sehr guten Verfassung, vor allem in den fünf wichtigen Bürozentralen", fasst Fabian Klein vom Immobilien-Dienstleister CBRE die Lage zusammen.

Es gebe deutlich mehr Nachfrage als Angebot. Der Markt der Büroimmobilien sei durch fallende Renditen und steigende Preise gekennzeichnet. Besonders aggressiv gehe es in München und Berlin zu, dort gebe es einen großen Druck auf die Bestlagen. In der Hauptstadt seien das der Gendarmenmarkt, Immobilien an der Spree, in Kreuzberg.

Seit der Finanzkrise wurden nach den Berechnungen von CBRE in München und Berlin jeweils 27 Milliarden Euro mit Büroimmobilien umgesetzt, danach folgen Frankfurt und Hamburg mit 24 und 19 Milliarden Euro. In Europa hält London den Spitzenplatz mit 178 Milliarden Euro, gefolgt von Paris mit 98 Milliarden Euro. Nimmt man München, Berlin, Frankfurt, Hamburg und Düsseldorf zusammen, wird Paris jedoch getoppt.

Klein spricht auch von reger Nachfrage in Frankreich und Spanien, aber von einer Blase könne keine Rede sein. Vor allem für die großen Kapitalsammelstellen, also Versicherungen, Pensionsfonds oder Stiftungen, gehe nämlich Sicherheit vor Risiko. Im Zweifel weiche man auf Immobilien aus, die nicht direkt im Zentrum der Städte liegen. Angesichts der niedrigen Zinsen, an denen sich auf absehbare Zeit nichts ändern werde, führe an den Gewerbeimmobilien kein Weg vorbei.

Der Abbau der Leerstände hängt vor allem damit zusammen, dass Büroflächen veralteter Objekte umgewandelt werden, zum Beispiel in Wohnungen. In Frankfurt ist die Leerstandsquote mit 11,8 Prozent doppelt so hoch wie diejenige in Berlin, München oder Hamburg. Das hängt vor allem mit dem Schrumpfen des Finanzsektors seit der Finanzkrise zusammen. Dennoch werden in der Mainmetropole Spitzenmieten von im Schnitt 40 Euro erzielt, während Berlin und Hamburg mit 25 Euro je Quadratmeter noch vergleichsweise preiswert zu haben sind. Dabei könnte es nach CBRE-Schätzungen in den nächsten drei Jahren in Frankfurt bis auf 44 Euro, in München auf 37 Euro und in Berlin auf 30 Euro je Quadratmeter nach oben gehen. Im Falle Berlins wäre das eine Verdoppelung innerhalb von zehn Jahren.

Die anhaltende Nachfrage nach neuem Büroraum bestätigt Frank Pörschke, Geschäftsführer der Jones Lang LaSalle (JLL), mit dem Satz: "Die positiven Faktoren überwiegen für das zweite Halbjahr 2016." Es gebe deutlich mehr Geld und Nachfrage als Angebote. JLL rechne damit, dass in Deutschland in diesem Jahr Gewerbeimmobilien im Wert von 42 Milliarden Euro umgesetzt werden. "Das nenne ich stabil auf hohem Niveau", fügt Pörschke hinzu. Denn bereits im Jahr 2015 wurde mit 55 Milliarden Euro ein so hoher Wert erzielt wie zuletzt vor der Finanzkrise im Jahr 2007.

In den USA sind gemischt genutzte Gebäude schon lange im Trend

Zwar klagt die Branche über die niedrigen Renditen, ja, diese befänden sich gar auf einem Rekordtief. Aber es gebe - anders als vor der Finanzkrise - keine Auswüchse bei der Fremdfinanzierung. Immobilien seien eben sehr attraktiv und neben Gold eine Anlageklasse, die in diesem Zinsumfeld Wertsteigerungen oder zumindest den Erhalt des Vermögens verspreche.

Der Drang in die Immobilie oder in Fonds, die ihr Geld in Immobilien investieren, hat auch Folgen für die Modernisierung des Bestandes. Ältere Immobilien werden abgerissen, umgebaut, in Hotels oder Wohnungen umgewandelt. In den USA sind gemischt genutzte Gebäude, also teils bewohnte, teils mit Läden und Büros bestückte Komplexe, schon lange das A und O, auch weil man flexibler planen kann.

Deshalb gilt der Wandel der Büroimmobilien in Deutschland derzeit auch als ein Stück Normalität und Anpassung an das internationale Niveau. Neben den Büros spielen bei den Gewerbeimmobilien neue Standorte für den Einzelhandel, Kranken- und Pflegeheime und Studentenwohnheime eine Rolle. Auch hier schauen Investoren zunehmend auf Lagen etwas außerhalb der Zentren, die aber gut an den Verkehr angebunden sind.

Und noch ein Trend ist zu beobachten. Häufig gibt es schon Mieter, obwohl die Gerüste noch stehen, ja manchmal, bevor überhaupt die Baugrube ausgehoben ist. Die neue 3-D-Technik erleichtert die Vermarktung von Objekten, die nur auf dem Reißbrett existieren. Und viele große Mieter bevorzugen genaue Planungen. Auch dies wird als eine Form von Sicherheit vor Risiko gesehen.

© SZ vom 08.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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