Apples Tablet:Die jüngste Schöpfung

Lesezeit: 2 min

Alle Welt rätselt, was Apple-Chef Steve Jobs in San Francisco vorstellen wird. Die Verschwiegenheit des Unternehmens ist ein Lehrstück in Sachen Marketing.

Thorsten Riedl

Die Gerüchteküche brodelte - und Tony Smith wusste genaueres. Der Computerhersteller Apple, so zeigte sich der Journalist vor neun Jahren überzeugt, stelle bald einen kleinen Rechner vor. Das Gerät verfüge über drahtlosen Zugang zum Internet, das Betriebssystem von Apple ist in einer abgespeckten Version aufgespielt. Und: Der Rechner lässt sich per Hand bedienen.

Apple-Store in Manhattan: Verschwiegenheit heizt Aufregung an (Foto: Foto: Reuters)

Es handelt sich also um einen Tabletcomputer, über den sich zudem Musik hören lässt, so Smith. Ganz sicher gab sich der Journalist der Webseite Register.com in seinen Vermutungen - und lag voll daneben. Nur bei der Namenswahl saß der Rechercheur nicht falschen Informationen auf: iPod oder iWalk werde das Gerät heißen, mutmaßte er. Es ist ein iPod geworden, ein Musikspieler, kein Tabletcomputer.

Der iPod 2001, das iPhone 2007 - und diese Woche nun soll der nächste Verkaufsschlager von Apple kommen. Wie Journalist Smith damals beim iPod, mutmaßen selbsternannte Experten seit Monaten, was Apple-Chef Steve Jobs am Mittwochabend in San Francisco vorstellen wird. Für die Auguren steht dieses Mal wieder sicher fest: Nun kommt er endlich, der Tabletcomputer. Dabei ist von Apple selbst kein Wort zu erfahren.

"Das ist ein Hinweis"

Mitte Januar hat der Computerhersteller zur Produktvorstellung eingeladen. "Come see our latest creation", ist darauf zu lesen, in etwa "Kommt und schaut unsere jüngste Schöpfung an." Die Wortwahl und Farbflecken samt Apple-Logo luden zur Auslegung des Schreibens ein. "Das Wort, Schöpfung' deutet zugleich auf Vagheit und Spezifität", schreibt der IT-Branchendienst Gizmodo. Aha.

Das sei ein Hinweis auf einen Tabletcomputer, heißt es bei den Kollegen von Technologizer. "Zumindest ist es kein Beweis, dass es sich nicht darum handelt." Textexegese und Bildanalyse in Reinform.

Die Verschwiegenheit bei Apple heizt die Aufregung im Vorfeld jeder Produktpräsentation gezielt an. Die Topmanager spielen mit der Hysterie. "Ich will Eure Freude und Überraschung nicht vorwegnehmen, also lasst uns das hintenanstellen", erklärte Tim Cook, zuständig für das Tagesgeschäft bei Apple, bei Vorlage der Quartalsbilanz am Montagabend. Die Vorfreude überlagerte sogar die guten Zahlen des Konzerns. Umsatz und Gewinn stiegen im Weihnachtsgeschäft deutlich. Egal. "Alle Augen richten sich auf Mittwochabend", sagte ein Analyst.

Auf die Kooperationen kommt es an

Dabei sind Tabletcomputer kein neues Phänomen. Ausgerechnet Bill Gates, Gründer des Apple-Rivalen Microsoft, war schon immer fasziniert von der Idee, Computer ohne Tastatur und Maus zu bedienen. "Der Tablet-PC ist ein Traum gewesen, den ich und viele andere Menschen seit Jahren hatten. Heute erklären wir, warum der Tablet eine ganz neue Erfahrung im Umgang mit dem Computer einleiten wird", sagte er - vor acht Jahren. Das Gerät floppte.

Auf der Computermesse Cebit stellte Microsoft das Konzept 2006 neu vor, als "Ultra Mobile PC". Die Rechner waren klein, handlich - und schweineteuer. Auf der Unterhaltungselektronikmesse CES Anfang des Jahres der jüngste Vorstoß des Softwarekonzerns: Microsoft-Chef Steve Ballmer präsentierte einen Tabletcomputer. Kommentatoren entlockte das allenfalls ein Gähnen. "So etwas hatten wir schon mal - und niemand hat die Dinger gekauft."

Nun soll Apple dem Marktsegment der berührungsempfindlichen Rechner den Durchbruch bescheren. Mit dem iPod ist das Jobs bei Musikspielern und mit dem iPhone bei Handys schon gelungen. Der Schlüssel zum Erfolg wird in Kooperationen liegen.

So soll Apple mit Buch- und Zeitungsverlagen verhandeln, deren Werke dann auf dem Gerät zu lesen sind. Wer sich an den Spekulationen beteiligen will: Die New York Times hat ein Quiz ins Netz gestellt, bei dem jeder nach Belieben raten darf, was die neuen Apple-Geräte können werden. "Um unsere Apple-Fans zu unterstützen", so steht da.

© SZ vom 27.01.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Superflache Computer
:Warum Tablets bislang scheiterten

Apples erwartetes Tablet ist keine neue Idee: Immer wieder versuchen Hersteller, mit flachen Minirechnern den Markt zu erobern - und setzen dabei Millionen in den Sand. In Bildern.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: