Angebliche IS-Hacker:Kriegsschauplatz Netz

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"Wir sind in euren Computern", sagen die Hacker, die sich als "Cyber-Kalifat" bezeichnen. Doch das ist nichts als Propaganda. Die Angriffe gegen Youtube- und Twitter-Konten des US-Militärs sind harmlos - selbst wenn sie im Namen des IS geführt werden. Doch Cyber-Terrorismus ist längst eine reale Bedrohung.

Von Helmut Martin-Jung

Wie viel Schrecken verbreitet eine Terrororganisation, von der niemand weiß, dass es sie gibt? Wenig. Wie viel Zulauf von frustrierten jungen Menschen wird sie erhalten? Keinen. Also gilt es im Zeitalter des Informationsüberflusses, Aufmerksamkeit zu erregen und moderne Kommunikationsmittel zu nutzen. Das selbsternannte Cyber-Kalifat hat beides erreicht, indem es Konten des US-Militärs beim Kurznachrichtendienst Twitter und bei der Video-Plattform Youtube gekapert hat. Wenn die Hacker-Gruppe, die sich auf die Terrormiliz Islamischer Staat beruft, aber nun behauptet "Der IS ist schon hier, wir sind in euren Computern, in jedem Militärstützpunkt", weil ein paar öffentlich zugängliche Dokumente online gestellt werden, dann ist das nichts als Propaganda.

Denn sie haben sich ja nicht etwa Zugang zu hochsicheren Militärnetzwerken verschafft, sondern die Zugangsdaten zu Allerwelts-Diensten geklaut oder erschlichen. Und die sind meist durch nichts geschützt außer durch eine Kombination aus Nutzername und Passwort. Wie leicht man so etwas knacken kann, das mussten in jüngerer Zeit auch schon prominente Hollywood-Schauspielerinnen erfahren, deren Nackt-Selfies ins Netz gestellt wurden.

Das war peinlich, und sehr peinlich ist die Sache auch für das US-Zentralkommando. Weil so etwas überhaupt geschehen konnte und weil es just an dem Tag geschah, an dem Präsident Barack Obama sich zur Datensicherheit äußerte. Auch das aber wird bald wieder vergessen sein - also Schwamm drüber?

Twitter und Youtube
:Islamisten knacken Pentagon-Konten

Und plötzlich twittert das US-Militär Dschihadisten-Propaganda und Telefonnummern von Top-Generälen: Unbekannte haben zwei Social-Media-Konten des amerikanischen Zentralkommandos übernommen und dabei auch Informationen über US-Militärs veröffentlicht.

Von Johannes Kuhn

Was da im Namen des IS betrieben wird, ist bislang nur Propaganda

So leicht geht es nicht, aus zwei Gründen. Erstens: Sowohl die Anbieter wie auch die Nutzer von Internetdiensten sollten sich dringend Gedanken darüber machen, wie man die Zugänge besser absichern kann, ohne ihre Nutzung damit allzu sehr zu erschweren. Für mehr Sicherheit wird aber definitiv etwas an Bequemlichkeit geopfert werden müssen.

Zweitens: Der Sabotageakt der IS-Sympathisanten ebenso wie die Attacke von Anhängern russischer Separatisten auf die Server der Bundesregierung in der vergangenen Woche dienten zwar Propagandazwecken. Doch was, wenn die Wasser- und die Energieversorgung angegriffen würden oder das globale Finanzsystem, bei dem Computer längst die Regie übernommen haben? Wenn also, um es deutlich zu sagen, Terrorgruppen Akte des Cyberkrieges verübten?

Dieser Kriegsschauplatz ist schließlich längst eröffnet, wie zum Beispiel die Sabotage-Attacke auf die iranische Urananreicherungsanlage in Natans zeigt. Die hochempfindlichen Zentrifugen spielten verrückt, weil ein höchst raffiniertes Computer-Virus ihre Steuercomputer manipuliert hatte. Das Schlimme daran ist nur: Die Waffen, die hier eingesetzt wurden, mutmaßlich von den USA und Israel, bestehen aus Computer-Codes. Codes, die man entschlüsseln, modifizieren und für die eigenen Zwecke einsetzen kann. Das gehört untrennbar zu diesem Krieg - Cyberwaffen können irgendwann zurückschlagen.

© SZ vom 14.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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