Ausschüttung der Kassen:Krankenversicherte können Treueprämie kassieren

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Prämie rückwärts: Mehr als eine Milliarde Euro schütten Krankenkassen derzeit an Mitglieder aus - einfach so, nur fürs Dabeisein. Um vom Konkurrenzkampf der Versicherer zu profitieren, müssen Verbraucher ein paar Dinge beachten.

Von Berrit Gräber

Es ist noch nicht lange her, dass viele gesetzlich Krankenversicherte ärgerliche Post bekamen: Zusatzbeiträge wurden fällig. Nun kommen wieder Nachrichten von den Kassen, diesmal der angenehmeren Art: Millionen Kassenpatienten kriegen erstmals in großem Stil Geld zurück - einfach so, als Belohnung fürs Dabeisein: In diesen Tagen flattern ihnen Schecks im Wert von insgesamt weit mehr als einer Milliarde Euro ins Haus.

Wer 2013 zu bestimmten Stichtagen zahlendes Mitglied war, bekommt bis zu 125 Euro Treueprämie - ein bislang einmaliger Geldregen für die Mitglieder von 17 bundesweit offenen Krankenkassen. Der knallharte Wettbewerb unter den gesetzlichen Versicherern macht es möglich. Und die Jagd nach Neukunden geht weiter. In diesem Jahr zeigen sich sieben solvente Kassen erneut spendabel. Dicke Prämien von bis zu 120 Euro und mehr sollen 2014 wieder für jede Menge Zulauf sorgen.

Schüttet eine Krankenkasse Boni aus, haben nur ihre selbst zahlenden Mitglieder Anspruch auf das Geld. Mitversicherte Ehepartner oder Kinder bekommen keine Gutschrift. Sie gelten lediglich als Versicherte. Wer mit seinen Beiträgen in Verzug ist, kriegt ebenfalls keine Erstattung. Gleiches gilt, wenn Dritte die Zahlung übernehmen, wie es beispielsweise bei Lohnersatzleistungen wie dem Arbeitslosengeld I und II, bei Reha-Leistungen für Behinderte oder beim Wehrdienst der Fall ist.

Dass sich die Geld-zurück-Werbeaktion auszahlt, zeigt das Beispiel der Techniker Krankenkasse (TK). Der Versicherer hat der Barmer GEK zum Jahreswechsel den Rang als größte gesetzliche Kasse abgelaufen. Der neue Marktführer konnte im vergangenen Jahr 420 000 Neukunden dazugewinnen und liegt jetzt bei 8,68 Millionen Versicherten. "Das bislang stärkste Wachstum innerhalb eines Jahres", wie ein TK-Sprecher sagt. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die TK für 2013 eine Dividende von 80 Euro auslobte. Für das Geldgeschenk mussten die 6,3 Millionen selbst zahlenden Mitglieder nichts weiter tun, als zum Stichtag dort versichert zu sein.

Für 2014 soll es noch einmal 80 Euro von der TK geben. Von Februar an gehen die Dankeschön-Schecks als Massensendung raus: 500 Millionen für 2013 und die gleiche Summe schon im Voraus für dieses Jahr. "Gibt es zwei selbst zahlende Mitglieder in einer Familie, haben sie 320 Euro auf einen Schlag in der Post", begeistert sich die TK. Wer es sich im Lauf des Jahres anders überlegt und der TK den Rücken kehrt, muss keinen Cent zurückzahlen. Die Erstattungen müssen allerdings in der Steuererklärung auftauchen.

Momentan sei die Situation in den Sozialsystemen offensichtlich sehr komfortabel, heißt es beim GKV-Spitzenverband in Berlin. Erwirtschaften gesetzliche Versicherer ein Plus aus den Zuweisungen des Gesundheitsfonds und haben sie ihre Pflicht zur Auffüllung der gesetzlichen Rücklagen erfüllt, ist der Weg frei für werbewirksame Prämienaktionen.

"Jetzt herrscht wieder Wettbewerb"

Davon profitierten 2013 unter anderen die Mitglieder von BKK Firmus, hkk, HEK, Atlas BKK Ahlmann, Big direkt gesund, BKK Akzo Nobel-Bayern oder IKK gesund plus. Ihnen gehen gerade jeweils Schecks über 75 oder 120 Euro zu, manchmal auch über 30 oder 60 Euro, je nach Anbieter und Stichtagsregelung. "Jetzt herrscht wieder Wettbewerb, der war zwischenzeitlich durch den Einheitsbeitrag von 15,5 Prozent total eingeschlafen", sagt Stefan Nuding von der Verbraucherzentrale Bayern.

Für 2014 fallen die Boni der Krankenkassen etwas bescheidener aus. Neben der TK wollen nur noch die BKK ATU (30 Euro Prämie), die BKK firmus (120 Euro), die BKK Akzo Nobel (90 Euro), die hkk (100 Euro), die BIG direkt (100 Euro) sowie die BKK Mobil Oil* (120 Euro) ihren Mitgliedern Schecks ausstellen - das gilt auch für zukünftige Mitglieder: Das Geld erhalten sogar oft noch Versicherte, die erst zum 1. Dezember Mitglied werden.

"Prämien sind ein starkes Argument für den Krankenkassenwechsel, aber nicht alles", sagt eine Sprecherin des GDV. Beim Umstieg sollten Bürger auf das gesamte Leistungspaket achten, rät auch Nuding. Viele Kassen bieten neuerdings spürbar mehr für den gleichen Beitrag. Angefangen bei Zuschüssen für Brillen, Zahnreinigung, Osteopathie, alternative Medikamente über Gratis-Abnehmkurse und Impfungen bis zu schnelleren Arztterminen.

Wer zu einer der spendablen Kassen wechseln will, kann seine bisherige gesetzliche Absicherung jederzeit kündigen - wenn er mindestens 18 Monate lang dort Mitglied war. Die Frist beträgt dann zwei Monate zum Monatsende. Die Kündigung muss immer schriftlich erfolgen. Die alte Kasse ist verpflichtet, die Bestätigung spätestens 14 Tage nach Erhalt der Kündigung zu verschicken. Für die Wahl der neuen Kasse bleibt dann jede Menge Zeit. Wichtig: Keine Kasse darf Versicherte ablehnen. Auch dann nicht, wenn sie krank sind oder betagt.

*Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version hieß es, die BKK Mobil Oil habe auch 2013 eine Prämie ausgeschüttet. Das ist nicht der Fall. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigungen.

© SZ vom 06.02.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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