Cloud-Computing:Das Büro der Zukunft steht im Netz

Online-Office-Programme versprechen, die Textverarbeitung zu vereinfachen, indem Dokumente überall abrufbar sind und bearbeitet werden können. Doch was kann die hochgelobte Software?

Peter Stelzel-Morawietz

Das war keine wirklich gute Idee: Da schickt der Gastgeber eines gemeinschaftlichen Abendessens an alle Teilnehmer eine Mail mit angehängter Word-Datei. In diese Liste solle man eintragen, welche Speisen und Getränke man mitbringen möchte. Im Nu waren zig Versionen im Umlauf, leider alle unvollständig.

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Computerkraft in der Wolke: Setzt sich Cloud Computing bald bei Büroanwendungen durch?

(Foto: SZ-Grafik)

Zudem beschwerten sich einige, dass sie das Format von Office 2010 nicht öffnen konnten. Andere antworteten direkt per Mail. Die Folge: das perfekte Chaos. Beilagen waren am Ende Mangelware, dafür gab es Nachtisch im Überfluss. Mit einem online-basierten Dokument wäre ein solches Durcheinander nicht passiert, der Organisator des Essens hätte sich manchen Spott erspart.

Online genauso einfach arbeiten wie offline

Genau das versprechen Online-Office-Programme. Die Programme für Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Präsentationen und so weiter werden nicht mehr auf dem Rechner installiert. Die Anwendungen laufen vielmehr im Internet-Browser und werden auch im Internet gespeichert. Dadurch lassen sich die Dokumente erstens überall aufrufen, egal, wo man sich gerade aufhält.

Zweitens kann man sie fast auf jedem Gerät mit Internet öffnen und bearbeiten, also auf jedem Computer und auf Smartphones oder den neuen Tablet-PCs wie Apples iPad. Drittens existiert von jeder Datei stets nur eine einzige Version, das Synchronisieren mit zwischenzeitlich überarbeiteten Fassungen entfällt.

Viertens können auf diese Weise mehrere Personen gemeinsam an einer Datei arbeiten, ohne dass es zum Chaos kommt. Die Gäste des Abendessens hätten sich also nicht an den Süßspeisen satt essen müssen, wenn sie vorher hätten sehen können, was die anderen so beitragen. Wer auf die Dateien im Internet zugreifen beziehungsweise diese bearbeiten darf, lässt sich einfach festlegen.

Was die Nutzer abschreckt

Was sich auf den ersten Blick für diejenigen, die bisher nicht mit einer internetbasierten Textverarbeitung gearbeitet haben, etwas kompliziert anhört, ist in der Praxis ganz leicht: Wer mit Word einen Brief schreiben kann, erledigt das Gleiche genauso schnell mit einer Textverarbeitung im Internet. Die Browser-Anwendung von Microsoft sieht sogar exakt gleich aus und lässt sich auch genauso bedienen. Die anderen Anbieter stehen dem kaum nach, weil sie sich am Marktführer orientieren.

Trotz dieser einfachen Bedienung und der für Privatanwender kostenlosen Angebotsvielfalt hat sich Online-Office bisher am Markt nicht durchgesetzt. Daran sind nicht zuletzt die Anbieter dieser Dienste selbst schuld, weil sie mit Begriffen hantieren wie "SaaS" (Software as a Service) oder "in the cloud".

Das schreckt ab, wenn man nur schnell einen Brief verfassen möchte. So haben es die Firmen bisher schlicht versäumt, eine breitere Zielgruppe anzusprechen und sie von den Vorteilen zu überzeugen.

Manche potentiellen Nutzer fürchten zudem, ihre Dateien könnten über Sicherheitslücken beim Software-Betreiber in falsche Hände geraten. Solche grundsätzlichen Bedenken sind, wie im Falle aller gespeicherten Daten, nicht völlig von der Hand zu weisen. Bevor es losgehen kann, muss man sich beim Anbieter einmalig registrieren.

Letztlich ist dies sogar, wie bei fast allen kostenlosen E-Mail-Diensten, anonym möglich: Ein fiktiver Name, eine Mail-Adresse und ein Passwort genügen. Diese Registrierung ist bei Google, Microsoft und den anderen Anbietern in ein oder maximal zwei Minuten erledigt. Lediglich der Internet-Provider 1&1 bietet sein im Übrigen gut gemachtes Office-Paket im Web nur den eigenen Kunden an.

Mit der Mail-Adresse und seinem Passwort meldet man sich anschließend an und wählt im Web-Browser die Office-Rubrik. Hier kann man entweder eine neue Datei erstellen oder eine bereits vorhandene bearbeiten - ganz so, wie man schon bisher mit dem installierten Office-Paket und der lokalen Festplatte daheim und im Büro arbeitet. Zudem lassen sich bereits auf dem eigenen Rechner vorhandene Office-Dateien problemlos auf das Online-Speicherlaufwerk übertragen und damit wiederum überall verwenden.

Zum Speichern muss man online sein

Braucht man während des Arbeitens denn nun wirklich permanent die Verbindung ins Internet? Im Prinzip ja, allerdings bleibt auf Seiten der Anwender das Browser-Fenster einfach mit den bisherigen Inhalten offen, wenn man eine Aktion wie Speichern oder ähnliches ausführen möchte und die Verbindung ins Internet gerade unterbrochen ist. So lässt sich durchaus selbst in der Bahn mit Online-Office arbeiten, wo die Mobilfunkverbindung in der Praxis zwischendurch immer wieder abbricht.

Die Frage ist, ob sich also Privathaushalte die Ausgabe für ein traditionelles Office-Paket in Zukunft sparen können. Im Prinzip schon, doch es kommt auf die Ansprüche an. Die installierten Programme bieten sehr viel mehr Funktionen und Möglichkeiten als ihre Web-Pendants. Serienbriefe oder Pivottabellen benötigt man zwar nicht jeden Tag, aber unter Umständen eben doch einmal.

Als Ergänzung sind die Online-Dienste jedoch zu empfehlen: Sie funktionieren durchaus gut. Wirklich vertrauliche Dokumente, raten Datenschützer, sollte man allerdings wie bisher lokal bearbeiten und speichern.

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