Überwachung:Wenn die Webcam zum Spion im Wohnzimmer wird

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Viele Webcams übertragen die Aufnahmen ins Internet - wo sie oft nur unzureichend vor fremden Augen geschützt sind. (Foto: Bloomberg)

Private Überwachungskameras sind ein Albtraum für die Privatsphäre - und ein Traum für Einbrecher. Mittlerweile gibt es eine Suchmaschine, über die man schlafende Kinder oder Marihuana-Plantagen finden kann.

Von Johannes Boie

Man kann nicht immer zu Hause sein, man kann aber heute sehr wohl jederzeit ein Auge auf das eigene Heim haben. Oder einen Blick ins Kinderzimmer werfen, ohne reingehen zu müssen. Kleine Kameras machen es möglich. Sie sind mittlerweile auch für Laien leicht einzurichten - und wenn sie einmal aufgestellt sind, können ihre Besitzer mithilfe einer Internetverbindung auch von der Arbeit aus nachschauen, ob zu Hause alles in Ordnung ist. Es ist das Versprechen auf ein bisschen mehr Sicherheit im Alltag dank neuer Internettechnologie.

Doch jetzt stellt sich heraus: In Tausenden Fällen können nicht nur die Besitzer mal eben in die eigene Wohnung schauen, sondern jeder Mensch, der einen Internetanschluss hat. Das liegt daran, dass sich die kleinen Kameras mit dem Internet verbinden, um ihren Besitzern auch aus der Ferne Zugriff gewähren zu können. Gleichzeitig ist die Verbindung, die die Geräte herstellen, oft nicht ordentlich geschützt. Dann können sich alle Menschen, die die Internetadresse der Kamera kennen, ohne großen Aufwand die Bilder der Kamera anschauen.

Ein Traum für Einbrecher

Es ist nicht schwer, eine solche Adresse herauszufinden. Dafür gibt es spezielle Suchmaschinen, die nach Geräten wie zum Beispiel Kameras suchen, die ans Internet angeschlossen sind. Ein Traum ist das zum Beispiel für Einbrecher, die eine Wohnung schon mal vor einem Einbruch auskundschaften wollen.

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Die Frau hat die Vermieter und das Start-up verklagt. Die Kamera zeichnete Bild und Ton auf und wurde anscheinend aus der Ferne gesteuert.

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Der Sicherheitsexperte Dan Tentler aus Kalifornien weist derzeit auf die Sicherheitsprobleme vieler Kameras hin, indem er Bilder privater Kameras über Twitter verbreitet. Da findet man schnell Aufnahmen schlafender Kinder, Überwachungsvideos von Marihuana-Plantagen, Live-Bilder von Banken, Schulen, Universitäten. Bilder, die offensichtlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind. Dass sie trotzdem jeder sehen kann, liegt unter anderem daran, dass die Kameras keinen Passwortschutz verwenden, eigentlich ein Standard für derartige Geräte.

Die Hersteller sparen an der Sicherheit

Paradoxerweise hängt das Problem vermutlich mit der eher stagnierenden Nachfrage nach den kleinen Kameras zusammen. Kosteten die Geräte vor wenigen Jahren noch knapp hundert Euro, sind selbst gute Geräte heute selten teurer als 50 Euro, günstige Modelle kosten sogar oft weniger als zehn Euro. Dementsprechend gering sind die Margen für die Hersteller. Kein Wunder also, dass an der Sicherheit gespart wird.

Das zugrunde liegende Problem ist allerdings noch viel größer. Immer mehr Geräte haben heute einen Internetanschluss, vom Kühlschrank über die Kamera und Kinderspielzeug bis hin zu großen Gebäuden oder Fabriken, darunter Atomkraftwerke und Staudämme. Das Problem ist: Alles, was mit dem Netz verbunden ist, kann gehackt werden.

Oft sind die Angriffe sehr leicht zu bewerkstelligen, denn wie im Fall der Kameras sind die Sicherheitsmaßnahmen bei vielen Geräten schlecht oder gar nicht vorhanden. Und wenn die Geräte durch Passwörter geschützt sind, ändern die Besitzer oft die Standard-Einstellung nicht, sodass das Passwort wie vom Hersteller festgelegt "0000" oder "12345" bleibt. Erst vor wenigen Wochen ist es Hackern gelungen, ein fabrikneues Auto mit Internetverbindung fernzusteuern.

© SZ vom 26.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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