Externe Applikationen:StudiVZ entdeckt das offene Netz

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Die Internetseiten der VZ-Netzwerke gehören zu den beliebtesten deutschen Internetseiten. Jetzt sind dort auch Anwendungen Dritter zu finden.

Johannes Boie

Es hat lange gedauert, bis man im Management der VZ-Netzwerke in Berlin gemerkt hat, wo die digitale Zukunft liegen könnte. Jetzt aber wollen die Softwareentwickler, die mit MeinVZ, StudiVZ und SchülerVZ drei der beliebtesten deutschen Webseiten betreiben, die Erfolgsgeschichte ihres großen Konkurrenten Facebook kopieren: Die VZ-Netzwerke öffnen ihre Internetseiten für kleine Programme Dritter, sogenannte Apps.

Startseite StudiVZ: Die Betreiber des Netzwerks betonen, bei den Applikationen hohen Wert auf Datenschutz zu legen. (Foto: Screenshot: studivz.de)

Diese Strategie, die Facebook bereits seit Dezember 2008 betreibt, erlaubt es externen Programmierern, kleine Zusatzanwendungen für die Webseiten zu erstellen. Das können zum Beispiel Spiele, Quiz-Anwendungen oder auch Nachrichtenportale sein.

Durch die Apps erhöht sich die Verweildauer einzelner Nutzer auf den jeweiligen Webseiten, weil die Surfer unterschiedlichen Beschäftigungen nachgehen können, ohne eine andere Internetadresse anzusteuern. Durch die längere Verweildauer steigt die Attraktivität der VZ-Seiten für Werbekunden.

15,3 Millionen registrierte Nutzer

Die drei Netzwerkseiten Schüler-, Mein- und StudiVZ richten sich an Deutsche in unterschiedlichen Altersklassen. Ihre registrierten Mitglieder können sich untereinander in Gruppen organisieren, austauschen, digital anfreunden sowie Bilder veröffentlichen und vieles mehr.

Dazu speichern die Mitglieder persönliche Daten über sich auf den Computern der VZ-Netzwerke. Der Service ist kostenlos und soll sich über Werbung finanzieren, Umsatzzahlen veröffentlichen die VZ-Netzwerke aber nicht.

Im Oktober waren mehr als 15,3 Millionen Menschen auf VZ-Seiten registriert, sechs Millionen davon auf StudiVZ, 5,5 im SchülerVZ und 4,2 Millionen bei MeinVZ. Davon nutzen 40 Prozent die Webseiten täglich. Die VZ-Seiten gehören dem Holtzbrinck-Konzern, der sie Anfang 2007 drei jugendlichen Gründern abkaufte.

Der Preis soll zwischen 85 und 100 Millionen Euro betragen haben. Konkurrent Facebook kommt als weltweit beliebtestes Netzwerk auf 350 Millionen Nutzer und greift die VZ-Netzwerke derzeit auf dem deutschen Markt verstärkt an - zuletzt auch mit juristischen Hakeleien um die Frage, ob StudiVZ ein illegaler Abklatsch des amerikanischen Konkurrenten ist. Mittlerweile sind die juristischen Auseinandersetzungen aber beigelegt.

Die grundsätzliche Öffnung einer Webseite für die Anwendungen Dritter ist ein fundamentaler Wandel im Geschäftsmodell und beim Funktionsprinzip. Sie leitet den Wandel vom abgeschotteten Portal zur offenen Plattform ein. Mit den Apps integriert das Management deshalb nicht nur neue Software in die eigene Internetseite, sondern erweitert auch das Geschäftsmodell.

Die Entwickler der App-Programme erhalten kein Geld vom VZ-Management, können aber an der Werbung in ihren Apps mitverdienen. 70Prozent der Werbeeinnahmen dürfen die Programmierer behalten, 30 Prozent greifen die VZ-Netzwerke als Plattformbesitzer ab.

Strategiewechsel und Datenschutz-Versprechen

Außerdem wird vom zweiten Quartal 2010 an den externen Programmierern Software zur Verfügung gestellt, mit der Bezahlvorgänge für Apps, die Nutzern etwas verkaufen möchten, sicher abgeschlossen werden können. Auch dabei wollen die VZ-Netzwerke in Zukunft mitverdienen.

Bei der Vorstellung der neuen Strategie betonte das VZ-Management, man habe beim Einbau der App-Funktion sehr auf Datenschutz geachtet. Die VZ-Seiten waren durch mangelnden Datenschutz aufgefallen. Mehrere Skandale führten zu größeren Protesten im Netz sowie vielen hämischen Kommentaren.

Zuletzt hatte ein Hacker Daten von VZ-Nutzern mit einer verhältnismäßig simplen Methode illegal abgegriffen. Der Tatverdächtige hat sich mittlerweile in Untersuchungshaft das Leben genommen

Um weitere Datenschutzprobleme zu vermeiden, geben die VZ-Programmierer ihren Nutzern die Möglichkeit, detailliert festzulegen, welches App-Programm auf welche gespeicherten Daten zugreifen darf.

So können die Nutzer innerhalb ihres Profils ein zweites, kleines Profil, eine virtuelle Visitenkarte, ausfüllen. Und nur auf deren Daten können die externen Applikationen nach Angaben der VZ-Netzwerker zugreifen. Dabei können Nutzer auch falsche oder unvollständige Daten angeben. Unklar ist, was die Programmierer der Apps von diesem Konzept halten - sie dürften schließlich an korrekten Daten für ihre Datenbanken interessiert sein.

Zusätzlich zum strengen Schutz der Privatsphäre versprechen die VZ-Programmierer auch ein rigides Qualitätsmanagement bei den kleinen Zusatzprogrammen. So sollen nur Apps zugelassen werden, die bestimmten Ansprüchen genügen. Dadurch wird allerdings die Zahl der verfügbaren Programme stark begrenzt. Zum Start sollen zwischen zehn und 15 Apps verfügbar sein - der amerikanische Konkurrent Facebook bietet seinen Nutzern derzeit etwa 350.000 Programme.

© SZ vom 08.12.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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