Microsoft:Trommeln für die Sieben

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In drei Wochen verkauft Microsoft sein neues Betriebssystem Windows 7. Chef Steve Ballmer macht schon jetzt kräftig Werbung - vom Erfolg hängt auch seine Zukunft ab.

Thorsten Riedl

Ein Glück, Steve Ballmer will nur spielen. Der bullige Chef von Microsoft, der sich auf der Bühne vor seinen Mitarbeitern schon mal zum Affen macht, vor Wut auf den Rivalen Google Mobiliar durchs Büro geschleudert haben soll und neulich öffentlich so tat, als würde er ein iPhone von Apple zertreten, geht nur zum Schein auf Damir Tomicic los.

Der Chef des IT-Dienstleisters Axinom hatte kurz zuvor erklärt, nein, Pläne demnächst im eigenen Unternehmen auf Windows 7 umzustellen, habe er keine. Dann aber sagt er: "Wir haben's schon getan" - und Ballmer lässt von ihm ab. Einzelne lachen im Vortragssaal bei BMW. Der vorbereitete Gag hat funktioniert.

Ballmer ist am Mittwoch extra nach München gekommen, um fürs kommende Betriebssystem Windows 7 von Microsoft zu werben. Es soll schneller, einfacher, billiger sein - aber um Himmels Willen nicht so wie der Vorgänger Vista.

Ballmer tourt durch ganz Europa

London am Montag, Paris am Dienstag, München am Mittwoch: Ballmer tourt durch halb Europa für Windows 7. Dabei ist Microsoft so viel mehr: die Videokonsole Xbox etwa, die Suchmaschine Bing, die Bürosoftware Office, Programme für Autos, Fernseher oder Mobiltelefone - doch nach wie vor steht Microsoft vor allem für Windows.

Dank dieses Produktes ist das Unternehmen zum weltweit größten Softwarehersteller aufgestiegen. Ein Viertel des Umsatzes erwirtschaftet Microsoft mit Windows, knapp 15 Milliarden Dollar. In neun von zehn PCs läuft das Betriebssystem.

Eine Milliarde Computernutzer hat sich daran gewöhnt, auf einen Knopf namens Start zu drücken, wenn sie die Arbeit am Rechner beenden will. Und trotz der imposanten Zahlen muss auch Windows 7 ein Erfolg werden - alles andere wäre mehr als ein Karriereknick für Ballmer.

"Was der PC-Markt braucht, sind Innovationen", sagte der Microsoft-Chef in München - allerdings nicht am vergangenen Mittwoch, sondern vor acht Jahren, als er zum Produktstart von Windows XP schon einmal in der bayerischen Landeshauptstadt weilte.

Heutzutage klingt die Botschaft nicht viel anders: "Der IT-Industrie kommt eine bedeutende Rolle zu", erklärt er. "Innovation wird wichtiger." Neuerungen, mehr erledigen mit weniger, und das alles bei niedrigeren Kosten für die IT - damals wie heute sind das die wichtigsten Versprechen von Microsoft.

Wie bei XP sind die Startbedingungen für Windows 7 aber alles andere als ideal. "Die Wirtschaftslage war wahrscheinlich nie härter", erklärt der Microsoft-Chef. Der Softwarekonzern hat im Juli den ersten Umsatzrückgang überhaupt vermeldet, erstmals in der 34-jährigen Firmengeschichte entließ das Unternehmen. Und Ballmer dämpfte die Erwartungen an das neue Betriebssystem. "Ich liebe Windows 7, aber die Wirtschaft ist die Wirtschaft", sagt er.

Die Hoffnung von Microsoft ruht auf den Geschäftskunden. Viele Profis haben Vista übersprungen, den Nachfolger von XP und Vorgänger von Windows 7. Es gab zu viele Probleme mit Vista, ein Umstieg rechnete sich nicht. Das soll mit dem neuen System anders werden. Zwischen 61 und 110 Euro je Computer spare ein Unternehmen beim Einsatz von Windows 7 wegen neuer Hilfsmittel speziell für Firmenkunden, sagt Ballmer.

Ein Fehltritt ist keine Option

Nach dem Flop mit Vista hat der 53-Jährige mit der markdurchdringenden Stimme das Windows-Geschäft zur Chefsache erklärt. Es ist das erste Betriebssystem in der Firmengeschichte, das früher auf den Markt kommt als geplant.

Und Windows 7 ist das erste Microsoft-System in der Ära nach Bill Gates. Der Gründer verließ im Sommer vergangenen Jahres den Konzern, um sich um seine Stiftung zu kümmern.

Einen weiteren Fehltritt kann sich Ballmer nicht leisten: Seit er vor neun Jahren von Gates die Führung bei Microsoft übernommen hat, ist die Aktie des Softwareherstellers um mehr als die Hälfte gefallen. Die Investoren rechnen fest mit einem Erfolg.

© SZ vom 08.10.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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