Auszeichnung:"Ein ruhiges Projekt"

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Ausgezeichnet: Die Abtei Michaelsberg in Siegburg hat den Mipim-Award in der Kategorie "Best Hotel & Tourism Resort" gewonnen. (Foto: HGEsch, Hennef)

Auf der Messe Mipim in Cannes wurden vor Kurzem die "Immobilien-Oscars" verliehen. Zu den Gewinnern zählt in diesem Jahr auch ein Beitrag aus Deutschland.

Von Christine Mattauch

Architektur, die man erst einmal gar nicht sieht: So gut ist das neue Tagungszentrum in die barocke Klosteranlage am Michaelsberg integriert, dass dessen Silhouette vom nahen Siegburg aus unverändert erscheint. Ausgerechnet diese zurückhaltende Arbeit des Kölner Planungsbüros Meyer Schmitz-Morkramer erhielt vergangene Woche eine glamouröse Auszeichnung: Gleich zweimal wurde das Katholisch-Soziale Institut (KSI) des Erzbistums Köln auf der Immobilienmesse Mipim mit einem Award bedacht, in der Kategorie "Bestes Hotel- und Tourismusprojekt" und mit dem Sonderpreis der Jury. Architekt Holger Meyer zeigte sich bei der Preisverleihung im französischen Cannes überrascht - üblicherweise stehen bei den sogenannten Oscars der Immobilienbranche eher spektakuläre Entwürfe im Vordergrund. "Es ist ein sehr ruhiges Projekt, das Tradition und Zukunft verbindet", sagte er.

Im Jahr 2010 hatte sich die Benediktinerabtei auf dem Michaelsberg aufgelöst, 946 Jahre nach ihrer Gründung. Mit dem KSI will das Erzbistum den Ort weiter als christliches Zentrum nutzen. Der Neubau mit 121 Hotelzimmern, Restaurant und Tagungsräumen soll für jährlich rund 400 Veranstaltungen zur Verfügung stehen. Der Entwurf von Meyer Schmitz-Morkramer wurde 2012 in einem Architektenwettbewerb gekürt: ein strenger, rechteckiger Baukörper mit Naturstein-Fassade und großen Fensterflächen, mehrstufig am Hang versetzt. Die Innenräume wirken schlicht, hell und trotz ihrer Funktionalität kontemplativ.

Es war der einzige deutsche Beitrag, der diesmal in Cannes prämiert wurde. In die Vorauswahl hatte es noch "pa1925" geschafft, ein Projekt in der Berliner Pasteurstraße 19-25, das eine Baulücke schließt und dabei einen Supermarkt einbezieht; außerdem der Berliner "Puhlmannhof", eine Revitalisierung mit historischen Bezügen. Außerdem ist am Siegerentwurf in der Kategorie "Innovatives grünes Gebäude" - ein futuristischer Hochhauskomplex namens Marina One in Singapur - das Düsseldorfer Architekturbüro Ingenhoven beteiligt.

Große Konkurrenz: 227 Teilnehmer aus 55 Ländern haben sich in diesem Jahr beworben

Seit 1991 werden die Awards im Rahmen der Messe Mipim verliehen; es gibt elf Kategorien. Die Veranstaltung in dem Saal, in dem auch die berühmten Filmfestpreise verteilt werden, ist stets ein Spektakel. Diesmal trat als Sondergast Alain Robert auf, der als "French Spiderman" die höchsten Wolkenkratzer erklettert und sich bei der Branche für die "urbanen Berge" bedankte.

Insgesamt 227 Projekte aus 55 Ländern hatten sich in diesem Jahr beworben. Ob sich am Ende überall die besten durchsetzen, darf man bezweifeln, denn das Verfahren ist eigenwillig. Eine zwölfköpfige Jury bestimmt eine Vorauswahl und nennt ihre Favoriten. Ihr Votum zählt jedoch nur zu 50 Prozent, weil es mit dem von Mipim-Besuchern gewichtet wird, die anhand von Kurzpräsentationen über die Nominierten abstimmen (ausgenommen ist nur der Jury-Sonderpreis). Da zählen Zufall, Patriotismus und die Frage, welche Büros wie gut vernetzt sind, wohl mindestens ebenso viel wie der Bau selbst. Gleichwohl ist das Signal, das die Awards senden, nicht zu unterschätzen - und das heißt in diesem Fall: Qualität vor Prominenz.

Meyer Schmitz-Morkramer ist ein renommiertes, großes Büro, zählt jedoch nicht unbedingt zu den Popstars der Zunft. Ihm könnten die Awards dabei helfen, auch über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt zu werden. "Uns reizt jetzt die Internationalisierung", sagt Caspar Schmitz-Morkramer.

Aber auch Große der Branche räumten ab: etwa Jean Nouvel mit dem noch zu bauenden Nationalmuseum von Katar (Bestes Zukunftsprojekt) oder das Schweizer Büro Herzog & de Meuron mit dem Mailänder Kombi-Bau Feltrinelli Foundation & Microsoft House (Bestes Bürogebäude). Die spektakuläre Neugestaltung der Hafenbehörde in Antwerpen in Form eines schwebenden Schiffs aus dem Büro der vor zwei Jahren verstorbenen Zaha Hadid gewann in der Kategorie "Beste Restaurierung".

Die Beispiele zeigen zugleich, dass bei den Awards noch immer Bauten aus der Alten Welt dominieren. Dabei hatte Jury-Vorsitzende Méka Brunel, Chefin der französischen Immobiliengruppe Gecina, ausdrücklich die Qualität der Beiträge aus Asien hervorgehoben: "Die Standards sind deutlich höher als in den Jahren zuvor." Einer der wenigen Erfolge von Schwellenländern war, in der Kategorie künftiger Großprojekte, der Mui Dinh Ecopark in Vietnam. Er soll ein 728 Hektar großes Gelände an der Ostküste in ein Resort von atemberaubender Dimension verwandeln - mit 7000 Hotelbetten, 500 Ferienvillen, Spielcasino, Freizeitpark und Strandclub. Trotzdem, oder gerade deshalb, soll das Ganze nachhaltig konzipiert werden. Wasseroasen und 20 Meter hohe Sanddünen bleiben unangetastet und dienen als Vorbild für das Gebäudedesign. Verantwortlich für den Masterplan zeichnet das Londoner Architekturbüro Chapman Taylor. Die vietnamesische Regierung hat ihn bereits gebilligt.

© SZ vom 23.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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