Online-Abzocke:So wehren Sie sich gegen Abo-Fallen im Internet

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Mehr als fünf Millionen deutsche Internetnutzer sind bereits Opfer einer Abo-Falle im Internet geworden. Meist haben sie danach eine Inkassofirma am Hals. Doch Verbraucherschützer und Anwälte geben den Ratschlag, nicht zu zahlen.

Andreas Jalsovec

Gut jeder Zehnte ist schon einmal hineingetappt: Mehr als fünf Millionen deutsche Internetnutzer sind bereits Opfer einer Abo-Falle im Internet geworden. Wie das passiert? Sie surfen auf der Suche nach einer Mitfahrgelegenheit, einem günstigen Outlet-Geschäft oder einem Routenplaner durchs Netz und landen auf Seiten, auf denen sie unbemerkt einen Abo-Vertrag abschließen - meist, indem sie einfach nur ihre persönlichen Daten eingeben. Einige Zeit später bekommen Sie dann die Rechnung, in der Regel um die 100 Euro für ein Jahresabo.

Verbraucherschützer raten in solchen Fällen dazu, nicht zu zahlen. Begründung: Die Hinweise auf die Abonnements finden sich auf den Internetseiten meist versteckt. Daher komme kein wirksamer Abo-Vertrag zustande. Ganz sicher jedoch können sich Betroffene nicht mehr sein, dass sie mit dieser Strategie richtig liegen.

Denn die Betreiber der Abo-Fallen ziehen mittlerweile auch vor Gericht - und bekommen mitunter Recht. "Es gibt einzelne Urteile gegen Verbraucher", bestätigt Petra von Rhein, Juristin bei der Verbraucherzentrale Bayern. "Allerdings nehmen in diesen Fällen die Richter sich selber als Maßstab." Nur wer gezielt nach Kostenhinweisen suche, könne sie finden. Das mache der durchschnittliche Verbraucher aber nicht.

"Deutsche Zentral Inkasso"

Etliche solcher Urteile kann man auf der Internetseite der "Deutschen Zentral Inkasso" nachlesen. Sie ist spezialisiert darauf, die Forderungen von Abo-Anbietern einzutreiben. Pikant dabei: Der Prokurist der Inkassofirma, Frank Drescher, ist auch Geschäftsführer der in Niederbayern ansässigen Firmen OPM Media und Paid Content, die Abo-Seiten wie mitfahrzentrale-24.de, mitwohnzentrale-24.de oder drive2u.de anbieten.

Über solche und viele andere Seiten beschweren sich Verbraucher zuhauf im Internet - und suchen Hilfe bei Anwälten, weil sie Abos zahlen sollen, von denen sie nicht ahnten, dass sie sie abgeschlossen haben. Der Karlsruher Anwalt Benedikt Klas etwa vertritt Hunderte Betroffene. "Die Abo-Firmen stecken oft mit den Inkassofirmen unter einer Decke", glaubt er. Das Geschäftsmodell der Seitenbetreiber bestehe darin, schrittweise den Druck zu erhöhen, damit die Nutzer die geforderten Beträge zahlen. In einer aktuellen Studie weist der Bundesverband Verbraucherzentrale darauf hin, dass die Inkassofirmen häufig Drohkulissen aufbauen, um ihre Forderungen durchzusetzen.

"Mit einer Inkassofirma im Hintergrund ist das sehr effektiv. Die scheinbar amtlichen Schreiben schüchtern die Leute ein". Oft zahlten die Betroffenen auch - obwohl die Forderung in der Regel nicht berechtigt sei, meint Klas. Ähnlich sieht es der Münsteraner Jura-Professor Thomas Hoeren. "Die Inkassofirmen werden benutzt, um einen härteren Ton gegenüber den Verbrauchern anzuschlagen", meint er. "Die Leute sollen zahlen, bevor es zu einem Rechtsstreit kommt."

Verbraucher-Abzocke
:Luftnummern im Regal

Manche Firmen pappen gerne Worte wie "extra groß" oder "XXL" auf ihre Produkte. Jetzt haben Verbraucherschützer die Verpackungen geröntgt. Auf den Bildern zeigt sich ein teils bizarres Missverhältnis zwischen Verpackungsgröße und Inhalt. Vergleichen Sie selbst - zwischen Original und Röntgenaufnahmen.

Seitenbetreiber Frank Drescher weist solche Vorwürfe zurück. Es gebe mittlerweile eine zwei- bis dreistellige Anzahl von Urteilen, "die die Zahlungspflicht der Verbraucher bejahen", sagt Drescher gegenüber der Süddeutschen Zeitung. "Das Problem ist: Die Leute sind zu sorglos im Internet. Sie lesen nicht nach, was auf der Seite steht, bevor sie etwas anklicken." Auch den Vorwurf, unseriös vorzugehen, weil er mit der eigenen Inkasso-Firma zweifelhafte Forderungen quasi für sich selbst eintreibe, weist Drescher zurück: "Die Forderungen sind berechtigt", meint er. "Welcher Kaufmann würde denn darauf verzichten?"

Anwalt Klas hat jedoch Zweifel an der Rechtmäßigkeit. "Die ganz große Mehrzahl der Urteile in diesen Fällen ist zugunsten der Verbraucher ausgegangen", erläutert der Jurist. Er rät Internetnutzern, die eine Abo-Rechnung bekommen, nach wie vor dazu, dem Schreiben schriftlich zu widersprechen und dabei eine möglichen Vertrag vorsorglich zu widerrufen und anzufechten.

"Die Rechnung zu bezahlen ist die schlechteste Lösung"

"Die Rechnung zu bezahlen ist die schlechteste Lösung", sagt Klas. Auch die Verbraucherzentralen empfehlen einen schriftlichen Widerspruch. "Schon um einen Schufa-Eintrag zu vermeiden", sagt Rechtsexpertin Petra von Rhein. Der droht nämlich dann, wenn man einer offenen Forderung nicht widerspricht.

Für die Zukunft hoffen die Verbraucherschützer auf die so genannte Button-Lösung. 2012 soll es dazu ein Gesetz geben. Bei kostenpflichtigen Angeboten im Netz müssen die Firmen dann den Verbrauchern unmittelbar vor der Bestellung eine Warn-Schaltfläche zeigen. Mit diesem "Button" werden die Nutzer nochmals über die Inhalte des Abos und die Kosten informiert. Erst wer darauf klickt, schließt einen Vertrag ab.

Experten gehen davon aus, dass sich das Problem Abo-Falle im Internet dann entschärft. Gegen das zum Teil rüde Vorgehen einiger Inkassofirmen hilft aber auch der Button wenig. Verbraucherschützer fordern daher eine zentrale Aufsichtsbehörde, die das Geschäftsgebaren der Inkassofirmen kontrollieren soll.

Untermauern wollen sie die Forderung mit einer Umfrage unter Verbrauchern. Deren Erfahrungen mit Inkassofirmen stellen sie am Donnerstag in einer Studie vor. Ein Ergebnis der Umfrage laut Verbraucherschützern: Mit am meisten Ärger hatten Betroffene mit der Deutschen Zentral Inkasso. Gegen Frank Drescher ermittelt mittlerweile die Staatsanwaltschaft Landshut - wegen des Verdachts auf Betrug mit Hilfe von Abo-Seiten.

© SZ vom 01.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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