World Cyber Games:Riskanter Traumberuf

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In China werden die deutschen Spieler bejubelt. Computersport wird immer professioneller, die besten verdienen viel Geld. Doch das hat nicht nur positive Konsequenzen.

Jürgen Schmieder, Chengdu

Anton Emmerich hat einen Traum. "Ich würde gerne Profi werden, das ist mein Ziel", sagt der 14-Jährige und lächelt schüchtern. Er ist einer der weltbesten Spieler im Computer-Strategiespiel Starcraft, gerade hat er bei den World Cyber Games den vierten Platz erreicht.

Anton Emmerich, 14, ist einer der weltbesten Spieler im Computer-Strategiespiel Starcraft. (Foto: Foto: oH)

Nach seiner Niederlage im Halbfinale gegen Byung-Gu Song sah er ein wenig sehnsüchtig auf seinen Gegner - nicht nur, weil der ins Finale eingezogen war. Der Südkoreaner ist bereits Profi und verdient mit der Daddelei pro Jahr einen sechsstelligen Betrag. Seine Spiele trägt er gewöhnlich in Stadien aus, das Spiel ist in seinem Heimatland als offizielle Sportart anerkannt, er wird von Manager, Trainer und Handmasseur betreut. Emmerichs Begleiter: sein Bruder Paul.

"Die Asiaten können es sich leisten, acht bis zehn Stunden am Tag zu trainieren und ihr Spiel zu verbessern", sagt Emmerich. Von diesen Zuständen können die talentiertesten deutschen Spieler nur träumen. In China werden die deutschen Spieler bejubelt und gefeiert - Emmerich etwa durfte das erste Autogramm seines Lebens geben -, hierzulande gelten sie immer noch als Freaks.

Selbst Joshua Begehr, der am Sonntag Weltmeister in der Fußball-Simulation Fifa 09 wurde, kann mit dem Verdienst gerade einmal sein Jura-Studium finanzieren. Auf staatliche Förderung, wie sie Athleten in anderen Disziplinen bekommen, dürfen die Computerspieler nicht hoffen. "Ich kann nur ein paar Stunden am Tag trainieren. Das ist irgendwann nicht mehr genug, um mit den besten Asiaten mithalten zu können", sagt Emmerich.

Trotz der fehlenden Akzeptanz hat sich die Situation für Computerspieler in den vergangenen Jahren deutlich verbessert, was vor allem daran liegt, dass Unternehmen das wirtschaftliche Potenzial entdeckt haben. Mehr als 1,5 Millionen Spieler haben in diesem Jahr versucht, sich einen Platz für die Weltmeisterschaft zu erspielen. Die meisten sind jünger als 23 Jahre, technikbegeistert und absolvieren gerade ihr Studium. "

Es ist die ideale Zielgruppe für unser Unternehmen, sowohl Spieler als auch Zuschauer sind die Konsumenten von morgen", sagt Yungkook Lee vom Hauptsponsor Samsung. "Anders als bei den Olympischen Spielen oder beim Fußball haben wir beim elektronischen Sport direkten Kontakt zu Sportlern und Zuschauer". Die Investitionen im Millionenbereich würden sich trotz der Finanzkrise lohnen.

Die Investitionen der Unternehmen helfen den Spielern, professioneller zu werden - allerdings führen sie auch zu einer Kommerzialisierung, die den Traum, professioneller Computerspieler zu werden, zu einem gefährlichen Unterfangen machen könnten. Die besten Spieler werden nur in den Spielen ermittelt, die das Logo der Sponsoren auf der Verpackung haben.

WCG-Chef Hyoung-Seok Kim sagt lapidar: "Wir verwenden die Spiele, deren Hersteller und uns finanziell und kooperativ das beste Angebot machen." So bleiben manche Spiele trotz interessanter Möglichkeiten zum sportlichen Vergleich außen vor. Es wäre, als würde man eine Sportart von den Olympischen Spielen ausschließen, nur weil die Sponsoren keine Bälle dafür herstellen. Natürlich werden stets neue Versionen von Spielen verwendet, so dass ein Akteur wie Joshua Begehr in jedem Jahr eine neue Sportart lernen muss. Wer die Umstellung nicht schafft, gewinnt eben nicht mehr.

Es kann auch passieren, dass ein Spiel aus dem Programm genommen wird, in diesem Jahr erwischte es das überaus beliebte Rennspiel Need for Speed. Die besten Spieler müssen sich woanders messen - und woanders Geld verdienen. Das ist als würde man sagen, dass es nun erstmals eben keine Weltmeisterschaft im Fußball mehr gibt.

Dieses Schicksal droht auch Starcraft, eben jenem Spiel, in dem der junge Anton Emmerich gerade seine ersten Erfolge feiert. Das Spiel ist mittlerweile elf Jahre alt, für das kommende Jahr hat Hersteller Blizzard eine Fortsetzung angekündigt. Emmerich wird sich umstellen müssen und es ist unklar, ob er dann noch genauso erfolgreich sein wird wie derzeit. "Aufgrund der Beliebtheit glaube ich, dass noch mindestens zwei Jahre die alte Version gespielt wird", sagt Emmerich. Zwei Jahre, das ist wenig Planungssicherheit für einen, der von einer langen Karriere als Profi träumt.

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