Beteiligung privater Gläubiger:Standard & Poor's torpediert Griechenland-Lösung

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Erbittert kämpften die Politiker um ein Modell, mit dem sich die Banken auf freiwilliger Basis an den Griechenland-Hilfen beteiligen. Ihr Ziel: zu verhindern, dass Griechenland formal als pleite gilt. Ein in Frankreich ausgeheckter Rettungsplan schien die Lösung zu sein. Doch jetzt sagt die Ratingagentur Standard & Poor's: So geht es nicht.

Politik und Banken hatten sich geeinigt: Die privaten Gläubiger Griechenlands beteiligen sich an der Rettung des Landes - freiwillig. So sollte verhindert werden, dass eine Ratingagentur den Zahlungsausfall des Staates erklärt.

Die Statue der griechischen Göttin Athene an der Universität Athen. (Foto: dpa)

Doch nun scheint genau das nicht zu funktionieren: Die Agentur Standard & Poor's hat das aus Frankreich kommende Modell geprüft - und erklärt nun, dass Griechenland mit diesem Plan dennoch für zahlungsunfähig erklärt werden müsste, wenn auch nur partiell. Ein Zahlungsausfall Griechenlands würde massive Probleme für den Staat und die Finanzwelt mit sich bringen. Die Europäische Zentralbank dürfte beispielsweise griechische Anleihen nicht mehr als Sicherheit akzeptieren.

Das Modell der privaten Gläubigerbeteiligung, dem französische und deutsche Banken zustimmen, steht damit nun wieder zur Debatte. Beide vom französischen Bankenverband genannten Optionen würden wahrscheinlich zu einem selective default führen, erklärte Standard & Poor's. Denn beide Varianten würden den Gläubigern Verluste einbringen, schreibt Standard und Poor's. Die Analysten der Deutschen Bank hatten berechnet, dass sich das französische Modell für die Banken lohne.

Die zwei von Standard & Poor's abgelehnten Modelle sehen so aus:

[] Option I: 30 Prozent des Investments werden von Griechenland bei Auslaufen der alten Anleihen getilgt. Die Investoren legen die restlichen 70 Prozent des zurückgezahlten Geldes wieder an. 50 Prozent gehen in neue Griechen-Bonds mit 30-jähriger Laufzeit und einem Zins von 5,5 bis 8 Prozent, abhängig vom Wachstum der griechischen Wirtschaft. Die restlichen 20 Prozent fließen in eine Zweckgesellschaft, die damit Top-Papiere europäischer Institutionen kauft. Diese Papiere sollen als Sicherheit dienen für den Fall, dass Griechenland zahlungsunfähig ist.

[] Option II: Die Investoren stecken mindestens 90 Prozent ihres ursprünglichen Investments in neue Griechen-Bonds mit fünfjähriger Laufzeit. Dafür würden sie 5,5 Prozent Zinsen bekommen, aber keinerlei Garantien. Der Zinssatz entspricht in etwa dem Niveau, das Griechenland im aktuellen EU-Hilfspaket zahlen muss.Die Investoren bekommen ihr Geld zwar früher zurück als bei der Option I, müssen sich dafür aber mit weniger Rendite zufriedengeben.

In Bankenkreisen wird Option I als deutlich attraktiver bezeichnet.

Hürden für neues Griechenland-Paket

Die deutschen Landesbanken können der Kritik von Standard & Poor's Positives abgewinnen. "Das ist eine wichtige Wegweisung", sagte ein Sprecher des Landesbanken-Verbandes VÖB. Es sei gut, dass die Ratingagentur ihre Bedenken so frühzeitig geäußert habe. Das helfe den deutschen Instituten dabei, das französische Modell weiterzuentwickeln und den Vorbehalten Rechnung zu tragen. Von den anderen Bankenverbänden war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.

Die Finanzminister der Eurozone hatten am Wochenende die Zahlung der nächsten Tranche für das hochverschuldete Griechenland beschlossen und dem Staat damit eine Atempause verschafft. Dass sie noch nicht über ein neues mehrjähriges Kreditpaket für Griechenland entschieden haben, schreibt Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer den Rating-Urteil zu: "Offenbar spielt auch eine Rolle, dass die Finanzminister noch nicht den Segen der Rating-Agenturen haben."

Regierung und Finanzbranche hätten sich noch nicht auf ein Modell geeinigt, bestätigte ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums. Die Gespräche dauerten an. Die Bundesregierung und Spitzenvertreter von Banken und Versicherungen hatten sich vergangene Woche darauf verständigt, dass die privaten Gläubiger in Deutschland einen Beitrag von 3,2 Milliarden Euro an neuen Griechenland-Hilfen leisten.

Das Parlament in Athen machte vergangene Woche den Weg für neue Hilfen frei, in dem es weitere Sparpakete mit Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen auf den Weg brachte. Ein zweites Hilfspaket soll in den kommenden Wochen ausgearbeitet werden. Daran sollen sich auch private Gläubiger wie Banken und Versicherungen beteiligen, fordert beispielsweise der deutsche Bundestag (PDF-Datei).

Ökonom Hans-Werner Sinn rechnet damit, dass die Rettung verschuldeter Euro-Staaten teuer wird. Der Chef des Ifo-Instituts sagte der Bild: "Die Euro-Rettungsschirme gefährden die finanzielle Stabilität der Bundesrepublik Deutschland. Sie stehen am Beginn einer langen Kette von Rettungsschirmen und Hilfen, die Deutschland den Krisenländern wird geben müssen." Der Staat könne sein Geld aber nur einmal ausgeben: "Was nach Griechenland und Portugal fließt, um dort den Lebensstandard aufrechtzuerhalten, geht zulasten des Lebensstandards der Deutschen. Die deutschen Rentner werden zu den ersten Opfern der Rettungspakete gehören."

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