Neuheiten auf der Entwicklerkonferenz I/O:Alleskönner Google

Google Chef Larry Page auf der Google Entwicklerkonferenz I/O

Google Chef Larry Page auf der Google Entwicklerkonferenz I/O

(Foto: AFP)

Neue Suche, neue Karten, neuer Musikdienst: Google bastelt kräftig an seinem Angebot. Doch was heißt neu? Fast alles, was das Unternehmen auf der Entwicklerkonferenz in San Francisco vorstellt, gibt es bereits - bei der Konkurrenz. Die Sensation: Der Konzern verändert sein Geschäftsmodell.

Von Jannis Brühl, Pascal Paukner und Benjamin Romberg

Eilig hat es Google nicht. Zum Auftakt seiner jährlichen Entwicklerkonferenz Google I/O nahm sich das Internetunternehmen dreieinhalb Stunden Zeit, um ausführlich neue Funktionen und Internetdienste vorzustellen. Revolutionäres ist nicht dabei, vielmehr schaut Google bei der Konkurrenz ab - und baut nach. Dabei wird deutlich, dass der Konzern seine Einnahmen teilweise auf eine neue Basis stellen will.

Deren Quellen sind bisher recht homogen: Von 50 Milliarden Dollar Umsatz im Jahr 2012 nahm das Unternehmen 95 Prozent durch Anzeigen ein, die auf seinen Webseiten oder Partnerseiten geschaltet wurden. Die restlichen fünf Prozent kamen bisher aus weniger umsatzstarken Quellen: dem Verkauf von zusätzlichem Speicherplatz für Gmail-Konten, der Lizensierung seiner Suchtechnik an andere Unternehmen oder dem Android-Appstore Google Play.

Vor allem auf Einnahmen aus dem Geschäft mit Multimediainhalten wird das Unternehmen künftig stärker setzen. Nach den Ankündigungen auf der Entwicklerkonferenz sprang Googles Aktienkurs um mehr als zwei Prozent nach oben. Die wichtigsten Neuerungen in der Analyse:

Google wird musikalisch

Seit Jahren entzündet sich ein Streit an der Frage, wie Künstler im Internet Geld verdienen können. Während die zahlreichen Vorschläge zur Reform des Urheberrechts noch auf ihre praktische Umsetzung warten, überholt die Wirtschaft die Politik - und schafft Tatsachen: Hinter dem neuen Streaming-Dienst "Google Play Music All Access" verbirgt sich, was in der Politik unter dem Label Kulturflatrate diskutiert wird. Der Deal: Der Nutzer zahlt monatlich zehn Euro und erhält damit unbegrenzten Zugriff auf einen gigantischen Musikkatalog.

Neu ist das nicht. Konkurrenten wie Spotify, Rdio, Simfy bieten Vergleichbares. Mit Google steigt aber nun das erste der ganz großen Internetunternehmen ein. Apple wird mit Verzögerung folgen. Es ist ein Schritt, der den nächsten großen Umbruch im Musikmarkt bedeutet. Experten sagen das seit Jahren so voraus. Nun geschieht es. Überraschend daran ist allenfalls, dass Google sein eigenes Geschäftsmodell damit weiter umkrempelt. Von einer werbefinanzierten Version des neuen Musikdienstes war bislang keine Rede.

Google Plus bietet wirklich mehr

Wer noch immer nicht glaubt, dass sich das Internet schon wieder deutlich verändert, sollte sich Google Plus anschauen. Dort hat Google kräftig umgebaut. Die Webversion gleicht nun dem, was die Nutzer bereits von den Apps für Tablets und Smartphones gewohnt sind: Kacheloptik, mehr Bilder auf einen Blick. Ob das hilft, das Netzwerk aus dem Schatten von Facebook und Twitter zu katapultieren, bleibt jedoch nach wie vor fraglich.

Noch immer kann Google nicht schlüssig erklären, warum der Durchschnittsnutzer Google Plus ergänzend zu den Konkurrenzdiensten nutzen sollte. Da hilft es auch wenig, dass das Unternehmen nun einen eigenen Messenger zum Verschicken privater Nachrichten anbietet. Den gibt es von Facebook auch. Und an Kurzmitteilungsdienst WhatsApp kommt derzeit sowieso niemand vorbei, weswegen Google nachgesagt wird, das Start-up aufkaufen zu wollen.

Google Maps wird zur persönlichen Landkarte

Der Kartendienst Google Maps soll zu einer Art persönlicher Landkarte werden. Die Anwendung berücksichtigt vom User besuchte Orte und Empfehlungen von Freunden, um beispielsweise für den Nutzer angepasste Restauranttipps oder Sonderangebote von Geschäften anzeigen zu können. Auch soll es möglich sein, je nach Aufenthaltsort bestimmte Funktionen auf dem Handy zu aktivieren. Die Navigationsfunktion des Kartendienstes soll den User außerdem um Staus herumlenken können.

Der Preis, den die Nutzer für die Neuerungen zahlen müssen, ist klar: Google wird noch mehr Daten von ihnen verlangen. Manche Nutzer fühlen sich dadurch ausspioniert. User können sich derzeit für die neue Version des Kartendienstes registrieren. Doch wann die Anwendung startet, ließ das Unternehmen bislang noch offen. Fest steht: Es soll eine neue Smartphone-App für Android und Apples iOS geben sowie eine Tablet-Version von Google Maps.

Google Suche wird aufgerüstet

Die meisten Menschen kennen und nutzen Google nach wie vor als Suchmaschine. Und auch in diesem Bereich will der Konzern aufrüsten: Der zuständige Manager Amit Singhal sprach in San Franciso vollmundig vom "Ende der Internet-Suche, wie wir sie kennen". Die Suchmaschine wird künftig nicht mehr nur nach einzelnen Begriffen im Netz stöbern können - Nutzer sollen ihrem PC viel mehr vollständig ausformulierte Fragen stellen. Google antwortet. Für Chrome, den Web-Browser aus dem Hause Google, ist zudem eine Sprachsteuerung geplant.

Mit den Worten "Okay, Google" wird die Funktion aktiviert. Der Nutzer kann Fragen stellen, auf die eine Computerstimme antwortet. Auch E-Mails und Termine sollen die Nutzer so diktieren können. Ganz neu ist das nicht. Viele werden dabei unweigerlich an Siri denken, einen sprachgesteuerten Assistenten, den Apple bereits vor einiger Zeit auf iPhones und iPads eingeführt hatte. Google bringt diese Funktion jetzt auch auf PCs.

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