Internet-Währung Bitcoin:Der Mann, der Bitcoin erfunden haben will

Seit Jahren rätselt das Netz, wer hinter Satoshi Nakamoto steckt, dem legendären Erfinder der Internet-Währung. Ein australischer Informatiker hat behauptet, er sei es - und will das jetzt doch nicht beweisen, weil ihm angeblich "der Mut fehlt".

Von Hakan Tanriverdi

Eines der am besten gehüteten Geheimnisse im Internet soll gelüftet worden sein: Ein Mann namens Craig Wright gibt vor, Satoshi Nakamoto zu sein. Also jene Legende, die hinter der Digital-Währung Bitcoin steckt und über deren Identität seit sieben Jahren spekuliert wird. Wright ist nicht der erste, der öffentlich behauptet, der Bitcoin-Erfinder zu sein. Aber er ist der erste, der nicht sofort ausgelacht wird.

Bitcoins sind eine Währung, deren Kurs schwanken kann wie eine Achterbahnfahrt und deren Erfinder überzeugt war, dass Geld nicht in die Hände einer Zentralbank gehört. Damit das auch so bleibt, ist die Kryptografie hinter dem System, Blockchain genannt, derart komplex, dass es von modernen Rechnern nicht geknackt werden kann. Das System kann also nicht von außen gesteuert werden. Die Blockchain gilt als technisch brillant.

Im Januar 2009 wurde das System Bitcoin in einem akademischen Aufsatz vorgestellt. Hier tauchte der Name Satoshi Nakamoto zum ersten Mal auf. Ein einzelnes Bitcoin war damals, anders als heute, noch keine Hunderte Euro wert, die Community sehr klein. Nakamoto diskutierte mit, warb für seine Idee eines Geldes, das nicht nach Belieben nachgedruckt werden kann. Das Prinzip Bitcoin setzte sich durch, fand eine Gefolgschaft - und der Erfinder selbst verabschiedete sich 2011 aus der Öffentlichkeit.

98 Zeichen, die ein starker Beweis sein könnten

Bis jetzt? Bis vor kurzem war Craig Wright, ein heute 45-jähriger australischer Informatiker, in der Szene größtenteils unbekannt. Das änderte sich Ende letzten Jahres, als bei den Spekulationen über den Bitcoin-Erfinder zum ersten Mal auch Wrights Name fiel.

Nun also dieser Blogpost, den er auf seiner Webseite veröffentlichte. Er beginnt mit einem Zitat von Sartre. "Wenn ich mit Jean-Paul Sarte unterschreibe ist das nicht dasselbe, als wenn ich mit Jean-Paul Sartre, Nobelpreisträger, unterschreibe." Darauf folgt ein Block aus 98 Zeichen, ein Wirrwarr aus Zahlen und Buchstaben. Diese 98 Zeichen sollen, das wird zumindest nahegelegt, mit einem digitalen Schlüssel gesichert worden sein. Mathematisch ließe sich auf diese Weise errechnen und prüfen, ob Wright wirklich im Besitz jenes Schlüssels ist, der Satoshi gehören soll. Das wäre ein starker Beweis.

Hinzu kommt, dass auch Gavin Andresen glaubt, dass Wright wirklich Satoshi ist. Andresen war jahrelang Chef-Entwickler von Bitcoin. Sollte Wright wirklich Satoshi Nakamoto sein, wäre er im Besitz von Bitcoins, deren Gesamtsumme sich auf 449 Millionen US-Dollar belaufen soll.

Wenn er es also ist: Warum will Wright plötzlich in das Rampenlicht, das er jahrelang vermieden hat? Im Interview mit dem britischen Magazin Economist erklärt er, dass ihm die mediale Öffentlichkeit im Jahr 2011 zu groß geworden sei. Also habe er sich verabschiedet. Nun hingegen wolle Wright, dass keine Fehlinformationen über ihn verbreitet werden.

"Entweder er hat Bitcoin erfunden oder er ist ein genialer Fälscher"

Sowohl dem Wired-Magazin als auch der Webseite Gizmodo waren im vergangenen Jahr Dokumente zugespielt worden. Beide kamen zu dem Schluss, dass Wright sehr wahrscheinlich der Bitcoin-Erfinder ist. "Entweder er hat Bitcoin erfunden oder er ist ein genialer Fälscher, der sehr gerne will, dass wir das glauben." Auf diese Berichte und deren Schilderungen bezieht sich Wright, wenn er über Fehlinformationen spricht.

Doch Stunden nach Erscheinen des Beitrags werden erste Zweifel laut. Auf der Webseite Reddit wird der 98-Zeichen-Block decodiert - er soll nicht besagte Sartre-Botschaft enthalten, sondern lediglich eine Transaktionsbestätigung - dass also Geld von A nach B überwiesen wurde. "Es sieht so aus, als ob Craig Wright bewiesen hätte, dass er nicht Satoshi ist", schreibt Martti Malmi. Malmi stand während der Gründungsphase von Bitcoins ununterbrochen in Kontakt mit Satoshi.

Malmi ist nicht allein mit seinen Zweifeln. Wrights Geschichte wurde in Form einer kleinen Kampagne Art zeitgleich in drei Medien veröffentlicht: BBC, Economist und GQ. Wie die Financial Times berichtet, hätten Wright und ein nicht näher definiertes Team versucht, für die Veröffentlichung so viele Experten wie möglich zu gewinnen, die die geschichte stützen. Je mehr Experten, desto glaubwürdiger die Story. Doch diese Experten lehnten ab, die Beweislage war ihnen zu dünn.

Um die Kritiker zu überzeugen, müsste Wright einen eindeutigen Beweis liefern. Der könnte darin bestehen, dass er einen der ersten überhaupt generierten Bitcoins bewegt - denn diesen besitzt Satoshi. Bisher hat er das aber nicht getan.

Update, 6. Mai

Craig Wright hat in den Tagen nach Erscheinen dieses Artikels erst angekündigt, dass er weitergehende Beweise liefern will, sich dann aber dagegen entschieden. Auf seiner Webseite steht mittlerweile nur noch ein kurzer Text unter der Überschrift "Es tut mir leid".

Das heißt aber nicht, dass er seine Behauptung zurückzieht, der Erfinder von Bitcoins zu sein. Ihm fehle nur der Mut, den Beweis zu erbringen. Da habe er seine eigenen Fähigkeiten wohl überschätzt.

Gavin Andresen, der sich öffentlich zum Fall äußerte und dessen Worte innerhalb der Bitcoin-Community durchaus Gewicht haben, bereut es mittlerweile, über den Fall gebloggt zu haben. Die Identität von Satoshi endgültig zu lüften, sei vielleicht keine gute Idee. Dass Craig Wright Mr. Bitcoin ist, ist damit für viele (aber nicht alle) vom Tisch.

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